Von Agrarforschung und Laborfleisch
Der kompakte Medienrückblick: Neue Pestizide schaden Hummeln +++ Biobasierte Helfer für die Landwirtschaft +++ Fleisch aus der Petrischale +++ Reise zur Ernährung der Zukunft
Agrarchemie – Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide dezimieren nicht nur ungewollte Schadinsekten, sondern sind auch für Honigbienen lebensgefährlich. Deshalb sind diese Mittel inzwischen weitgehend verboten und verbannt. Landwirte müssen ihre Ernte trotzdem vor Insektenbefall schützen und verwenden deshalb mittlerweile das Insektengift Sulfoxaflor. Doch wie Joachim Budde im Deutschlandfunk in der Sendung „Forschung aktuell“ berichtet, ist auch dieses Insektengift äußerst schädlich - vor allem für Wildbienen und Hummeln. Ähnlich wie die Neonicotinoide bindet auch Sulfoxaflor an den Nikotinischen Acetylcholinrezeptor und kann so das Verhalten von Insekten beeinflussen - sie finden beispielsweise nicht mehr zu ihrem Stock zurück. Das Problem: Sowohl Hummeln als auch Wildbienen leben in deutlich kleineren Völkern, die Verluste an Arbeitern durch Insektizide nicht so leicht ausgleichen können. Vor allem für die Hummelvölker stellt dies eine große Bedrohung dar: Eine Sulfoxaflor-belastete Kolonie bringt weniger fortpflanzungsfähige Tiere hervor. Und im Gegensatz zu den Honigbienen überwintern bei den Hummeln nur die neuen Jungköniginnen, der Rest des Hummelvolks stirbt. Bringt eine Hummel-Kolonie weniger fortpflanzungsfähige Tiere hervor, setzt das deshalb die gesamte Art unter Druck.
Landwirtschaft – Herbizide und Pestizide sichern zwar die Ernte für die Landwirte, doch sie kommen selten ohne Nebenwirkungen aus. Das heißt, sie halten zwar unliebsame Pflanzen und Fressfeinde in Schach, doch dadurch stören sie gleichzeitig die Balance im Ökosystem und haben unter anderem zu dem enormen Insektenschwund der letzten Jahrzehnte beigetragen. Anja Garms berichtet in der Berliner Zeitung über neue, biobasierte Helfer für die Landwirtschaft, die aufgrund ihrer biologischen Herkunft umweltverträglicher sind und dennoch die Ernteerträge der Landwirte schützen. Münchner Forscher haben beispielsweise ein Insektizid entwickelt, das auf der Tabakpflanze beruht. Die Pflanzenforscher machten sich einen Stoff zunutze, den die Tabakpflanzen natürlicherweise in ihren Blättern produzieren, um Schädlinge abzuhalten. Die Wissenschaftler stellten den Stoff biotechnologisch her und konnten zeigen, dass das Mittel Blattläuse vertreibt. Mikroorganismen oder Insekten können auch direkt eingesetzt werden, so wie die Trichogramma-Schlupfwespen gegen die Maiszünsler. Doch noch führen viele der biobasierten Mittel ein Nischendasein, denn ihre Wirkung ist für die industrialisierte Landwirtschaft noch nicht effizient genug.
Lebensmitteltechnologie – Die herkömmliche Fleischproduktion mittels Rinder-, Schweine-, oder Hühnerzucht und dergleichen mit ihrem enormen Ressourcenverbrauch ist schon heute kaum noch tragbar und wird die steigende Weltbevölkerung in Zukunft nicht mehr versorgen können. Elisabeth Krafft berichtet im Focus Magazin über eine neue Art der Fleischproduktion – in der Petrischale. Biotechnologiefirmen in Israel, den USA, Japan und den Niederlanden arbeiten bereits an sogenanntem In-vitro-Fleisch, das im Labor aus Stammzellen gezüchtet wird. Als einer der ersten ließ der niederländische Molekularbiologe Mark Post im Jahr 2013 ein In-vitro-Burger-Patty verkosten. 2015 gründete er das Start-up Mosa Meat, das die Pattys mittlerweile in Bioreaktoren züchtet. In etwa zwei Jahren sollen die ersten Mosa Meat Produkte auf den Markt kommen. Auch in den USA gibt es ähnliche Ansätze, die unter anderem von Bill Gates finanziell unterstütz werden. Und auch die Unternehmen Wiesenhof und Rügenwalder Mühle haben den Trend erkannt und investieren in die Forschung rund um das Laborfleisch.
Ernährung – Wie kann die wachsende Weltbevölkerung ernährt werden? Ob mithilfe von Insekten, Mikroalgen oder Computersimulationen – Ansätze gibt es viele. Jan Grossarth reist auf der Suche nach neuen Ansätzen und Antworten zu fünf der bedeutendsten Landwirtschaftsuniversitäten Europas und berichtet in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in der Reportage-Serie „Race to Feed the World“ über deren Forschung. Seine Reise beginnt an der Universität Wageningen in den Niederlanden, die die globalen Rankings der Agraruniversitäten anführt. Anschließend berichtet Grossarth von seinen Besuchen der Universitäten Bonn, Witzenhausen, Göttingen, Hohenheim und Zürich, die alle unterschiedliche Ansätze verfolgen.