Pestizid bringt Hummeln zum Schweigen

Pestizid bringt Hummeln zum Schweigen

Deutsche und britische Forscher liefern den Beweis: Pestizide beeinträchtigen das Summen der Hummeln und damit ihr Bestäubungsverhalten.

Hummeln, die Pestiziden ausgesetzt sind, verändern ihr Bestäubungsverhalten, wie Forscher herausfanden. (im Bild: Dunkle Erdhummel beim Nektarsammeln)
Hummeln, die Pestiziden ausgesetzt sind, verändern ihr Bestäubungsverhalten, wie Forscher herausfanden. (im Bild: Dunkle Erdhummel beim Nektarsammeln)

Die Zahl ist ernüchternd: 75% der fliegenden Insekten sind in den vergangenen 27 Jahren verschwunden. Die Langzeitstudie eines internationalen Forscherteams lieferte kürzlich erstmals Fakten, die das Insektensterben klar belegen. Dass die Landwirtschaft durch den Einsatz von Pestiziden für den Artenrückgang mitverantwortlich ist, war bisher eher eine naheliegende Vermutung als ein Beweis. Diesen liefern nun Forscher der britischen University of Stirling und vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Im Rahmen ihrer Studie hatte das Team den Einfluss eines speziellen Pflanzenschutzmittels, den Neonicotinoiden, auf Hummelkolonien untersucht. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Scientific Reports“ veröffentlicht.

Pestizide beeinträchtigen Summen

„Wir haben die Wirkung des Pestizids Neonicotinoid auf Hummeln untersucht und herausgefunden, dass es die Vibrationen, und somit auch das Summen, negativ beeinflusst“, sagt Penelope Whitehorn. Die Biologin hatte die Studie an der University of Stirling einst geleitet. Mittlerweile forscht sie am Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) des KIT.

Um den Einfluss der Pestizide auf Hummelpopulationen zu messen, nahmen die Forscher das prägnante Summen der Insekten ins Visier. Der Grund: Beim Flug erzeugt der Flügelschlag Frequenzen, wodurch die Pollen aus der Blüte herausgeschüttelt werden. Bei dieser sogenannten Vibrationsbestäubung ertönt auch das charakteristische Summen. Das Geräusch ist daher nicht nur signifikant für die Bestäubung von Blüten, sondern auch für das Nektarsammeln, also der Suche nach Nahrung für die Hummeln selbst.

Lernverhalten blockiert

Um Veränderungen im Summen festzustellen, zeichneten die Forscher daher die Geräusche mit einem Mikrofon auf und analysierten im Anschluss das akustische Signal. Das Ergebnis: Bei Hummeln, die permanent durch das Pestizid belastet sind, verringerte sich die Vibration, was wiederum Einfluss auf die Menge der gesammelten Pollen und somit die Nahrung der Fluginsekten hatte. „Hummeln einer Kontrollgruppe, die dem Pestizid nicht ausgesetzt waren, lernten in ihrer Entwicklung nach und nach dazu, wie sie mehr Pollen sammeln und besser Blumen bestäuben können. Die Hummeln, die mit dem Pestizid in Berührung kamen, entwickelten stattdessen ihre Fähigkeiten nicht weiter. Sie sammelten am Ende des Experiments zwischen 47 und 56 Prozent weniger Pollen als die Kontrollgruppe“, berichtet Whitehorn.

Folgen für das Gedächnis der Hummeln befürchtet 

Die Forscher konnten damit beweisen, wie Pestizide das Bestäubungsverhalten und somit die Fähigkeiten ganzer Hummelpopulationen beeinträchtigen können. Doch die Folgen könnten noch gravierender sein. „Wir glauben, dass Pestizide sich auf das Gedächtnis und die kognitiven Fähigkeiten von Hummeln auswirken. Beides sind wichtige Voraussetzung für komplexe Verhaltensweisen“, sagt Mitautor Vallejo-Marin. Als nächstes will das Team daher den Mechanismus bestimmen, durch den das Pestizid die Hummeln prägt.

bb