Pestizid verwirrt Blattkäfer auf Partnersuche
Manche Pestizide sind für Blattkäfer zwar nicht tödlich, doch sie behindern die Insekten spürbar in ihrer Fortpflanzung. Das haben Bielefelder Forscher herausgefunden.
Umweltschützer warnen seit Langem vor den Folgen des Einsatzes von Pestiziden für die Artenvielfalt. Wie dramatisch die Situation ist, zeigte kürzlich der Agrarreport des Bundesamtes für Naturschutz. Auch ökologisch bewirtschaftete Äcker haben mitunter darunter zu leiden, weil die Chemikalien vom Wind weitergetragen wird. Wie Pestizide auf Insekten wirken, die zufällig damit in Kontakt kommen, war bisher weitestgehend unklar. Forscher der Universität Bielefeld liefern nun den wissenschaftlichen Beweis dafür, dass schon winzige Mengen des Pflanzenschutzmittels ausreichen, um Insekten langfristig zu schaden.
Fortpflanzung bei Insekten gefährdet
Die Forscher hatten dafür die Wirkung des am häufigsten eingesetzten Pestizids - einem Pyrethroid- an Meerrettichblattkäfern (Phaedon cochleariae Fabricius) untersucht. Wie das Team im Fachjournal „Environmental Pollution“ berichtet, produzierten diese Blattkäfer schon bei dem winzigsten Kontakt mit Pestiziden weniger Nachkommen. Der Grund: Die Blattkäfer erkennen mögliche Paarungspartner an ihren chemischen Reizen. Dabei handelt es sich um Kohlenwasserstoffgemische, die sich auf dem Panzer der Käfers befinden und einen markanten Erkennungsduft verbreiten. Dieses chemische Erkennungsmerkmal kann durch Pestizide beeinflusst werden und so die Kommunikation unter den Insekten stören.
Duftmarke als Erkennungsmerkmal verändert sich
„Wir konnten erstmals zeigen, dass sich diese chemische Signatur auf der Körperoberfläche durch den Kontakt mit dem Pestizid verändert. Die Folge ist, dass Käfer für die Fortpflanzung geeignete Paarungspartner möglicherweise nicht erkennen. Allein dadurch kann schon die Zahl der Nachkommen sinken“, erklärt Thorben Müller. Auch kann ein Pestizid-Kontakt der Eltern negative Auswirkungen auf die Nachfolgegeneration haben, selbst wenn diese nicht direkt mit dem Mittel in Berührung gekommen sind. Die Studie zeigte, dass die Nachkommen von Käfern, die pestizidbelastete Blätter gefressen hatten, sich langsamer entwickelten als ihre Artgenossen, die unbehandelte Blätter bekamen. Aber nicht nur das: „Weibliche Blattkäfer, deren Eltern mit der Chemikalie in Kontakt kamen, bilden unterschiedlich lange Antennen aus. Diese Missbildung kann die Wahl des Partners und des Eiablageplatzes beeinträchtigen“, erklärt Müller.
Studie auf Bienen übertragbar
Die Bielefelder Biologen sind überzeugt, dass sich die Ergebnisse ihrer Studie auch auf Bienen und Wespen übertragen lassen. Ein zufälliger Kontakt mit Pestiziden könnte auch ihre Partnerwahl beeinflussen und so zu einem Rückgang der Nachkommen führen, wie Caroline Müller, Leiterin des Lehrstuhls Chemische Ökologie an der Universität Bielefeld erklärt. Ihre Empfehlung daher: „Pflanzenschutzmittel sollten erst dann zugelassen werden, wenn feststeht, dass sie der Entwicklung und Fortpflanzung von Nicht-Zielorganismen langfristig nicht schaden.“
bb