Energie

Energie

Ob als Brennholz, Kraftstoff oder in Form von Biogas: Aus Biomasse lässt sich eine große Vielfalt an Energieträgern gewinnen. Bioenergie ist als regenerative Energie eine wichtige Säule im Energiemix der Zukunft. Um die Konkurrenz mit der Lebensmittelproduktion zu vermeiden, rückt die effiziente Nutzung von Pflanzenreststoffen in den Fokus. Das Potential von nachhaltig angebauten Energiepflanzen erschließen und innovative Prozesstechnologien vorantreiben – das sind wichtige Schritte im Bioenergie-Sektor.

DATEN UND FAKTEN

Unternehmen:
1.007 (2017)

Mitarbeiter:
224.000 (2017)

Umsatz:
463 Mrd. Euro (2017)

(Quelle: Statistisches Bundesamt)

Beispiele aus der Bioökonomie:
Holzpelletheizungen, Biogas, Biodiesel, Bioethanol, synthetischer Biokraftstoff

Branche: Energie

Unter den erneuerbaren Energieträgern gilt Biomasse – also Pflanzen sowie pflanzliche und tierische Reststoffe und Abfälle – als Alleskönner. Denn sie lässt sich zur Erzeugung von Wärme, Strom und Kraftstoffen einsetzen. Typisch für feste Bioenergieträger sind Holzbrennstoffe wie beispielsweise Holzhackschnitzel oder Holzpellets. Zu den flüssigen Bioenergieträgern zählen Biokraftstoffe wie Pflanzenöl, Biodiesel oder Bioethanol. Biogas und Biomethan machen die gasförmigen Energieträger aus. Neben der großen Vielfalt und Flexibilität gilt als weiteres Plus: Biomasse ist speicherbar und Bioenergieanlagen sind flexibel regelbar. So bergen sie das Potential, bei der Stromerzeugung die schwankende Verfügbarkeit anderer regenerativer Energiequellen wie Windkraft und Solarenergie auszugleichen.

2016 hielten die Erneuerbaren Energien 31,7% am gesamten Stromverbrauch, 13% am gesamten Endenergieverbrauch für Wärme und erreichten 5,2% im Verkehrsbereich (BMWi 2017). Bioenergie ist aktuell insbesondere dort im Einsatz, wo es um Wärmegewinnung geht. 36,7% der Bioenergie, die in Deutschland genutzt wird, fallen als Wärme an. Für die Wärmeerzeugung ist Biomasse mit rund 88% die mit Abstand bedeutendste regenerative Energiequelle. Im Strombereich ist Biomasse mit 8% der Bruttostromerzeugung hinter der Windkraft die zweitwichtigste erneuerbare Energiequelle.

 

  

Politische Unterstützung: Aufschwung für die Bioenergie

Mit der Energiewende will die Bundesregierung den Anteil der erneuerbaren Energien deutlich steigern. Dazu soll der Strom bis 2035 zu 55 bis 60% und bis 2050 zu 80% aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Neben Wind, Wasser und Sonne formt auf diesem Weg auch die Bioenergie einen wichtigen Baustein im Energiemix. Energie aus nachwachsenden Rohstoffen hilft beim Klimaschutz: Verbrennt man Biomasse, dann wird genauso viel Kohlendioxid freigesetzt wie eine nachhaltig produzierte Pflanze während ihres Wachstums aufgenommen hat. Nachwachsende Biomasse absorbiert wiederum die freigesetzte Menge CO2, der Stoffkreislauf schließt sich. Ökonomisch gesehen trägt Bioenergie zur regionalen Wertschöpfung bei und schafft Arbeitsplätze in ländlichen Räumen. Das zeigt sich zum Beispiel in den immer zahlreicherer Bioenergiedörfern und -regionen, die bundesweit entstanden sind.

Insbesondere das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen regelt, hat der deutschen Bioenergie-Branche in den vergangenen 16 Jahren ein starkes Wachstum beschert. Im Zuge dieses Booms sind aber auch problematische Seiten deutlich geworden. So besteht grundsätzlich die Gefahr, dass die energetische Nutzung von Biomasse mit der Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln oder um Flächen, die aus naturschutzfachlicher Sicht interessant sind, konkurriert. Der enorm gestiegene und mancherorts zu einseitige Anbau von wenigen Energiepflanzen-Arten kann sich bei einer weiteren Steigerung nachteilig auf Ökosysteme auswirken. Ein wichtiges Ziel ist, die Nutzungskonkurrenz zwischen „Tank und Teller/Trog“ zu entschärfen. Zum Beispiel durch eine neue Generation von Biotreibstoffen, die aus organischen Rest- und Abfallstoffen und nicht mehr aus den Pflanzenfrüchten gewonnen werden. In Europa und Deutschland werden die Nutzungspfade von Bioenergie derzeit neu bewertet und die Rahmenbedingungen angepasst. 2014 wurde das EEG zum vierten Mal novelliert und Ausbaupfade für die einzelnen Energieträger bestimmt.

Pilotanlage KIT
Pilotanlage zur Umwandlung von pflanzlichen Reststoffen zu Synthesekraftstoff

Formuliertes Ziel der Bundesregierung ist es, sich bei der energetischen Nutzung von Biomasse künftig überwiegend auf Abfall- und Reststoffe zu konzentrieren. Weiterhin soll Biomasse zukünftig vor allem für die flexible Stromversorgung eingesetzt werden, wenn aufgrund der Wetterbedingungen Sonnen- oder Windenergie ausfallen. Im Stromsektor wird eine Steigerung der installierten Leistungen um bis zu 100 Megawatt (MW) pro Jahr avisiert. Die hohe Vergütung für Rohstoffe aus der Landwirtschaft fällt nach der Novellierung des EEG weg. Stattdessen werden vor allem Rest- und Abfallstoffe gefördert. Gefragt sind auch weiterhin Konzepte und Technologien, die eine innovative Nutzung von nachhaltiger Bioenergie ermöglichen. 2015 wurden insgesamt 14,5 Milliarden Euro in Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien investiert; 2014 lag dieser Wert noch bei 18,9 Milliarden Euro. Zurückgegangen sind die Investitionen laut BMWi vor allem bei der Windenergie, Photovoltaik und Biomasse.

Holz: Bedeutender Wärmelieferant

Der Rohstoff Holz hat eine große Bedeutung als Brennstoff. Rund 60 Mio. Tonnen Holz werden in Deutschland pro Jahr verfeuert, vorwiegend als Scheitholz in Öfen und Kesseln der privaten Haushalte. Mit finanzieller Unterstützung aus dem Marktanreizprogramm wächst die Zahl der automatisch beschickten, emissionsarmen Pellet- und Hackschnitzelheizungen. Dafür werden in Deutschland jährlich ca. 2,3 Mio. Tonnen Pellets und 6 Mio. Tonnen Holzhackschnitzel als regional verfügbare Biobrennstoffe nachhaltig erzeugt. Auf Basis von Biomasse werden etwa 90% der erneuerbaren Wärme  erzeugt; davon stammen über 70% aus Holz. Angesichts steigender Preise für fossile Energieträger bietet sich unerschlossenes Potential von Wald- und Restholz für die Wärmeerzeugung an. Holz dient traditionell vor allem als Wärmelieferant. Ein- und Mehrfamilienhäuser lassen sich heute sauber und effizient mit Holzpellet-Heizungen beheizen. Die moderne und vollautomatische Technologie der Pelletheizungen ermöglicht es, den Ausstoß von Luftschadstoffen wie Feinstaub und Kohlenmonoxid deutlich zu reduzieren. In größeren Holzheizkraftwerken, die oft überwiegend Altholz sowie Waldrestholz nutzen, werden durch Kraft-Wärme-Kopplung gleichzeitig Strom und Wärme für Siedlungen und Stadtteile erzeugt. Nachdem die Technologie der Holzvergaser-BHKW-Anlagen in den vergangenen Jahren die Markt- und Serienreife erreicht hat, kann nun auch in kleineren Anlagen aus Holzhackschnitzeln und Pellets Wärme und Strom erzeugt werden. Neben Altholzmärkten und dem Wald als Energieholzlieferanten rücken auch sogenannte Kurzumtriebsplantagen ins Blickfeld: Auf Äckern werden schnellwachsende Gehölze wie Pappeln angebaut. Einmal angepflanzt, lässt sich alle vier Jahre Holz ernten, danach treiben die Pflanzen wieder neu aus. Ein solcher Agrarholzanbau gleicht einer Dauerkultur wie etwa beim Weinanbau und kann auch in punkto Klimaschutz und ökologischer Verträglichkeit gegenüber anderen Energiepflanzen punkten. Das BMEL fördert diesen Bereich mit vielfältigen Forschungs- und Entwicklungsprojekten.

Biogas: Energie aus heimischer Gärung

In Biogasanlagen werden Energiepflanzen, tierische Exkremente wie Gülle und andere Reststoffe in Biogas verwandelt. In luftdicht abgeschlossenen Behältern, den Fermentern, vergären Mikroorganismen die Biomasse hierbei zu einem Gasgemisch, das hauptsächlich aus Methan und Kohlendioxid besteht. Vor Ort wird das Biogas in sogenannten Blockheizkraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung verbrannt. Nach dem Vergären bleibt organisches Material übrig, das als Dünger auf den Acker ausgebracht werden kann. So schließen sich regionale Stoffkreisläufe. An einigen Anlagen wird Biogas auch zu Biomethan aufbereitet. Hierzu wird der Methangehalt und die Qualität des Biogases soweit gesteigert, dass es ins Erdgasnetz eingespeist werden kann.

Angetrieben durch Vergütungsanreize im Rahmen des EEG ist die Biogas-Branche in den vergangenen zehn Jahren rasant gewachsen. Immer mehr Landwirte wurden zusätzlich „Energiewirte“. 2014 gab es hierzulande nach Zahlen des Fachverbands Biogas rund 8.726 Anlagen, mit einer installierten elektrischen Leistung von 3.905 Megawatt.   (Quelle: Fachverband Biogas). Mit Abstand die meisten Biogasanlagen stehen in Bayern und Niedersachsen. Der Branchenverband zählt 45.000 Beschäftigte, die im Anlagenbau, Betrieb und Wartung sowie im Energiepflanzenbau tätig sind, der Umsatz belief sich 2014 auf rund 9,1 Mrd. Euro (Quelle: Fachverband Biogas). Deutschland gilt in der Biogastechnologie weltweit als führend. Bei der Verfahrens- und Prozesstechnik gibt es noch viel Potential für Verbesserungen, besonders wenn es um die Verzahnung der einzelnen Schritte geht. So sind die Hauptakteure bei der Vergärung im Fermenter – die Bakterien und mikrobiellen Lebensgemeinschaften – noch wenig charakterisiert. Das BMBF fördert mehrere Verbundprojekte in der Förderinitiative „Bioenergie – Prozessorientierte Forschung und Innovation (BioProFi)“, die dieser Frage auf den Grund gehen. Die Entwicklung von Sensoren zur Vermessung des Gärprozesses sowie Katalysatoren für die Reinigung von Biogas sind weitere Aspekte, an denen Biogasforscher in Deutschland tüfteln.

Biogasanlage
In Biogasanlagen vergären Mikroben Energiepflanzen und Gülle zu Biogas.

Auch das BMEL hat bereits seit Jahren einen Schwerpunkt seiner Fördertätigkeit darauf gelegt, die Effizienz des Biogasprozesses zu steigern. Der Biogas-Boom hat allerdings auch das Bild der Landwirtschaft in einigen Regionen spürbar verändert. So wurde der Anbau von Mais als ertragreichste unter den Energiepflanzen massiv ausgeweitet. Das schränkt nicht nur die biologische Vielfalt auf den Äckern ein, sondern belastete mancherorts aufgrund einseitiger Bewirtschaftung auch Böden und Umwelt. Nachhaltige Anbaukonzepte für Energiepflanzen sind daher ein Kernziel der Forschungsförderung. Das BMEL fördert zahlreiche Projekte, um die Artenvielfalt auf dem Energiepflanzen-Acker zu erweitern und die Anbauverfahren zu optimieren. Infrage kommen Fruchtfolgen im jährlichen Wechsel oder Mischfruchtanbau. Für mehrere Regionen Deutschlands wurden besonders für bestimmte Standorte angepasste Energiepflanzen untersucht und ermittelt, wie die Sorghum-Hirse, die Sonnenblume, die Durchwachsene Silphie und weitere Wildpflanzen, die als Energiepflanzen genutzt werden können.

Biotreibstoff: Sprit aus Stroh

Biokraftstoffe machen mobil, denn sie können für den Antrieb von Verbrennungsmotoren in Autos, LKW, Schiffen oder Flugzeugen eingesetzt werden. Biokraftstoffe sind die zur Zeit wichtigste erneuerbare Alternative für energieeffiziente Verkehrsstrukturen der Zukunft. Im Jahr 2014 deckte Biodiesel – der wichtigste Biokraftstoff in Deutschland – 6 % des deutschen Dieselmarkts ab. Biodiesel wird in Deutschland in über 30 Produktionsstandorten insbesondere aus Rapsöl gewonnen. Der Anteil von Biokraftstoffen (Pflanzenöl, Biodiesel, Bioethanol) am gesamten Kraftstoffmarkt sank im gleichen Jahr auf 4,9 % (Biokraftstoffverband 2014).

Biomethan kann uneingeschränkt als Kraftstoff in Erdgasautos eingesetzt werden. Bei der chemischen Umwandlung fällt das Produkt Glycerin als Nebenprodukt für die Industrie an. Ein biobasierter Ottokraftstoff, der Superbenzin zugemischt wird, lässt sich mit Bioethanol herstellen. Im Jahr 2014 hat der Branchenverband Bioethanol hierzulande einen Produktionsanstieg von über 8 % gemeldet, knapp 727.000 Tonnen Ethanol wurden zumeist aus Zuckerrüben oder Getreide gewonnen (Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft e.V.).

Auf dem Weg zu einer neuen Generation von Biokraftstoffen zielen die Hersteller künftig stärker als bisher auf die vollständige Nutzung von Biomasse ab. Idealerweise steht die eingesetzte Biomasse nicht mit der Nahrungsmittelproduktion in Konkurrenz. Es werden also möglichst keine Früchte genutzt, sondern vielmehr Stroh oder Holzhackschnitzel. In sogenannten Bioraffinerien können die nachwachsenden Rohstoffe, meist mithilfe biotechnischer Prozesse, in Wertstoffe verwandelt werden. In diesen Hightech-Multifunktionsanlagen wird die stoffliche und energetische Nutzung von Biomasse möglichst eng miteinander gekoppelt. Um die Weichen für die Bioraffinerie-Forschung und Entwicklung zu stellen, hat das BMEL gemeinsam mit dem BMBF das Potential unterschiedlicher Konzepte durch Fachleute prüfen lassen. Die „Roadmap Bioraffinerien“ wurde 2012 vorgelegt.

Algen: Sprit aus grünen Ölquellen

Für die Biotreibstoff-Gewinnung rücken zunehmend Mikroalgen und Cyanobakterien in den Blickpunkt. Der Vorteil dieser Mikroorganismen: Sie betreiben Photosynthese und können somit direkt die Energie des Sonnenlichts für die Herstellung von energiereichen Zuckermolekülen aus Kohlendioxid nutzen. Je nach Art und Kultivierung speichern die Organismen unterschiedlich hohe Konzentrationen an Lipiden, Kohlenhydraten und Proteinen. Bis diese im Sinne des Bioraffineriekonzepts im industriellen Maßstab genutzt werden können, sind jedoch wichtige technische Fragen zu klären, etwa wie die Aufreinigung der produzierten Wertstoffe verbessert werden kann.

Eine globale Gesellschaft und funktionierende Weltwirtschaft ist ohne Mobilität nicht denkbar. Gerade für die Luftfahrt können Biokraftstoffe eine klimafreundliche Alternative zum erdölbasierten Kerosin bieten. Eine grüne Quelle für den Flugzeug-Sprit: einzellige Algen. Sie nutzen Sonnenlicht direkt als Energiequelle, vermehren sich schnell und lassen sich außerhalb landwirtschaftlicher Nutzflächen züchten. Einige Spezies enthalten hohe Anteile an fetten Ölen – diese sind für die Produktion von biobasiertem Sprit besonders interessant. Testflüge mit algenbasiertem Kerosin gab es schon, doch die Algenkultivierung und die Biotreibstoffherstellung müssen noch deutlich effizienter werden.