Weizen ist eines der wichtigsten Nahrungsmittel weltweit. Der größte Teil des Weizens wird bei uns jedoch für Viehfutter angebaut. Getreide reagiert empfindlich auf Umwelteinflüsse: Besonders Winterweizen ist für Nässe und Pilzkrankheiten wie Fusariosen anfällig. Eine der gefährlichsten Getreidekrankheiten verursacht der Schimmelpilz Fusarium graminearum. Der Schädling greift die Pflanze über die Wurzel an, befällt auch die Ähren und lässt Körner schrumpfen. Außerdem produziert der Erreger Mykotoxine, die für Mensch und Tier schädlich sind. Ährenfusariosen jedoch lassen sich nur schwer bekämpfen, weil sich Symptome erst nach der Blüte zeigen – für Gegenmaßnahmen ist es dann zu spät. Um das Risiko eines Fusariumbefalls zu minimieren, werden daher dringend resistente Sorten benötigt.
Mit genomischen Verfahren Fusarienresistenzen aufspüren
Im Projekt „FusResist“ hat ein Forscherkonsortium aus Deutschland und Kanada unter der Leitung der Universität Hohenheim drei Jahre lang sowohl pilzresistente Weizensorten als auch verschiedene Fusariumpopulationen molekularbiologisch charakterisiert und getestet. „Wir haben versucht, moderne genomische Verfahren zu nutzen, um besser und schneller diese Krankheitsresistenzen selektieren zu können“, sagt Agrarbiologe und Projektkoordinator Thomas Miedaner. Die Arbeit der deutschen Verbundpartner wurde vom Bundesforschungsministerium im Rahmen der Förderinitiative „Bioökonomie International“ von 2016 bis 2019 mit 1,3 Millionen Euro gefördert. Ziel war die Züchtung neuer Brotweizensorten, die gegen Fusarieninfektionen resistent sind, zu beschleunigen und den Züchtern ein entsprechendes Werkzeug dafür in die Hand zu geben.
Fusarienbefall fördert Mykotoxingehalt im Weizen
Ährenfusarien treten in Deutschland zwar nicht so häufig auf. In Kanada und den USA hingegen ist die Krankheit weit verbreitet. „Das Hauptproblem bei diesem Pilz sind aber die Mykotoxine. Die Mykotoxingehalte in der Ernte müssen möglichst niedrig sein, um sie als Futter- und Lebensmittel nutzen zu können. Da gibt es in der EU, Kanada und den USA sehr strenge Grenzwerte“, erklärt Miedaner. Da der Grad des Fusariumbefalls den Toxingehalt beeinflusst, liegt auch hier die Lösung in der Züchtung resistenter Sorten. Gerade die Wahl der Weizensorte ist Miedaner zufolge entscheidend, um hohe Mykotoxingehalte zu vermeiden. „Je weniger Befall, umso weniger Toxine sind generell drin“.
Die Anforderungen an die Züchtung sind hoch. Denn Pflanzen sollen nicht nur resistent gegen Krankheitserreger sein, sondern müssen auch genügend Ertrag liefern. Züchtung mittels herkömmlicher Kreuzung und Selektion ist bekanntermaßen aufwendig. Bis dann eine neue Sorte auf dem Feld angebaut wird, kann es leicht bis zu zwölf Jahre dauern. Die genomische Selektion mit DNS-Markern hat das Potenzial diesen Prozess zu beschleunigen und ist zu einem begehrten Werkzeug der Pflanzenzüchter geworden. Der Vorteil: Im gesamten Genom können Abschnitte identifiziert und selektiert werden, die mit wichtigen Eigenschaften wie Resistenz oder Wuchshöhe in Verbindung stehen und gezielt in neue Sorten eingebracht werden können. Bei der Züchtung fusarienresistenter Sorten war das so bisher nicht möglich. „Das Problem ist, dass wir bei dieser Krankheit eine sehr komplexe Vererbung haben, bei der sehr viele Gene mit nur kleinen Effekten eine Rolle spielen. Da funktionierte die herkömmliche markergestützte Selektion bisher nicht.“
Fusarium-Isolate in Petrischalen
Neues Kurzstrohgen drosselt Fusarienanfälligkeit
Aufgabe des Hohenheimer Teams war es, zu erkunden, ob mittels genomischer Selektion Fortschritte in der Resistenz gegen diese Pilzkrankheit erzielt werden können. Bei der Suche nach den für die Fusarienresistenz maßgeblichen Genomabschnitten des Weizens nahm Miedaner mit seiner Arbeitsgruppe auch sogenannte Kurzstrohgene ins Visier, die in vielen Winterweizensorten enthalten sind. Dabei handelt es sich um einzelne Gene, die wie der Name sagt, die Pflanzen kürzer machen, aber auch dichtere Ähren bewirken und den Ertrag steigern. „Lange Sorten sind in der Regel zwar resistenter. Aber sie sind in der intensiven Landwirtschaft nicht beliebt, weil sie schnell umfallen und häufig weniger Ertrag liefern. Deshalb möchte man eher kurze Sorten“, erläutert der Forscher.
Doch kurzhalmige Pflanzen sind für bodenbürtige Krankheiten wie Ährenfusariosen anfälliger, da die Ähren näher am Boden und damit am Pilz sind. Außerdem bewirken die bisher verwendeten Kurzstrohgene auch direkt eine höhere Anfälligkeit. Mit dem neuen Kurzstrohgen Rht24 bekamen die Forscher einen vielversprechenden Kandidaten in die Hand. „Es hat sich herausgestellt, dass es die Pflanze auch kürzer macht, aber die Fusarienanfälligkeit nicht erhöht.“
Marker spüren resistenzrelevante Genombereiche auf
Die genomische Selektion erlaubte es den Forschern mit Tausenden von Markern das gesamte Erbgut auf einmal zu untersuchen. So konnte das Team in einer Population von rund 1.120 Weizensorten jeweils Genombereiche aufspüren, die Einfluss auf die Resistenz gegen Ährenfusariosen haben. In einem zweiten Schritt wurden unbekannte 2.500 Genotypen nach denselben Kriterien genombasiert im Labor untersucht und die Besten selektiert. Mit diesen gingen die Forscher anschließend ins Feld, um zu testen, ob die Auslese mit der genomischen Selektion die erhofften Resultate auch in der Praxis zeigt. Die Genotypen wurden jeweils an vier verschiedenen Orten, in Hohenheim, auf der Schwäbischen Alb und an zwei Orten in Norddeutschland angebaut.
Bessere Fusarienresistenz bei selektierten Genotypen
Im Ergebnis zeigten die genombasiert selektierten Genotypen auf dem Feld eine durchschnittlich 10% bessere Fusarienresistenz. Dabei waren rund ein Dutzend neue Weizenlinien mit sehr guten Resistenzen, die den Züchtern in die Hand gegeben werden können. „Was wir dem Züchter jetzt anbieten sind einerseits die besten Genotypen und zum anderen auch das Knowhow für die Genomanalysen. Anhand der Methode kann er im Labor bereits die Besten auswählen und damit ins Feld gehen. Das macht die Züchtung deutlich effizienter und beschleunigt sie“, resümiert der Projektkoordinator. Der Fusarienbefall konnte dadurch deutlich reduziert werden. „Die Allerbesten lagen bei 5% Befall und die Schlechteren bei 25% Befall. Bei den nicht selektierten Sorten hatten wir hingegen einen Befall von 65%“, sagt Miedaner.
Gleichzeitig untersuchten die Hohenheimer Forscher im Genom des Schimmelpilzes Genomregionen, die für die Aggressivität des Pilzes im Weizen verantwortlich sind. Dabei fanden sich mehrere Kandidatengene, die unser Verständnis von der Wirt-Pathogen-Wechselwirkung erweitern.
Werkzeug für schnelle Züchtung
Am Projekt FusResist waren neben der Universität Hohenheim das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben, das Institut für Resistenzforschung und Stresstoleranz des Julius-Kühn-Instituts in Quedlinburg sowie die KWS Lochow GmbH in Bergen und die German Seed Alliance GmbH in Holtsee als Industriepartner beteiligt. Im Rahmen des Vorhabens haben IPK-Forscher im Weizen ein halbes Dutzend Gene identifiziert, die mit der Resistenz in Verbindung stehen könnten. Die Quedlinburger Forscher versuchten entsprechende Resistenzen in der alten Weizensorte Einkorn zu lokalisieren. Die Züchter stellten nicht nur die verschiedenen Weizensorten zur Verfügung, sondern waren auch intensiv an den Feldtests beteiligt. Die kanadischen Partner untersuchten parallel heimische Weizensorten mittels genomischer Selektion auf Resistenzen. Die Erfahrungen wurden Miedaner zufolge in Workshops mit den deutschen Forschern ausgetauscht. „Insgesamt konnten wir mit dem Projekt zeigen, dass die genombasierte Selektion auch bei der Resistenz gegen Ährenfusariosen funktioniert und wir damit schneller Material erstellen können, das wesentlich besser ist“, resümiert Miedaner.
Autorin: Beatrix Boldt