Bioökonomie erleben: Zu Besuch bei der Algenforscherin
Wie aus Algen nachhaltige Innovationen entstehen: In unserm neuen Format „Bioökonomie erleben“ geht Reporterin Margarita diesmal an der Hochschule Kaiserslautern auf Entdeckungsreise: Im Green Blue Project wird unter der Leitung von Eve Menger-Krug aus Mikroalgen ein Bioklebstoff entwickelt, der den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln effizienter gestalten wird. Im Rahmen des Projekts werden Algen in Photobioreaktoren unter kontrollierten Bedingungen gezüchtet, um ihre wertvollen Inhaltsstoffe nutzbar zu machen.
Diese werden nicht nur in der Pflanzenproduktion, sondern auch in innovativen Recyclingverfahren eingesetzt, beispielsweise zur Wiederverwertung von Reststoffen aus dem Weinbau. Auf dem Weingut Menger-Krug in Deidesheim wachsen Algen und Nutzpflanzen in einem hydroponischen System zusammen und bilden so ein geschlossenes Kreislaufsystem. Das Projekt verbindet auf eindrucksvolle Weise Landwirtschaft, Wissenschaft und Technologie, um Lösungen für zentrale Herausforderungen der Zukunft zu finden. Algen bieten nicht nur neue Wege für den Pflanzenschutz, sondern auch zur Ressourcenschonung und Klimaneutralität. Hier wird eine zukunftsweisende Vision für eine nachhaltigere Landwirtschaft erlebbar.
Video Transkript
Herzlich willkommen bei Bioökonomie erleben.
Ich bin Margarita und wir sind heute zu Besuch beim Green Glue Projekt, wo aus Pflanzen und Mikroalgen ein Bioklebstoff hergestellt wird. Wie das funktioniert, das erklärt uns jetzt Dr. Eve Menger-Krug. Hallo Eve. Was hast du denn da mitgebracht?
Hallo, Margarita. Das sind unsere Grünalgen. Und wir erforschen in unserem Projekt, wie sich aus diesen Grünalgen ein spezieller Klebstoff herstellen lässt, mit dem man Pflanzenschutzmittel besser an den Blättern haften lässt und damit am Schluss Agrarchemikalien einsparen kann. Aber diese Mikroalgen können noch viel mehr. Möchtest du mit ins Labor komme ich zeig’s dir.
Auf jeden Fall sehr gerne.
Algen sind eine vielfältige Gruppe von photosynthetischen Organismen, die von mikroskopisch kleinen Einzellern bis zu großen Makroalgen wie Seetang reichen. Es gibt sie überall dort, wo Licht und Feuchtigkeit vorhanden sind.
Das hier ist ein sogenannter Photobioreaktor.
Im Labor der Hochschule Kaiserslautern am Standort Pirmasens, wachsen Mikroalgen unter kontrollierten Bedingungen. Die Biologin Tanja Lakatos züchtet verschiedene Algenarten im Photobioreaktor. Für Eve trennt sie die Kulturen auf und analysiert sie.
Wow, das sieht wirklich aus wie grünes Wasser. Was ist denn da genau drin?
Das ist jetzt die erste Reinkultur an Grünalgen. Da ist jetzt Scenedesmus drin und die können wir uns gerne mal unter Mikroskop anschauen.
Sehr gerne. Hier lang?
Ja.
Scenedesmus ist die Gattung von Grünalgen, die Eve züchtet und für ihren Bioklebstoff benutzt. Aber das ist nicht das erste Mal, dass man von dieser Gattung hört. Sie wird unter anderem schon längst für die Abwasseraufbereitung als Biokraftstoff und als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt. In der Anwendung hat die Alge also schon eine große Karriere gemacht.
Was sehe ich denn hier genau? Hier sind zwei unterschiedliche.
Genau das hier ist eine Reinkultur.
Aber hier sieht man jetzt zwei verschiedene Entwicklungsstadien, von dem Scenedesmus und durch die Inhaltsstoffe dieser Mikroalgen können wir dafür sorgen, dass Pflanzenschutzmittel besser an den Blättern gehalten werden.
Um aus diesen Algen den Bioklebstoff für Pflanzen herzustellen. Sind aber noch weitere Schritte nötig.
Was passiert hier?
Jetzt werden sie in einer Membrananlage abgeerntet. Die kann diese kleinen Organismen, die du gerade im Mikroskop gesehen hast, um das Tausendfache anreichern, sodass wir ein Konzentrat erhalten.
Eine Membrananlage?
Die Algen haben ja sehr viele positive Eigenschaften und tolle Inhaltsstoffe. Aber ein großes Problem ist, sie lassen sich wirklich nur ungern vom Wasser trennen. Aber das passiert eben hier in dieser Filtrationsanlage.
Na dann mal los.
Die Membran wird schon grün man kann das schon sehen. Und da kommt komplett klares Wasser raus. Das ist beeindruckend.
Und wie lange würde das dauern, bis die ganzen Algen jetzt da durch filtriert worden sind?
Na ja, das ist ja noch nicht so viel, aber es dauert trotzdem ein paar Stunden. Diese Anlage ist natürlich eher für den Labormaßstab gedacht. Die Ernte ist wirklich ausschlaggebend um am Schluss ein Produkt zu haben, was nicht nur ökologisch nachhaltig ist, sondern auch wirtschaftlich attraktiv.
So vereinzelt gibt es diese Algen in der Natur normalerweise nicht. Wenn wir in ein Regentonne oder in einen Tümpel reingucken, können wir davon ausgehen, dass da mehrere Arten von Algen drin leben. Deswegen bin ich neugierig, wie Eves Außenanlage aussieht. Das Interessante daran sie befindet sich auf einem Weingut in Deidesheim. Auf dem Weingut Menger-Krug, das schon seit vielen Generationen ihrer Familie gehört.
Ja, Hier siehst du jetzt unsere Algen-Kultivierungsanlage.
Das ist mal ein ganz anderer Maßstab als der, den wir im Labor gesehen haben.
Ja, auf jeden Fall. Wenn man in die Praxis gehen will, braucht man ja auch ein bisschen Menge an Algen. Und hier kommen ja jetzt auch die Pflanzen und die Algen zusammen.
Wie funktioniert das genau?
Genau hier wachsen Algen und Pflanzen zusammen auf einer Fläche. Hol dir doch mal eine raus, dann kannst du sehen, wie es funktioniert.
Kann ich da einfach reingreifen?
Einfach rausziehen. Ja. Ja. Schau, da siehst du? Das Wurzelsystem der Pflanze befindet sich in dem wässrigen Medium. Wächst mit den Algen zusammen in derselben Kultivierungsfläche.
Also, bei meinen Pflanzen ist es ja ein bisschen anders. Wenn die in zu viel Wasser stehen, dann vergammeln die direkt. Wie holen sich denn die Pflanzen hier die Nährstoffe ohne Boden?
Ja, das ist das tolle an diesem System, weil die Algen produzieren durch die Photosynthese Sauerstoff und die Wurzeln Die sind eigentlich so wie du und ich. Die atmen Sauerstoff ein und CO2 aus. Das heißt, sie können direkt das von den Algen gebildete O2 aufnehmen und geben den Algen wiederum Kohlenstoffdioxid, was für die Algen kein Schadstoff, sondern ein Nährstoff ist. Und so leben sie hier ganz glücklich zusammen in dem in dem Bottich und wachsen fröhlich vor sich hin.
Denn Sauerstoff bekommen sie von den Algen. Aber was ist mit Nährstoffen?
Zum Glück sind unsere Mikroalgen wahre Recyclingmeister. Sie können die Nährstoffe aus organischen Reststoffen, die bei uns im Weinberg anfallen, pflanzenverfügbar machen und ernähren dabei nicht nur sich selber, sondern eben auch noch die Hydroponik Pflanzen im gleichen Zug. Komm mit in den Weinberg, da zeige ich’s dir. sehr gerne.
Algen können also nicht nur Biomasse aufbauen, sondern auch Reststoffe aus dem Weinbau verwerten, wie zum Beispiel Kerne, Trauben, Häute, Stängel usw. Wie passend, dass Eve das Wein-Anbaugebiet direkt vor der Tür hat.
Wir haben einen echten Cradle to Cradle Ansatz mit unseren Algensystemen. Das heißt, wir benutzen die Reststoffe, die hier im Weinberg anfallen. Wir benutzen den Trester. Wir benutzen die Hefe aus der Weinbereitung, um damit wieder neue Algenbiomasse herzustellen. Und mit dieser Algenbiomasse machen wir dann unseren Superkleber. Der Superkleber.
Darüber will ich jetzt aber wirklich mehr wissen. Wozu brauchen wir den? Für was benutzen wir den?
Pflanzenschutz ist ein wichtiges Thema in allen landwirtschaftlichen Branchen. Hier sieht man ein Blatt, das behandelt wurde mit Kupfersalzen und Schwefel, wie es im Bioanbau üblich ist. Und hier möchten wir mit unseren Algen und unserem Haftungsmittel beitragen, dass diese Wirkstoffe deutlich besser auf den Blättern halten. Das funktioniert so, dass die Pflanzenschutzmittel mit den Algen vermischt werden und dadurch deutlich besser an den Blättern kleben. Wenn es zum Beispiel regnet, wie jetzt demnächst und ein schwieriges Weinbaujahr ist, können wir so trotzdem die Pflanzen Gesundheit hochhalten.
Und ist der Biokleber aus Algen jetzt auch schon im Einsatz?
Bis jetzt nur im Labor Einsatz, aber da haben wir tolle Ergebnisse vorzuweisen. Und Pflanzenschutz wird eines der wichtigsten Themen der nächsten Jahrzehnte werden, weil auch durch den Klimawandel der Druck der Schaderreger immer stärker wird. Und wir hoffen, dass wir mit unserem Mikroalgen-additiv einen Beitrag leisten können, dass im Weinbau und in anderen landwirtschaftlichen Branchen deutlich an Agrarchemikalien eingespart werden kann.
Vielen, vielen Dank, dass wir heute hier sein durften Eve und viel Erfolg mit dem Projekt noch.
Vielen Dank, dass ihr da wart. Das hat mir ganz viel Spaß gemacht, euch unser Projekt zu zeigen.