Wer mag sich da noch gerne das Gesicht eincremen? Konservierungsstoffe in Kosmetikprodukten wie Formalin oder Parabene verlängern zwar die Haltbarkeit der Creme und verhindern das Wachstum von unerwünschten Bakterien und Pilzen, doch leider rufen sie häufig Allergien und Unverträglichkeiten hervor und wirken im schlimmsten Fall sogar krebserregend. Eine Alternative zu chemisch synthetisierten Konservierungsmitteln könnte die natürlich vorkommende Zimtsäure sein. Im Rahmen des Projekts Biokatalyse2021 P23 wurde die industrielle Umsetzung der Aminosäure L-Phenylalanin zur trans-Zimtsäure über den Zeitraum von drei Jahren gefördert. Die Ergebnisse können sich sehen lassen.
Die E-nema Gesellschaft für Biotechnologie und biologischen Pflanzenschutz produziert die Zimtsäure in der Zwischenzeit in industriellem Maßstab mit einer Reinheit von 95% bis 100%. „Wir verkaufen das Produkt an einen Großhändler, der es wiederum an verschiedene Kosmetikfirmen abgibt“, erzählt Arne Peters, promovierter Biologe und Mitbegründer der E-nema. Bis die Firma im schönen Schwentinental in Schleswig-Holstein so weit war, floss viel Forschungsarbeit in die Optimierung der Produktion.
Herstellungsprozess der Zimtsäure
Der Hefepilz Rhodotorula spec. hilft weiter
Die erste Hürde bei der Herstellung der antibiotisch-wirkenden Zimtsäure mit Hilfe des Hefepilzes Rhodotorula spec. ist die pünktliche Abschöpfung des gewünschten Produktes. „Die Zimtsäure ist für die herstellenden Hefen lediglich ein Zwischenprodukt, denn sie haben nicht Zeit ihres Lebens das geeignete Enzymbesteck parat, “ erklärt Projektkoordinator Peters. „ Wenn wir die Zimtsäure nicht rechtzeitig isolieren, dann wird sie vom Pilz zu einem anderen Stoff weiterverarbeitet.“ Ein Grund, weshalb die Schleswig-Holsteiner den Herstellungsprozess zweistufig fahren müssen. Im ersten Schritt werden die Hefen im Fermenter vermehrt, dann macht man durch Zugabe bestimmter Chemikalien die Membranen porös, um dem Ausgangsprodukt L-Phenylalanin den Eintritt in die Zelle zu ermöglichen. Der Fachmann spricht hier von Ganzzelltransformation. In der Zelle tritt nun das Enzym Phenylalanin-Ammoniumlyase in Aktion, welches das Ausgangsprodukt in die trans-Zimtsäure verwandelt. Final folgt noch ein Fällungsschritt der dazu führt, die – tatsächlich leicht nach dem gleichnamigen Gewürz riechende - Zimtsäure aus dem Gemisch zu trennen. „Das Ganze schaffen wir mit sehr energiearmen und einfachen Mitteln“, erläutert Peters, der als Leiter Forschung und Entwicklung und auch als Leiter der Produktion bei E-nema tätig ist.
Blick in die Zukunft
Das Projekt P23 ist für die E-nema beendet, sie waren einer der ersten Akteure in dem Biokatalyse2021-Cluster, das neue Entwicklungen für die Industrielle Weiße Biotechnologie fördert. Die Eigenschaften der Zimtsäure ist wie erwartet optimal, sie zeigt eine gute Wirkung gegen die von der pharmazeutischen und Kosmetikindustrie am meisten gefürchtetsten Mikroorganismen Candida albicans und Aspergillus spec. Doch leider hat sich herausgestellt, dass auch die Zimtsäure nicht der Stein der Weisen ist, da auch sie in hoher Konzentration Hautreizungen hervorrufen kann. Für die E-nema geht demnach die Suche weiter nach anderen Ersatzstoffen.
Vorteile des antimikrobiell wirkenden Konservierungsmittels Zimtsäure.
Hauptgeschäft sind Nematoden zur Schädlingsbekämpfung
Die Herstellung von Zimtsäure ist nicht das Hauptgeschäft der 20 Mitarbeiter großen E-nema. Die Firma wurde 1997 gegründet und züchtet – auch in Bioreaktoren – drei verschiedene Arten an Nematoden die darauf spezialisiert sind, Schädlinge im Boden zu bekämpfen. „Wir produzieren 100.000 Nematoden pro Milliliter, hochgerechnet müssten das dann eine Billion Nematoden pro Fermenter sein,“ so Peters, der ursprünglich die Firma mit zwei Kollegen aus der Not heraus gegründet hatte, um der Arbeitslosigkeit zu entkommen. Mit diesem Hauptgeschäft - die E-nema gehört zu den drei weltweit größten Nematoden-Produzenten - finanziert die Firma ihre Suche nach dem optimalen Konservierungsmittel für Kosmetika weiter. Die Frauen- und Männerwelt wird es ihnen einmal danken.
Autorin: Andrea van Bergen