Biokohle ist seit Langem in der Landwirtschaft als Bodenverbesserer bekannt. Die verkohlten Reste aus Pflanzenbiomasse fördern nicht nur die Bodenqualität und kurbeln das Pflanzenwachstum an. Auch das Potenzial, das Treibhausgas Kohlendioxid zu kompensieren, ist enorm. Forscher der Universität Tübingen haben nun Biokohle aus Holz mit Mikropilzen besiedelt und daraus ein Spezialsubstrat für den Gartenbau entwickelt, das bereits bei Jungpflanzen das Wurzelwachstum fördert und sie zugleich robuster gegen pilzbedingte Krankheiten macht. Die Mikroorganismen gehören zu der Pilzgattung Serendipita, die in Symbiose mit vielen Pflanzenwurzeln lebt. Das Spezialsubstrat der Tübinger Biologen wurde im Rahmen des Ideenwettbewerbs „Neue Produkte für die Bioökonomie“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 60.000 Euro gefördert.
Die positiven Eigenschaften von Biokohle sind seit Langem bekannt, sie werden aber erst seit einigen Jahren intensiv erforscht. Der Vorteil: Bei der Verkohlung der pflanzlichen Ausgangsstoffe wie Stroh, Holz oder anderer Biomasse gehen die Mineralstoffe nicht verloren, sondern binden sich an die Oberfläche der Biokohle. In den Boden eingebracht wird sie so zu einem natürlichen Nährstoffdepot für Äcker und Pflanzen zugleich. Daneben besitzt Biokohle – abhängig von der Art der Biomasse – das Talent, Kohlenstoff in großen Mengen über längere Zeit zu binden und somit die CO2-Belastung der Umwelt zu drosseln.
Mit Biokohle zum nachhaltigen Pflanzenanbau
Das Potenzial der Biokohle für Landwirtschaft und Pflanzenbau verstärkt zu nutzen ist ein Ziel, das vom Bundesforschungsministerium intensiv gefördert wird. Im Projekt „Biokohle-basiertes Wurzelinokulum für den nachhaltigen Pflanzenbau“ haben Forscher der Universität Tübingen nach einer Möglichkeit gesucht, die positiven Eigenschaften der Biokohle für das Pflanzenwachstum noch zu steigern. Und zwar mithilfe von Mikropilzen. Im Rahmen des Förderprojektes experimentierte das Team um den Biologen Michael Weiß mit Biokohle aus Holz. „Wir haben uns für Holzkohle entschieden, weil sie eine riesige innere Oberfläche und damit viele Poren hat, die Mikroorganismen Nischen bieten, in denen sie sich im verkohlten Holz ansiedeln können“, erklärt Weiß.
Die mikroskopische Phasenkontrast-Aufnahme eines Serendipita-Stammes.
Mikropilze steigern Biokohle-Potenzial
Bekannt ist, dass viele Pflanzen mit Mikroorganismen in Symbiose leben, die in ihren Wurzeln siedeln. Michael Weiß und sein Team versuchten nun, dieses natürliche mikrobielle Pflanzenelixier mit den positiven Eigenschaften der Biokohle zu kombinieren. Dafür wählten sie eine Pilzsorte, die nach neuesten Erkenntnissen in fast allen Pflanzenwurzeln vorkommt: die Mikropilzgattung Serendipita. Mit etwa einem Dutzend Arten der Serendipita-Gattung konnten Weiß und seine studentischen Mitarbeiter experimentieren. „Wir haben versucht, die verschiedenen Pilze auf der Kohle anzusiedeln. Am Ende entstand schwarze Kohle, die von Mikropilzen besiedelt wurde. Das heißt: dieses Pulver lebt.“
Spezialsubstrat fördert Wurzelwachstum und macht Jungpflanzen resistent
Die Mikropilze in die Biokohle zu bringen, diente aber noch einem anderen Zweck. Sie sollten zugleich eine natürliche Waffe gegen Schadpilze sein, die Jungpflanzen gefährlich werden können. Die Wirkung des biokohlebasierten Substrates wurde schließlich an verschiedenen Stecklingen getestet. Erste Ergebnisse waren vielversprechend. „Wenn man das Substrat mit Saaterden oder lockeren Substraten für Stecklinge vermischt, entwickeln sie schneller und mehr Wurzeln. Außerdem werden die Pflanzen kräftiger und resistenter gegen Pilzkrankheiten“, berichtet Weiß.
Nützlicher Helfer für ökologischen Gartenbau
Dem natürlichen Vorbild gleich bildeten die Jungpflanzen nach der Keimung eine symbiontische Gemeinschaft mit den Mikropilzen. Im Rahmen des BMBF-Projektes konnte Biologe Michael Weiß somit die Grundlage für ein Spezialsubstrat legen, das vor allem Gartenbauern bei der Aufzucht von Jungpflanzen ein nützlicher Helfer sein kann. Interessenten aus dem ökologischen Gartenbau gibt es bereits. Im Rahmen des von Weiß neu gegründeten Steinbeis-Innovationszentrums „Organismische Mykologie und Mikrobiologie“ wird der Pilzexperte die Entwicklung des neuen Pflanzengranulats weiterführen. „Jetzt geht es darum, ganz spezifische Formulierungen für verschiedene Anwendungen zu finden, wie beispielsweise Zuschläge für Saatsubstrate, um Jungpflanzen herzustellen“. Zugleich will Weiß prüfen, welches Substrat mit welchem Serendipita-Pilz für welche Pflanzen besonders geeignet ist und ob sich die biokohlebasierten Substrate zum Beizen eignen, um Saatgut auf natürliche und nachhaltige Art zu schützen.
Autorin: Beatrix Boldt