Von Kuhdungfasern und Vogelschwund
Der kompakte Medienrückblick: Bäume sorgen für bessere Kühlung in Städten +++ Dramatischer Vogelschwund in Europa +++ Nanozellulose aus Kuhmist +++ Wie sich Pilze gegen Bakterien schützen
Klima – Städtische Grünflächen wie Wiesen und Parks sorgen vor allem im Sommer für Abkühlung und machen die Hitze erträglich. Welchen Einfluss die Vegetation auf Temperaturen hat, haben Forschende der Universität Zürich genauer untersucht. Dafür werteten sie Daten zu 293 europäischen Städten aus, darunter auch 36 deutsche Städte, von Lüneburg bis Passau. Dabei zeigten sich deutliche Unterschied zwischen Grünflächen mit und ohne Baumbestand, wie aus einem Bericht in der Frankfurter Rundschau hervorgeht. Der Grund: Bäume können durch tiefgründige Wurzeln mehr Wasser aufnehmen und verdunsten und haben damit – vor allem während heißer und trockener Perioden – einen größeren Kühlungseffekt als Grünflächen ohne Bäume. Besonders groß ist der Temperaturunterschied zwischen Baumflächen und bebauten Flächen. In Mitteleuropa, also auch in Deutschland, sind mit Bäumen bewachsene Flächen acht bis zwölf Grad kühler. Bäume seien jedoch nicht uneingeschränkt nützlich für das Stadtklima, schreiben die Forschenden. An falschen Ort könnten sie die Kaltluftzufuhr in Städten sogar verringern.
Biodiversität – Die Zahl der Insekten ist bekanntermaßen in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch gesunken. Ein ebenso beispielloser Artenschwund hat sich in den vergangenen 40 Jahren in der Vogelwelt abgespielt, wie Thomas Krumenacker in der Süddeutschen Zeitung berichtet. Ein internationales Team von Forschenden hat errechnet, dass auf dem Gebiet der Europäischen Union und Großbritannien heute 600 Millionen Vögel weniger leben als im Jahr 1980. Fast jeder fünfte Brutvogel ist demnach verschwunden. Betroffen davon sind sogenannte Allerweltsvögel, also Arten, die noch weit verbreitet sind wie der Haussperling. Ihre Zahl hat sich im Untersuchungszeitraum halbiert. Mit einem Verlust von knapp 250 Millionen Vögeln führt jedoch der Spatz die Liste der größten Verlierer an. Ein massiver Artenschwund ist gleichfalls bei Schafstelze, Star und Bluthänfling zu verzeichnen. Diese sind vor allem auf landwirtschaftlichen Flächen anzutreffen, wo Pestizide und intensive Landnutzung das Überleben der Vögel erschweren. Doch es gibt auch einige Gewinner: dazu gehören Vogelarten wie Zaunkönig, Amsel und Mönchsgrasmücke, die sich an die Umgebung gewöhnt und besser angepasst haben. Die Gründe für den enormen Vogelschwund wurden nicht untersucht. Die Studie zeige jedoch, dass es bisher nicht gelungen sei, Vögeln in der Agrarlandschaft ein Überleben zu sichern, schreiben die Forschenden.
Biotechnologie – Forschende der Universität Wien experimentieren seit einigen Jahren mit Tierexkrementen. Denn im Dung von Kühen, Pferden oder Elefanten stecken ungeahnte Schätze, aus denen neue nachhaltige Produkte entstehen können, wie Andrea Hoferichter im Deutschlandfunk berichtet. Die Idee der Forschenden: sie wollen aus dem Dung Zellulosefasern aus unverdautem Heu und Stroh zur Produktion von Nanozellulose nutzen. Nanozellulosefasern sind biologisch abbaubar, hauchdünn, aber fest wie Stahl und könnten als Rohstoff für Membranen, Verpackungen und für feinporige Filterpapiere genutzt werden. Die Fasern aus den Exkrementen enthalten ähnlich viel Zellulose wie Holz. Tierischer Dung könnte damit helfen, Bäume zu schützen und bei der Aufbereitung Chemikalien und Energie einsparen, da das Ausgangsmaterial von den Tieren zerkaut und damit „vorgemahlen“ und später mit Verdauungssäften traktiert wird. In den letzten Jahren haben die Forschenden Nanozellulosepapiere erfolgreich aus Elefantendung hergestellt. Als nächstes will das Wiener Team Kuhmist und Geflügelexkremente als Rohstoff für Nanozellulose testen.
Biologie – Pilze bauen im Boden totes organisches Material ab und machen so verschiedene Nährstoffe für Pflanzen verfügbar. Auch schwer verdauliches Material wie Lignin und Chitin sind kein Hindernis. Jochpilze der Gattung Mortierella spielen dabei eine zentrale Rolle. Diese, dem Schimmelpilz ähnelnden Pilze haben jedoch verschiedene Strategien entwickelt, um sich gegen andere Bodenbewohner wie Fadenwürmer zu verteidigen, die ihnen die Arbeit erschweren wollen, wie Diemut Klärner in der Frankfurter Allgemeiner Zeitung schreibt. Wie Forschende der Colorado State University in Fort Collins herausfanden, ist die hierzulande vorkommende Spezies Mortierella globalpina in der Lage, sich mit ihren Pilzfäden an den Fadenwurm zu heften, seine Körperwand zu durchdringen und Zellen zu zerstören. Auf diese Weise schützt der Pilz gleichzeitig Pflanzenwurzeln vor parasitischen Fadenwürmern. Der Pilz namens Mortierella verticillata geht hingegen eine Symbiose mit Bakterien ein, die ihm Giftstoffe gegen Fadenwürmer liefern, wie kürzlich Forschende vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie in Jena herausfanden. Bei dem Bakteriengift handelt es sich um ein hochwirksames Gift aus der Gruppe der Benzolacton-Enamide, dessen DNA die Forschenden isolieren konnten.