Von Präzisionsfermentation und Flachsfasern
Der kompakte Medienrückblick: Chancen der Präzisionsfermentation +++ Ertragssteigerung durch Gentechnik +++ Stadt-Grün reduziert Hitzeopfer +++ Neue Baustoffe aus Flachs
Biotechnologie – Seit Tausenden Jahren nutzen Menschen Mikroorganismen, um Lebensmittel wie Brot, Bier, Joghurt oder Sauerkraut herzustellen. Auch bei der Herstellung neuer Lebensmittel spielen Mikroorganismen eine zentrale Rolle. Eine Bild-Text-Reportage von Hanno Charisius und Julia Schubert in der Süddeutschen Zeitung zeigt, wie sich im Labor Schnitzel ohne Schwein, Milch ohne Kuh oder Hühnereiweiß ohne Huhn herstellen lassen. Das Verfahren dahinter – die sogenannte Präzisionsfermentation – ist eine Zukunftstechnologie, die Fachleuten zufolge das Potenzial hat, die Ernährung der Zukunft zu sichern. So forscht Marius Henkel am Campus Weihenstephan der Technischen Universität München an Lebensmitteln, die aus dem Tank statt vom Feld oder Stall auf den Teller kommen. Diese wachsen in Zellkulturen und nicht in Pflanzen oder Tieren. Mithilfe von Grafiken wird veranschaulicht, wie im Labor aus tierischen Muskelzellen Fleisch entsteht, das im Fermenter mithilfe von Mikroorganismen erzeugt wird. Forschende aus Finnland hatten errechnet, dass der Treibhausgasausstoß der Landwirtschaft und der Flächenverbrauch um mehr als 80 % zurückgehen würden, wenn die Nutztierhaltung bis 2050 durch Lebensmittel aus Zellkulturen ersetzt wird.
Landwirtschaft – Die Landwirtschaft trägt erheblich zum Klimawandel und zum Verlust an Biodiversität bei. Gleichzeitig steht die Branche unter dem Druck, die Ernährung einer wachsenden Bevölkerung auch in Zukunft zu sichern. Der Bonner Agrarökonom Matin Qaim beschreibt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, wie neue Technologien die Nahrungsproduktion in der Vergangenheit verändert haben und auch zukünftig die Zahl der Hungernden reduzieren könnten. So hat die sogenannte Grüne Revolution ab den 1960er-Jahren durch die Entwicklung neuer Sorten und Technologien vor allem in Asien und Lateinamerika enorme Ertragssteigerungen gebracht. Dieses Potenzial bietet Qaim zufolge auch die Gentechnik. Er verweist auf das Potenzial genomeditierter Pflanzen. Mithilfe dieser Technologie könnten gewünschte Pflanzeneigenschaften gezielter und schneller entwickelt und so Ernteerträge verbessert und die Umwelt durch die Einsparung von Dünger und Pestiziden geschont werden. „Viele empfinden bei Gentechnik ein emotionales Unbehagen, weil dabei zum Teil Gene über Artgrenzen hinweg übertragen werden. Neuere Verfahren der Genomeditierung könnten dieses Unbehagen auflösen, weil keine fremden Gene übertragen, sondern nur punktuell kleine Gensequenzen verändert werden“, schreibt der Forscher.
Umwelt – Städte sind besonders gefährdet durch Hitze, weil sie sich tagsüber stark aufheizen und nachts langsamer abkühlen. Dieser Hitzestress macht besonders Kindern und älteren Menschen zu schaffen. Mehr Grün in Städten könnte hier Abhilfe schaffen, wie ein Bericht in der Frankfurter Rundschau zeigt. Forschende der australischen Monash University haben ermittelt, dass die Zahl der hitzebedingten Todesfälle um etwa ein Drittel sinken würde, wenn die Vegetation in Städten weltweit um 30 % steigt. Davon würden vor allem Stadtbewohner in Süd- und Osteuropa sowie in Süd- und Ostasien profitieren, berichtet das Team im Fachjournal The Lancet Planetary Health. Simulationen ergaben, dass mit mehr Stadtgrün bis zu 1,16 Millionen Leben zwischen 2001 und 2019 hätten gerettet werden können. Um das Stadtklima zu verbessern, empfehlen die Forschenden auch Maßnahmen wie die Begrünung von Dächern und Fassaden. In Deutschland zeigt ein „Hitze-Check“ der Deutschen Umwelthilfe, dass viele Städte Nachholbedarf bei Begrünung und Flächenentsiegelung haben – insbesondere im Süden des Landes. Als vorbildlich stufte die Umwelthilfe unter anderem Detmold, Ratingen, Potsdam und Jena ein. Auch Berlin schnitt vergleichsweise gut ab – deutlich besser als München oder Frankfurt am Main.
Bauen – Die Bauindustrie ist für einen erheblichen Anteil der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Weltweit wird daher an nachhaltigen Baumaterialien geforscht. So entwickeln beispielsweise Forschende des Exzellenzclusters „Matters of Activity“ an der Humboldt-Universität Berlin textile Bauelemente, die Gebäude nachhaltiger und anpassungsfähiger machen sollen, wie Alice Ahlers im Tagesspiegel schreibt. Im Fokus stehen hier Fasern aus Flachs. Diese werden – ähnlich wie in der Textilproduktion – zu langen, flexiblen Strängen verarbeitet. Daraus entsteht ein Garn, das zu einem Baumaterial für gestrickte und gehäkelte Wände werden kann. Den Forschenden zufolge sind diese gestrickten Wände stabil, aber zugleich biegsam, können flexibel gestaltet und wie ein Strickpullover wieder aufgetrennt werden. Der Vorteil: Räume können an neue Bedürfnisse leicht angepasst und das Material wieder vollständig in seine ursprünglichen Bestandteile zerlegt werden. Aber auch Bindemittel können aus Pflanzen entstehen. Dafür wird beispielsweise Pektin als Klebstoff genutzt. Diese pflanzlichen Polysaccharide lassen sich durch Feuchtigkeit wieder lösen. Da Naturstoffe nicht nur Feuchtigkeit binden, sondern auch abgeben können, sorgen diese Materialien auch für ein gutes Raumklima.