Von Marmorkrebsen und Glyphosat
Der kompakte Medienrückblick: Marmorkrebse als Chitinquelle +++ Lebensmittel aus Insekten in der Nische +++ Glyphosat im Klärschlamm nachgewiesen +++ Meere als Mikroplastiksenke
Biotechnologie – Chitin ist nach Cellulose das zweithäufigste Polysaccharid der Erde und ein Hauptbestandteil im Panzer vieler Insekten und Meerestiere wie Garnelen. Das Heidelberger Start-up Merall Bioproducts hat für die Gewinnung des kostbaren Polysaccharids Marmorkrebse ausgewählt, wie Lisa Nguyen in der Süddeutschen Zeitung schreibt. Marmorkrebse sind auffällige Frischwassertiere mit schimmernden, gefleckten Panzern, deren Muster ihnen ihren Namen gibt. In vielen europäischen Gewässern gilt der Krebs allerdings als Plage. In Deutschland ist der Handel sogar verboten. Vitor Carneiro will mit seinem Start-up den invasiven Krebs als nachhaltige Delikatesse etablieren und züchtet ihn in Aquakulturen. Der Vorteil: Die Tiere sind extrem anpassungsfähig und überleben in unterschiedlichsten Umweltbedingungen, was sie zu echten Überlebenskünstlern macht. Doch das Start-up will nicht nur die Gastronomie mit Marmorkrebsen versorgen. Die robusten Panzerschalen, die viel Chitin enthalten, sollen auch zu biobasierten Produkten wie Bioplastik weiterverarbeitet werden. Die Krebspanzer enthalten dreimal mehr Chitin als Garnelenschalen.
Lebensmittel – Mit einem durchschnittlichen Proteingehalt zwischen 35 % und 77 % sind Fliegen, Grillen oder Mehlwürmer eine nachhaltige Alternative zu Proteinen aus Fleisch oder Fisch. In der Europäischen Union (EU) sind Insekten seit 2021 als Lebensmittel zugelassen, darunter Mehlwurm, Grille, Wanderheuschrecke und Buffalowwurm. Seit Kurzem darf auch UV-behandeltes Insektenpulver aus Larven des Mehlkäfers verwendet werden. Doch wie steht es um die Akzeptanz der Konsumierenden und das Angebot im Supermarkt? Antworten liefert ein Bericht im Tagesspiegel. Einer Umfrage zufolge haben 83 % der Befragten noch nie Insekten gegessen. Viele lehnen Insekten aus Ekel ab. Auch der Markt entwickelt sich eher schleppend. Insektenhaltige Nahrung ist in Supermärkten noch nicht im großen Stil zu finden. Dennoch nimmt die Insektenproduktion nach Branchenangaben zu. Laut International Plattform of Insects for Food and Feed lag die Gesamtproduktion von Insekten für den menschlichen Verzehr 2023 EU-weit bei etwas mehr als 800 Tonnen. Für dieses Jahr wird eine Produktionsmenge von 2.755 Tonnen prognostiziert.
Chemie – Das Herbizid Glyphosat kann nicht nur durch die Landwirtschaft in Gewässer gelangen, sondern auch durch Kläranlagen. Das hat eine aktuelle Studie der Universität Tübingen nun bestätigt, wie Arndt Reuning im Deutschlandfunk berichtet. Bereits vor einem Jahr keimte der Verdacht, dass Glyphosat im Klärschlamm durch sogenannte Phosphonate entsteht. Dabei handelt es sich um Vorläufersubstanzen, die Bestandteil von Waschmitteln sind. Neue Laborversuche der Tübinger Forschenden haben die Bildung des Herbizids nun eindeutig nachgewiesen: Wurden Phosphonate in Klärschlamm eingebracht, baute sich der Wirkstoff ab und Glyphosat entstand. Also nächstes sollen Versuche in Kläranlagen durchgeführt werden.
Umwelt – Mikroplastik ist weltweit verbreitet und wurde selbst in entlegenen Regionen wie Hochgebirgen und arktischen Gletschern gefunden. Ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Meteorologie hat untersucht, wie die Kunststoffteilchen in die Atmosphäre gelangen. Pamela Dörhöfer stellt die Studie in der Frankfurter Rundschau vor. Demnach können Meere kaum zur Emission von Mikroplastik beitragen, sie wirken vielmehr als Senke, in der etwa 15 % der Partikel abgelagert werden. Die primären Quellen für Mikroplastik sind synthetische Kleidung, Reifenabrieb und weggeworfene Verpackungen. Die Forschenden weisen darauf hin, dass Kunststoffpartikel auch gesundheitliche Risiken bergen, da sie in den Blutkreislauf gelangen und Entzündungen auslösen können. Zudem ermöglicht die geringe Größe einiger Teilchen, dass sie bis zu einem Jahr in der Atmosphäre verbleiben und weltweit verteilt werden. Die Ergebnisse der Studie könnten den Forschenden zufolge in Strategien einfließen, um die Verschmutzung durch Mikroplastik zu reduzieren.