Von Bestäubermangel und Vertical-Farming
Der kompakte Medienrückblick: Baumaterial vom Feld +++ Leguminosen statt Mais +++ Insektenrückgang gefährdet Artenvielfalt +++ Vertical-Farming in Brandenburg
Bauwesen – Inmitten typischer Doppel- und Reihenhäuser in Kassel wird schon heute die Zukunft des Bauens praktiziert, wie Judith Lembke in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet. Statt Mineralwollplatten stapeln sich auf dem Grundstück Strohballen, die zwischen den Holzständern im Dachgeschoss des Mehrfamilienhauses verbaut werden. Das Naturmaterial ist hier Wand und Dämmung zugleich. Stroh könnte ein Baustoff der Zukunft sein, denn es schont Ressourcen, da es ein Abfallprodukt des Getreideanbaus ist. Auch die CO2-Bilanz ist nahezu perfekt. Ebenso wie Holz speichert es CO2 beim Wachstum und während der Lebensdauer des Hauses. Durch die ausgezeichneten Dämmeigenschaften wird zudem weniger Heizenergie verbraucht und die Schadstoff- und CO2-Emission beim Betrieb des Gebäudes verringert. Laut einer Studie der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe wird bei der Herstellung strohgedämmter Gebäude so viel Energie gespart, dass davon ein Haus 69 Jahre lang beheizt werden kann. Trotz allem ist Bauen mit Stroh weiterhin die Ausnahme. Nach Angaben des Fachverbandes Strohballenbau gibt es aktuell in Deutschland mehr als 1000 Strohhäuser.
Landwirtschaft – Hitze und Dürre setzen die Landwirtschaft seit Jahren unter Druck. Vor allem Pflanzen, die die ganze Saison brauchen, um zu wachsen, wie etwa Sonnenblumen oder Mais, seien von der aktuellen Trockenheit betroffen, sagt Claas Nendel vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung. Im Deutschlandfunk spricht der Potsdamer Geoökologe mit Britta Fecke darüber, wie sich die Landwirtschaft umstellen muss. Dem Forscher zufolge muss der Fokus auf Pflanzen liegen, die besser mit Trockenheit umgehen können. Dazu gehören beispielsweise Hirse, Kichererbsen oder Linsen. Die Hülsenfrüchte bilden stärker Wurzeln aus und können damit den Boden besser ausbeuten und somit besser an Wasser herankommen. Aber auch neue Züchtungen, die Pflanzen resilienter machen, statt Höchstertrag liefern, sind Nendel zufolge notwendig, damit die Landwirtschaft den klimabedingten Veränderungen gewachsen sei und künftig die Ernährung sichern könne.
Biodiversität – Die Artenvielfalt der Insekten und damit auch die Anzahl an bestäubenden Insekten wie Wildbienen geht weltweit zurück. Das hat vor allem Folgen für Pflanzen, die auf die natürlichen Bestäuber angewiesen sind, wie Nina Kammleiter in der Süddeutschen Zeitung schreibt. Eine im Fachjournal Nature veröffentlichte Studie beschreibt, wie sich die Konkurrenz um Bestäuber auf das Zusammenleben unterschiedlicher Pflanzenarten auswirken könnte. Benachbarte Pflanzen konkurrieren um Platz, Licht, Wasser und Nährstoffe. Mit dem Rückgang der Insekten wächst demnach auch die Konkurrenz um die Bestäuber, wie Forschende der Princeton University herausfanden. Der Studie zufolge verringert sich der Anteil der Pflanzen, die langfristig nebeneinander bestehen können, wenn sie um Bestäuber wetteifern müssen. Wenn Pflanzen seltener von Bestäubern aufgesucht werden als ihre Nachbarn, verschwinden sie irgendwann. Mit der Studie sehen die Forschenden die Annahme bestätigt, dass Bestäubermangel den Wettbewerb zwischen Pflanzen destabilisieren und somit die Artenvielfalt gefährden kann.
Vertikal Farming: Mit Blick auf eine gesunde und nachhaltige Ernährung wächst das Interesse an alternativen Agrarsystemen wie Vertical Farming. Rainer Unruh stellt im Berliner Nachrichtenmagazin rbb24 Abendschau das Unternehmen BioEnergieLand vor, dass in Brandenburg die vertikale Pflanzenzucht testet. Gemeinsam mit Forschenden der Berliner Humboldt-Universität entsteht derzeit in Paulinenaue im Havelland der Prototyp solch einer vertikalen Indoor-Farm. In den speziellen Zuchthallen wachsen Jungpflanzen übereinander in Regalen in Nährstofflösungen statt Erde und ohne Sonnenlicht. Der Lichtzyklus der LED-Leuchten kann gezielt an die Pflanzen angepasst werden. Getestet wird der Anbau von etwa vierzig Pflanzensorten, unter anderen Weizen, Gerste, Kartoffeln und Reis. Im Vergleich zum konventionellen Pflanzenbau kommt das Vertical Farming nicht nur ohne Dünger aus, sondern spart auch bis zu 90% Wasser.