Von Bakterien-Cellulose und Heckenrettern
Der kompakte Medienrückblick: Mikrokügelchen aus Bakterien-Cellulose +++ Mit Hirschhornsalz Fasern nachhaltig trennen +++ CO2 in Altbeton speichern +++ Mit Hecken das Klima retten
Biotechnologie – Mikroplastik ist ein globales Problem. Die winzigen und für das Auge nicht sichtbaren Teilchen sind mittlerweile überall zu finden – in Flüssen, im Meer, im Boden und sogar in der Arktis. Viele dieser fossilen Kunststoffpartikel gelangen über Kosmetika sowie Putz- und Reinigungsmittel in die Umwelt. Das Berliner Start-up Bioweg hat einen biologisch abbaubaren Ersatzstoff aus natürlichen Zutaten entwickelt, um Mikroplastik in Produkten wie Kosmetika zu ersetzen. Christof Kerkmann im Tagespiegel berichtet, wurde das Unternehmen für seine Innovation nun mit dem Deutschen Digitalpreis "The Spark" ausgezeichnet. Die Geschäftsidee repräsentiert das diesjährige Motto des Preises: "Circular Economy", das darauf abzielt, Produkte und Prozesse im Sinne einer Kreislaufwirtschaft neu zu gestalten. Die EU-Kommission plant, den Einsatz von Mikroplastik in Produkten wie Kosmetik, Pflegemitteln und Farben zu beschränken. Bioweg und andere Unternehmen könnten von dieser Regulierung profitieren, indem sie Ersatzprodukte entwickeln. Die Gründer von Bioweg nutzen natürliche Zutaten, wie Mikroben aus verfaulten Äpfeln, um biologisch abbaubare Zellulose herzustellen. Das Unternehmen befindet sich derzeit in fortgeschrittenen Tests für den Einsatz in Konsumgütern und hofft auf eine baldige Kommerzialisierung seiner Technologie, die einen Milliardenmarkt adressieren könnte.
Textilindustrie – Mehr als die Hälfte der in der Textilindustrie verwendeten Materialien besteht aus fossilen Rohstoffen. Besonders beliebt sind Polyester- und Polyurethanfasern, die zwar billig, aber energieintensiv und umweltbelastend hergestellt werden. Hinzukommt: Nur ein geringer Teil der ausgemusterten Textilien wird recycelt. Biologische und technologische Innovationen bieten jedoch Alternativen, wie Wolfgang Kempkens in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zeigt. Lyocell, eine aus Holz gewonnene Faser, ermöglicht biologisch abbaubare Textilien. Auch Nylon könnte künftig ohne Erdöl hergestellt werden. Daran arbeitet ein Forschungsteam am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Es stellt Adipinsäure für Nylon aus Biomüll her. Adipinsäure macht 50 % des Rohstoffes für die Nylonproduktion aus. Das Team stellt zunächst Phenol aus Lignin – einem Abfallstoff aus der Papierproduktion – her, das traditionell aus Erdöl gewonnen wird. Das Ziel der Forschenden ist es, die gesamte Nylonproduktionskette umweltfreundlich zu gestalten. In der Bioraffinerie in Leuna stellt wiederum das finnische Unternehmen UPM Glykol aus Buchenholzabfällen her. Glykol ist ein wesentlicher Bestandteil in dem Harz, aus dem Polyester hergestellt wird. Aber auch Hanf und Flachs sind umweltfreundliche Alternativen zu Baumwolle. Darüber hinaus werden Recyclingverfahren entwickelt, die natürliche und synthetische Fasern trennen, um den Einsatz fossiler Rohstoffe in der Textilindustrie weiter zu reduzieren. Forschende in Kopenhagen habe dagegen ein Verfahren entwickelt, das Hirschhornsalz – ein Treibmittel beim Backen – als Katalysator nutzt, um Kunststoff von Baumwollfasern zu trennen, ohne diese zu zerstören.
Bauen – Der Bausektor ist einer der Hauptverursacher der Klimakrise. Dabei gibt es vielversprechende Methoden, den Treibhausgasausstoß der Branche zu reduzieren. Im Deutschlandfunk stellt Karl Urban eine Idee für nachhaltiges Bauen vor. Ein Unternehmen aus Zürich hat sich zum Ziel gesetzt, das Betonrecycling umweltfreundlicher zu gestalten. Dazu wird Altbeton zunächst zerkleinert und von Stahl befreit. Der zerkleinerte Altbeton wird dann zusätzlich mit Kohlendioxid angereichert. Das CO2 stammt aus einer Biogasanlage, in der das Treibhausgas zuvor von Pflanzen aus der Atmosphäre gebunden wurde. Das Verfahren nutzt einen natürlichen Prozess - beschleunigt ihn aber durch die Zugabe von hochkonzentriertem CO2 um ein Vielfaches. Denn der Altbeton enthält Calciumhydroxid und Silikat – zwei Chemikalien, die ständig CO2 aus der Luft aufnehmen und zu Calciumcarbonat – also Kalkstein – reagieren. Der neue Beton kann dann wieder für den Straßenbau verwendet werden. In Zukunft könnte er aber auch neuem Zement beigemischt werden. Doch hier ist die Entwicklung noch nicht abgeschlossen. Bis 2030 will das Zürcher Unternehmen auf diese Weise eine Million Tonnen Treibhausgase in altem Beton binden. Die Schweizer Methode des Betonrecyclings wird auch in anderen europäischen Ländern praktiziert, unter anderem in einem Berliner Recyclingbetrieb.
Biodiversität – Sie sind in fast jedem Garten zu finden: Hecken. Doch die grünen Sträucher sind mehr als nur ein Sichtschutz. Sie sind ein Hort der Vielfalt und locken viele Insekten und Vögel an. Außerdem spenden sie im Sommer Schatten, schützen den Boden vor Winderosion und wirken kühlend. Auf den Äckern sind Hecken allerdings weitgehend verschwunden, weil sie den großen Maschinen bei der Feldbearbeitung im Weg waren. Doch in den letzten Jahren kehren die Hecken auch auf die Felder zurück, wie eine Reportage im 3sat-Wissensmagazin NANO zeigt. Ehrenamtliche Heckenretter arbeiten mit Biobauern zusammen, um mehr Artenvielfalt in die Landschaft zu bringen. Forscherinnen und Forscher des Thünen-Instituts haben die Klimawirkung von Hecken untersucht und ihr Potenzial für den Klimaschutz berechnet: Demnach würde ein Hektar Hecke 380 Tonnen CO2 mehr binden als herkömmliche Äcker. Eine Verdreifachung der Heckenfläche in Deutschland würde demnach einmalig 20 Millionen Tonnen CO2 binden und damit helfen, die Emissionen der Landwirtschaft auszugleichen. Darüber hinaus haben Forschende der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus ein frei verfügbares Software-Tool entwickelt, das bei der nachhaltigen Bewirtschaftung von Hecken hilft. Da die Pflege von Hecken jedoch aufwändig ist, sollte dieser Mehraufwand finanziell gefördert werden.