Von Bio-Schaumstoff und essbaren Löffeln
Der kompakte Medienrückblick: Mikrobielle Helfer im Meer +++ Fahrradhelm aus Pilzmyzel +++ Verpackungen aus Brotteig und Algen +++ Überdüngung schadet Umwelt
Umwelt – In einer Handvoll Erde leben mehr Mikroorganismen als Menschen auf der Erde. Die winzigen Lebewesen erbringen nicht nur an Land unschätzbare Dienstleistungen, sondern auch im Meer, wie Marko Pauli in der Sendung swr2 wissen berichtet. 90% der gesamten Biomasse in den Ozeanen besteht aus Mikroben. Längst sind nicht alle mikrobiellen Geheimnisse gelöst. Bekannt ist aber: Mikroorganismen können helfen, die Meere von Erdöl, Methan und Plastik zu befreien. So haben Forschende in Hamburg Bakterien gefunden, die in der Lage sind, eine bestimmte Art Plastik abzubauen. Diese arbeiten jedoch noch nicht effektiv genug, um die Meere von Plastik zu befreien. Ein anderer Weg ist, die Verschmutzung der Gewässer mithilfe von plastikfressenden Mikroben zu verhindern, in dem diese bereits in Kläranlagen Mikroplastikpartikel abbauen. Auch Bakterien, die das Klimagas Methan verdauen, haben Forschende im Meer bereits aufgespürt. Darüber hinaus produzieren Mikroben die Hälfte des Sauerstoffs, den wir zum Leben benötigen.
Biotechnologie – Ob als Dämm- oder Verpackungsmaterial: Styropor ist beliebt, aber nicht umweltfreundlich, denn es besteht aus dem Kunststoff Polystyrol, der unter hohem Energieeinsatz aus Erdöl gewonnen wird und nicht verrottet. Volkmar Otto stellt in der Berliner Zeitung das Start-up Fungtion vor, das an einer nachhaltigen Styroporalternative aus Pilzen tüftelt. Aktuell arbeitet das Team an einem Fahrradhelm. Die Außenschale ist zwar aus Plastik, die Polsterung dagegen aus Bio-Schaumstoff. Dieser besteht aus einem sogenannten Braunhirse-Myzel-Gemisch. Die Forschenden lassen dafür den Pilz namens Zunderschwamm etwa neun Tage in Braunhirse wachsen. Danach kommt der Pilz in einen mit Agrar-Abfällen gefüllten, luftdurchlässigen Substratbeutel, wo sich der Pilz von dem Holzstoff Lignin ernährt. Nach etwa zehn Tagen ist der Beutel mit dem Myzel vollständig durchwachsen. Danach wird das Gemisch in eine Helmform gegeben, wo der Pilz weiter wächst und wie ein natürlicher Klebstoff sich mit der Außenschale verbindet. Ein Prototyp des neuartigen Fahrradhelmes gibt es bereits – und auch Interessenten für den neuartigen Bio-Schaumstoff. Im Frühjahr 2023 soll er auf den Markt kommen.
Konsum – Das Aus für Trinkhalme, Kaffeebecher und andere To-go-Verpackungen aus Plastik ist da. Seit 1. Juli dürfen solche Wegwerfprodukte aus Kunststoff nicht mehr hergestellt werden. Doch es gibt längst Alternativen. Neben Holz oder Pappe drängen zunehmend essbare Verpackungen auf den Markt, wie aus einem Bericht in der Frankfurter Rundschau hervorgeht. Dazu gehören Besteck, Schüsseln, Strohhalme oder Teller aus Brotteig, die das Start-up Kulero produziert. Abnehmer sind nicht nur Handelsketten wie Edeka und Rewe, sondern auch Hotels, Restaurants, Gefängnisse und Psychiatrien. Am Alfred-Wegener-Institut (AWI) entwickeln Forschende hingegen essbare Verpackungen aus Algen und Seegras. Die Verpackungen sind aber nicht nur essbar, sondern auch kompostierbar. Unsichtbar ist hingegen die „Verpackung“, die das US-Unternehmen Apeel entwickelt hat. Dabei handelt es sich um eine pflanzliche, unsichtbare Hülle für Obst und Gemüse, die die Ware länger haltbar macht, da sie den Wasserverlust und das Eindringen von Sauerstoff drosselt.
Landwirtschaft – Wegen der Nitratüberschreitungen im deutschen Grundwasser hatte der Europäische Gerichtshof bereits 2018 Änderungen des deutschen Düngerechts gefordert. Noch immer hinkt Deutschland mit der Umsetzung hinterher, wie der Spiegel berichtet. Nach einer Studie des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft schadet die Landwirtschaft der Umwelt weiterhin massiv. Demnach entstehen durch Überdüngung jährlich Umweltschäden von etwa 3 Mrd. Euro. Die Autoren fordern vor allem eine Reform der Grenzwerte von mit Nitrat belasteten Gebieten. Auch die Deutsche Umwelthilfe kritisiert, dass die Düngeverordnung in ihrer jetzigen Form „nicht auf wissenschaftlicher Evidenz“ basiere. Durch den „unzureichenden Schutz des Grundwassers“ würden „enorme gesellschaftliche Kosten“ entstehen.