Er ist eine beliebte Zutat in Fleisch- und Wurstwaren, Fertiggerichten, Soßen und Gewürzmischungen. Sellerie hat einen intensiv würzigen Geschmack und ist obendrein noch sehr gesund. Leider löst das Gemüse als Lebensmittelzusatz auch häufig Allergien aus. Ein direkter Nachweis des reinen Sellerie-Allergens auf Proteinebene im Lebensmittel ist bisher nicht möglich. Die Karlsruher MicroMol GmbH forscht gemeinsam mit der R-Biopharm AG aus Darmstadt an der Entwicklung eines entsprechenden Schnelltests. Davon könnten künftig nicht nur Lebensmittelhersteller profitieren, sondern möglicherweise auch Allergiker selbst. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderinitiative KMU-innovativ gefördert.
Zwei bis drei Prozent der Deutschen leiden an Lebensmittelallergien. Bei manchen Allergikern ruft eine Immunantwort gegen ihr Allergen schwere krankhafte Reaktionen hervor. Allein 30 Prozent dieser sogenannten Anaphylaxien werden dem Sellerie zugeschrieben. Die einzige Prophylaxe für Betroffene war bislang der Verzicht.
Einsatz direkt beim Hersteller
Wegen seines würzigen Aromas wird Sellerie gern als Geschmacksverstärker eingesetzt. Ein zentrales Problem für Lebensmittelhersteller ist die Kontamination mit Allergenen, wenn verschiedene Arbeitsschritte mit und ohne Sellerie in der gleichen Anlage nacheinander ausgeführt werden – trotz aufwendiger Reinigungsmaßnahmen. Ein Schnelltest, der eine Kontamination anzeigt, könnte Allergikern weiterhelfen und wirtschaftliche Schäden für Nahrungsmittelbetriebe reduzieren.
„Kann Spuren von Sellerie enthalten“
Das Hauptallergen im Sellerie ist ein Protein namens Api g1. „Bislang lassen sich Sellerie-Allergene nur sehr aufwendig auf der DNA-Ebene nachweisen. Auf der Proteinebene gibt es keinen Test“, erläutert Wolfgang Rudy, Projektleiter bei der MicroMol GmbH. Da die DNA-Bruchtstücke im Gegensatz zum Protein relativ stabil sind, kann es beim DNA-Test auf Sellerie leicht zu falsch-positiven Ergebnissen kommen. Denn das Vorhandensein von DNA-Rückständen von Sellerie in einem Lebensmittel, bedeutet noch nicht unbedingt die Kontamination mit Allergie-auslösenden Protein. Ziel der Immunologen ist es, einen Protein-Nachweis in der Nahrungsmittelindustrie zu etablieren, der risikoreiche Allergene direkt aufspürt. Eine Pseudo-Kontamination, die das Allergen selbst nicht beinhaltet, könne auch großen wirtschaftlichen Schaden für eine Firma bedeuten. Ein Schnelltest, der keine besondere Expertise verlangt, könne hier Abhilfe schaffen, hofft Rudy.
Das BMBF fördert Spitzenforschung kleiner und mittlerer Unternehmen in verschiedenen Zukunftsbereichen im Rahmen der Fördermaßnahme KMU-innovativ.
Die Crux mit der Kreuzreaktivität
Weil Api g1 relativ ungefährlichen Allergenen anderer Gemüsepflanzen sehr ähnelt, ist das größte Problem die Feinkalibrierung der Spezifität des Tests. „Die Homologie von Apg1 zum Allergen der Karotte, dem Dau C1 Protein, beträgt über 80 Prozent“ erklärt Rudy. Aufgrund dieser Ähnlichkeit kann es zur sogenannten Kreuzreaktivität kommen: Der Test kann zwischen Karotte und Sellerie nicht unterscheiden und liefert falsche Ergebnisse.
„Es gibt in der Protein-Sequenz aber Bereiche die sich minimal unterscheiden. Diese picken wir uns heraus und synthetisieren nach ihrem Vorbild Peptide“, erläutert der Immunologe die Vorgehensweise der Forscher. Die künstlich hergestellten Mini-Peptide werden anschließend Kanninchen injiziert, deren Immunsystem entsprechende Antikörper bildet. Diese Antikörper sollen – so die Hoffnung der Forscher - ausschließlich die Bindungsstellen von Apg1 erkennen. Bei einem Schnelltest in Form eines Teststreifens würde diese Bindung beispielsweise Reaktionen auslösen, die einen Farbumschlag bewirken.
Spezifität erhöhen
„Obwohl spezifische Peptide ausgewählt wurden hat es immer noch Kreuzreaktivitäten gegeben“, betont Rudy. Die Spezifität des Tests wollen die Forscher nun erhöhen, indem sie in weiteren Versuchen differenziertere Peptidstücke auswählen um noch spezifischere Antikörper herzustellen. „Man kann das ganze beliebig weiterspinnen. Eines Tages kann möglicherweise der Allergiker selbst seine Lebensmittel testen.“
Das BMBF hat die Entwicklung dieser Differenzierungstechnologie (Projekt „AllergoDiff“) im Rahmen der Förderinitiative KMU-innovativ von Oktober 2009 bis September 2011 mit 220.000 Euro unterstützt. Die Forschung an der Etablierung des Nachweises der beiden Diagnostikspezialisten Micromol und R-Biopharm („AllergoScan“) hat das BMBF ein weiteres Jahr mit 178.000) Euro gefördert. Um zu einem klaren Ergebnis zu kommen, müsse man noch zwei Jahre intensiver Arbeit investieren, so Rudy. Wir haben sehr viel aus der Thematik gelernt: Eine allergen-spezifische Differenzierung für einen Sellerie-Nachweis ist grundsätzlich möglich. Die Methode ist nur noch nicht so ausgereift, um sie zu kommerzialisieren“, fasst Rudy zusammen.