Von Güllestrom und Verpackungen
Der kompakte Medienrückblick: +++ Neue Dünger aus Gülle +++ Unternehmen als Insektenschützer +++ Leitlinie für Verpackungsoptimierung +++ Nachhaltiges Palmöl kaum gefragt
Landwirtschaft – Gülle ist nützlich, denn sie enthält viele Nährstoffe. Doch vielerorts sind Gewässer mit Nitraten belastet, die aus der Gülle kommen. Deutschland hat seine Regeln zum Ausbringen der tierischen Exkremente zwar verschärft. Doch der EU-Kommission greifen die Maßnahmen zu kurz: Sie droht Deutschland mit Strafzahlungen. Christiane Grefe berichtet in der Wochenzeitung Die Zeit von einer Modellanlage im westlichen Münsterland, die aus Gülle „Gold“ machen will. In Velten nahe Münster geht dieser Tage eine Modellanlage des Unternehmen NDM Naturwertstoffe in Betrieb. Statt Überschussgülle per Lastwagen durch das Land zu karren, können Landwirte aus dem Landkreis Borken ihre tierischen Hinderlassenschaften in Velten abliefern. Hier wird aus Gülle nicht nur Strom zum Betreiben der Anlage gewonnen. Alle Nährstoffe, ob Stickstoff, Phosphor oder Kalium, werden selektiert, aufbereitet und sind danach wieder nutzbar – entweder als Düngemittel oder zur Herstellung neuer Materialien. Das alles, so Doris Nienhaus, die Geschäftsführerin des Unternehmens, könne die Existenz der Landwirte sichern und gewährleisten, dass eine „viehintensive Region wie der Kreis Borken umweltfreundlich zu Weltmarktpreisen Nahrungsmittel produziert“.
Nachhaltigkeit – Die 2017 veröffentlichte „Krefelder Studie“ hat das Thema Insektensterben in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Vielerorts, vor allem in Großstädten, entstehen auf Dächern und Balkonen Bienenstöcke, um dem Artenschwund entgegenzuwirken. Neben zahlreichen privaten Hobbyimkern folgen zunehmend auch Unternehmen diesem Trend, wie Jan Klauth in der Tageszeitung Welt berichtet. So hat Vattenfall in Berlin eine Schmuddelecke vor dem Firmengelände mit Hochbeeten und Blumenkübeln in ein Biotop für 60.000 Insekten verwandelt, und auf den Dächern der Hauptverwaltungen von BMW und Berliner Sparkasse wird seit Kurzem Honig produziert. Doch Honigbienenhaltung habe wenig mit Insektenschutz zu tun, sagt Johannes Steidle von der Universität Hohenheim. Mit „Honig aus dem eigenen Betrieb“ werde eher „Greenwashing“ betrieben. Das Problem könne nur in der Fläche mit Hilfe der Politik gelöst werden, argumentiert der Tierökologe. Er verweist auf zahlreiche andere Insekten wie Schmetterlinge und Wildbienenarten, die für die Umwelt ebenso überlebenswichtig seien. Dem Wohl aller Insekten hat sich beispielsweise der Handelskonzern Rewe verschrieben. Er will dafür gemeinsam mit dem Naturschutzbund NABU auf 16 Hektar Ackerrandstreifen, Blumenwiesen und Hecken pflanzen, um Insekten eine Heimat zu bieten.
Verpackungsindustrie – Mehr als 19 Millionen Tonnen Kunststoff werden in Deutschland jährlich hergestellt, davon wird fast ein Drittel zu Verpackungen verarbeitet. Wie stark Politik und Gesellschaft die Hersteller von Plastikverpackungen unter Druck setzt, zeigen Janis Beenen, Michael Kläsgen und Vivien Timmler in der Süddeutschen Zeitung. Einen ersten Schritt hat die Bundesregierung mit dem neuen Verpackungsgesetz getan. Danach müssen „theoretisch“ alle Firmen, die Verpackungen in Umlauf bringen, sich nicht nur in ein Register eintragen lassen, sondern auch mehr zahlen, wenn es sich um Produkte aus Neu-Plastik oder schlecht recycelbare handelt. Nun hat die Herstellerlobby, die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen, einen eigenen Leitfaden herausgebracht, um das Verpackungsdesign zu optimieren. Der Entwurf richtet sich nicht nur an die Verpackungsexperten, sondern auch an Manager. Der Leitfaden gibt vor allem einen Überblick über den Einsatz von Recyclingmaterial und -fähigkeit und zeigt, wie bessere Verpackungen auf den Markt kommen können. Die Verwendung nachwachsender Rohstoffe zur Kunststoffherstellung oder der Aspekt der Vermeidung wird darin allerdings nicht aufgegriffen. An dem Entwurf haben neben dem Waschmittelhersteller Henkel, der Grüne Punkt und Verbraucherzentralen mitgewirkt.
Landwirtschaft – Palmöl wird von der Industrie wegen seiner speziellen Eigenschaften geschätzt und ist daher in vielen Produkten – vor allem in Lebensmitteln, aber auch im Biodiesel enthalten. Umweltschützer kritisieren, dass Palmöl vor allem in sensiblen Gegenden wie im Regenwald angebaut wird, wo der Schaden besonders hoch ist. Ihre Forderung: ausschließlich nachhaltig produziertes Palmöl einsetzen. Für Biodiesel hat die EU ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Dieser politische Druck zeigt nun Wirkung, wie Philip Banse in der Deutschlandfunk-Sendung „Umwelt und Verbraucher“ berichtet. Marktanalysten zufolge sind große Palmölproduzenten bestrebt, ihr Image aufzupolieren. Deswegen sind einige der Firmen dem „Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl“ beigetreten. Die Vereinigung, die sich aus Umweltschützern und Industrievertretern zusammensetzt, hat Standards entwickelt, wie Palmöl angebaut werden kann, ohne Mensch und Natur zu schädigen. Das Problem: Es gibt kaum Nachfrage nach nachhaltigem Palmöl. Erich Dümlin, Mitglied des Runden Tisches, verlangt daher, der Staat müsse Vorgaben machen und auch für Nahrungsmittel nur nachhaltig produziertes Palmöl zulassen. Für den Fall, dass nachhaltiges Palmöl tatsächlich aus Biodiesel verbannt wird, hat Indonesien angekündigt, als eines der Hauptanbauländer die EU zu verklagen.