Von Quallenchips und Klima-Asphalt
Der kompakte Medienrückblick: Klimafreundlicher Straßenbelag +++ Bakterium erzeugt Biokunststoff +++ Vorsicht beim Waldumbau +++ Wie die Zukunft schmeckt
Bauwesen – Die Versiegelung der Böden wird in Großstädten immer öfter zum Problem: Im Sommer staut sich die Hitze, weil der Asphalt Wärme abgibt, und wenn es regnet, stehen Straßen oft unter Wasser, weil die Kanalisation überläuft. Berlin hat sich den Ruf „als Insel stark erhöhter Abflüsse“ erworben, weil auf Grund der zunehmenden Versiegelung immer mehr Wasser abfließt, aber weniger verdunstet. Doch es geht auch anders. Jakob Maurer stellt in der Frankfurter Rundschau ein Straßenbauunternehmen aus Offenbach vor, das einen durchlässigen Asphalt entwickelt, um der Versiegelung der Böden und der daraus folgenden Überhitzung der Städte entgegenzuwirken. Die Deckschicht besteht nicht aus dem erdölbasierten Klebemittel Bitumen, sondern aus Kunstharz, das kalt gemischt wird und die Körner der Deckschicht nicht zu einer klobigen Masse formt, sondern nur an den Kontaktpunkten verklebt. Der so genannte Klimaphalt saugt das Regenwasser daher buchstäblich auf. 150 Liter pro Quadratmeter könnte er versickern lassen, 80 Liter speichern. Das gespeicherte Wasser soll wiederum unter Sonneneinstrahlung verdunsten und so zur Abkühlung der Umgebung beitragen. Der neue Asphalt wird gegenwärtig auf einer Versuchsstrecke getestet.
Biotechnologie – Plastik ist ein langlebiges Material. Einmal in der Umwelt, wird es jedoch zu Mikroplastik, das alle Bereiche des Lebens schädigen kann. Susanne Henn stellt in SWR Wissen ein Forscherteam vor, das mit Hilfe von Bakterien Biokunststoffe entwickelt. Die Forschenden nutzen hierfür das Potenzial von Cyanobakterien – ein Bakterium, das von Natur aus den Biokunststoff Polyhydroxybutyrat (PHB) herstellt. Durch die Veränderung des Stoffwechselweges der Gattung Synechocystis gelang es, dass die Bakterien den Naturstoff PHB in so großen Mengen produzieren, dass eine industrielle Nutzung möglich ist. Das Ergebnis: Aus einem Kilo so gezüchteter Bakterienmasse ließen sich 800 Gramm Kunststoff herauslösen. Der aus Bakterien gewonnene Biokunststoff könnte erdölbasierte Kunststoffe ersetzen. Vor allem für "kurzlebige" Verpackungen etwa im Lebensmittelbereich wäre das nachhaltige Material geeignet.
Forstwirtschaft – Hitzewellen, Stürme und Borkenkäferbefall haben den Bäumen hierzulande stark zugesetzt. Experten setzen daher auf exotische Gehölze, um den Baumbestand langfristig zu sichern. 1,5 Mio. Euro will die Bundesregierung in den Waldumbau investieren. Doch was bringt er? Dieser Frage geht Dirk Asendorpf in der Zeit nach. Fakt ist: Mensch und Umwelt stellen hohe Anforderungen an den Wald, denn er ist Rohstofflieferant und Erholungsgebiet zugleich. Wie der Wald der Zukunft aussehen soll, darüber streiten jedoch die Experten. Zedern aus der Türkei oder Douglasien aus Nordamerika stehen als Alternative für Kiefern und Fichten im Visier, deren Bestand in Folge der Trockenjahre stark beschädigt ist. Doch beim Waldumbau ist Vorsicht geboten: Denn auch die Douglasie hat in den vergangenen Jahren unter der Hitze gelitten. Und selbst Buchenbestände, die stets als besonders robust galten, zeigen laut der jüngsten Waldzustandserhebung deutliche Schäden. Statt weiter zu experimentieren, raten Experten zu einem guten Waldmanagment. Ein erster Schritt könnte ein Mortalitätsatlas sein, in dem systematisch erfasst wird, an welchen Standorten welche Baumarten kränkeln.
Ernährung – Die Weltbevölkerung wächst rasant und damit der Druck auf die Lebensmittelversorgung. Im Projekt „food4future“ wollen Forschende der Freien Universität Berlin mit neun Verbundpartnern nun erkunden, wie zukünftige Generationen mit ausreichend gesunden Lebensmitteln versorgt werden können und welche Technologien dafür notwendig sind, wie Jan Kixmüller im Tagesspiegel berichtet. Das Team um die Berliner Wirtschafts- und Zukunftsforscherin Myriam Preiss konzentriert sich dabei auf Organismen, die von den aktuellen Umweltveränderungen ohnehin profitieren und sich stark vermehren. Dazu gehören Salzpflanzen und Algen, aber auch Heuschrecken und Quallen, die als Proteinquelle dienen können. Preiss ist überzeugt, dass langfristig auch diese Organismen gezüchtet werden müssten, um einen Raubbau zu vermeiden. Die Forschenden arbeiten daher bereits an Komposit-Leichtbau-Werkstoffen und UV-LEDs für Aufzuchtbecken und Terrarien, die auf Hausdächern oder in ungenutzten Räumen wie Tunneln aufgestellt werden könnten. Als Vorbild könnte hier die Aquaponik dienen, wo Kreisläufe geschlossen werden und gleichzeitig Abwässer das Wachstum der Organismen ankurbeln. Ob Quallenchips und Insektenburger als Nahrungsquelle akzeptiert würden, wollen die Forschenden in der Mitmachaktion „Was werden wir in Zukunft essen?“ erfragen. Dass die urbane Landwirtschaft künftig noch stärker wachsen wird, daran haben die Forschenden keinen Zweifel.