Von Weltraum-Gemüse und Stadtevolution
Der kompakte Medienrückblick: Smarte Lösung gegen Hunger +++ Vergessene Pflanzen für die Landwirtschaft +++ Gemüseanbau im Weltall +++ Tierevolution in der Stadt
Digitale Landwirtschaft – Wie soll und kann die wachsende Erdbevölkerung in Zukunft ernährt werden? Dieser Frage geht Christopher Schrader in der Süddeutschen Zeitung nach. Er berichtet über Kyle Davis von der University of Virginia in Charlottesville. Davis hat mithilfe eines Computerprogramms errechnet, dass etwa 825 Millionen Menschen mehr ernährt werden könnten, wenn die Äcker nur optimal genutzt würden. Der Lösungsvorschlag: Bauern sollen ihre Feldfrüchte austauschen, um verfügbare Ressourcen, wie Wasser besser zu nutzen. Der Computer errechnet für jeden Staat individuell den besten Mix aus 14 gängigen Feldfrüchten. Für Deutschland würde das bedeuten: knapp die Hälfte der Weizen- und ein Drittel der Zuckerrübenproduktion sollen durch Mais sowie Kartoffeln oder Steckrüben ersetzt werden. Dadurch könnte die deutsche Landwirtschaft etwa zehn Prozent weniger Wasser verbrauchen. Bei aller Optimierung zieht der Computer eines jedoch nicht in Betracht: regionale Vorlieben. So soll Italien, das Land der Pasta, Weizenprodukte reduzieren und stattdessen Kartoffeln anbauen.
Ernährung der Zukunft – Mais, Reis, Weizen oder Soja: Das sind die vier Hauptpflanzenarten, auf denen die Welternährung fußt. Doch der Klimawandel und ausgedörrte Böden setzen ihnen zu und gefährden die Ernte. Florian Schumann berichtet im Tagesspiegel über eine neue alte Möglichkeit drohenden Ernährungseinbußen aus dem Weg zu gehen: Sayed Azam-Ali, Professor an der Universität Nottingham, will von den insgesamt ca. 7.000 kultivierten Nutzpflanzen einige sogenannte vergessene Pflanzen wieder vermehrt anbauen. Ein Beispiel stellte Azam-Ali auch auf der „Falling Walls“-Konferenz in Berlin vor: Die Bambara-Erdnuss, auch Erderbse genannt. Die Hülsenfrucht wird hauptsächlich in Afrika südlich der Sahara angebaut, fast ausschließlich von Frauen. Das Wissen über die Pflanze war über Jahrhunderte ausschließlich mündlich weitergegeben worden. Laut Azam-Ali ist sie äußerst nahrhaft, lecker und wächst auch in sehr trockenen Gebieten. Nach jahrelanger Forschungsarbeit fand er Wege, sie auch in anderen Gegenden der Welt anzubauen, etwa im Mittelmeerraum. Solche Pflanzen hätten großes Potenzial, die Nahrungsquellen der Zukunft zu werden, und es gebe Tausende von ihnen. Zusammen mit der internationalen Forschungsorganisation „Crops for the Future“ setzt sich Azam-Ali dafür ein, das Wissen über diese vergessenen Gewächse zu vermehren.
Landwirtschaft – Das Universum erforschen: Das ist seit jeher ein großer Traum vieler Menschen und insbesondere vieler Weltraumforscher. Doch eine der vielen Limitierungen für die weitreichende Erforschung des Alls ist die Versorgung der Astronauten. Sie benötigen Wasser, Nahrung und Sauerstoff. Doch die Massen, die nötig wären, um beispielsweise ein sechsköpfiges Team für zwei Jahre zu versorgen sind schlicht zu schwer und zu teuer, um sie auf Reisen ins All auf Vorrat mitzuschicken. Anneke Meyer beleuchtet in einem Deutschlandfunk-Feature für die Sendung „Wissenschaft im Brennpunkt“ von eben diesen Limitierungen und von etlichen Forschungsvorhaben, um diese zu umgehen und Pflanzen im All zu züchten. So werden seit einiger Zeit Grünalgen sowie die Musterpflanze Arabidopsis thaliana an Bord der Raumstationen ISS gezüchtet und ihr Wachstum genauestens untersucht. Außerdem wird versucht, die Stoffkreisläufe zu schließen und so nicht nur Sauerstoff und essbare Biomasse zu produzieren, sondern auch die Bioabfälle der Astronauten möglichst vollständig wiederzuverwerten. Durch so bereitgestelltes frisches Gemüse soll außerdem die Stimmung aufgehellt werden, wenn die Astronauten auf Langzeitmissionen jahrelang ihren Heimatplaneten nicht betreten oder anfassen können. Der erste Salat wurde im Orbit bereits geerntet und verzehrt. Im nächsten Schritt müssen die Kreisläufe noch stabilisiert und optimiert werden, um ein autarkes Raumschiff und somit mehrjährige Raumfahrten zu ermöglichen.
Biodiversität – Die Urbanisierung der Landschaften verändert den Lebensraum vieler Tiere. Über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg haben sich diese wiederum oftmals den neuen Gegebenheiten angepasst. Die WirtschaftsWoche Online berichtet von Forschern aus Kanada und den USA, die zu dem Thema 192 Einzelstudien gesichtet haben und im Fachjournal „Science“ viele Beispiele darstellen: So hat sich beim Birkenspanner quasi parallel zur industriellen Revolution im frühen 19. Jahrhundert und der damit einhergehenden erhöhten Rußbelastung in der Luft eine Mutation durchgesetzt, wodurch die Flügel der Falter schwarz statt weiß gefärbt waren. Ihr verändertes Aussehen ermöglichte eine bessere Tarnung auf rußgeschwärzten Baumstämmen. Ähnliches spielte sich auch bei den Kammanolis-Eidechsen in den Städten Puerto Ricos ab: Sie passten sich an das Leben auf künstlichen Oberflächen an, indem sie längere Gliedmaßen und mehr Zehenlamellen entwickelten als ihre Artgenossen auf dem Land. Laut den Autoren der Studie, Johnson und Munshi-South, könnte ein besseres Verständnis der Tier-Evolution in der Stadt auch Menschen helfen beispielsweise die Entwicklung von Schädlingen wie Bettwanzen und Kakerlaken besser zu verstehen. Und auch, um die Städte der Zukunft nachhaltiger zu gestalten – zum Beispiel mit vernetzten Grünflächen.