Sie sind mannshoch, leuchtend gelb und sie wenden sich der Sonne zu. Sonnenblumen sollen in Zukunft verstärkt als Energiequelle genutzt werden. Im Rahmen des Projekts „Sunrise“ untersuchen Forscher von der Universität Hohenheim, mit welchen züchterischen Kniffen die Pflanze gesund bleibt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die auf drei Jahre angelegten Forschungsverbund an der Landessaatzuchtanstalt mit knapp 254.000 Euro. Beteiligt sind neben der Uni Hohenheim die Technische Universität München, die KWS Saat AG in Einbeck und die Trait Genetics GmbH in Gatersleben.
Von den deutschen Feldern ist die Sonnenblume so gut wie verschwunden. Nur noch wenige Landwirte bauen die leuchtend gelbe Pflanze an. Der Grund: Die Sonnenblume neigt zu Krankheiten und bringt deshalb keine zuverlässigen Erträge. Doch die Nachfrage an Pflanzenölen und Biodiesel steigt weltweit. Damit keine Versorgungslücke entsteht, müssen neue Rohstoffe effizienter nutzbar gemacht werden. Deshalb will der Zuchtforscher Volker Hahn von der Landeszuchtanstalt an der Universität Hohenheim krankheitsresistente Sorten züchten – und der Sonnenblume zu einem Comeback als Ölpflanze verhelfen.
Während in Amerika und Asien Soja- und Palmöl zur Erzeugung von Biodiesel verwendet werden, ist in Europa der Raps die wichtigste Ölpflanze. Doch die Sonnenblume holt auf: Bereits zehn Prozent des in Europa erzeugten Biodiesels bestehen aus Sonnenblumenöl (Sonnenblumenöl-Methylester). „Im Moment werden nur so viele Pflanzenöle erzeugt, dass das Angebot gerade noch der Nachfrage begegnet. Weil die Nachfrage aber jährlich steigt, müsste die Produktion jedes Jahr um 1,5 Prozent wachsen. Dafür brauchen wir die Sonnenblume“, sagt Volker Hahn von der Landessaatzuchtanstalt an der Universität Hohenheim. Großer Vorteil der gelben Ölpflanze: Sie ist wärmeliebend und deshalb den Herausforderungen des Klimawandels gewachsen.
Per Gen-Check Krankheitsanfälligkeiten aufdecken
Auf den Feldern der Versuchsstation Eckartsweier in der Nähe von Kehl hat Volker Hahn Sonnenblumen gepflanzt. „Ich infiziere alle mit einer Krankheit und sehe dann, welche Pflanzen daran erkranken und welche nicht“, erklärt der Züchter. Anschließend nimmt er Proben der Zuchtpflanzen mit ins Labor.
Dort isoliert er die DNA der einzelnen Pflanzen und kann anhand markanter Stellen in der Erbsubstanz eingrenzen, auf welchem Abschnitt das betroffene Gen sitzt. „Wenn wir wissen, welcher DNA-Abschnitt eine Sonnenblume krankheitsanfällig oder resistent macht, können wir die Züchtung gesunder Pflanzen wesentlich erleichtern“, sagt der Forscher. Für die Auswertung der Felddaten helfen ihm mehrere statistische Softwareverfahren, die teilweise an der Universität Hohenheim entwickelt wurden.
Sind die markanten Stellen in der Erbsubstanz einmal identifiziert, kann der Wissenschaftler mit dieser Erkenntnis auf zwei Arten umgehen: Eine Möglichkeit ist diejenigen Pflanzen, die keine anfälligen Gene besitzen, miteinander zu kreuzen und so krankheitsresistente Nachkommen zu züchten.
Gesunde Nachfahren durch Befruchtungstrick
Doch neben der Auswahl nach dem Gen-Check gibt es eine zweite Möglichkeit: Reinerbig gesunde Sonnenblumen könnten theoretisch auch durch einen Trick bei der Befruchtung erzeugt werden. „Statt zwei gesunde Pflanzen zu kreuzen, können wir Pflanzen züchten, die allein aus der DNA einer gesunden Mutterpflanze bestehen. Möglich ist das, wenn der Samen der Vaterpflanze die Teilung der Mutter-DNA zwar in Gang setzt, sich aber in der Eizelle gar nicht einnisten kann“, erklärt Volker Hahn. Diese pflanzen werden Doppelhaploide genannt. Beim Mais wird dieser Trick schon lange angewandt, bei der Sonnenblume funktionierte er bisher nicht.
Das will Volker Hahn mit diesen beiden Strategien ändern. Für ihn steht fest: „Am schnellsten kommen wir mit einer Kombination aus Selektion und Doppelhaploiden zu krankheitsresistenten Sonnenblumen."
Autorin: Fabienne Hurst