ZeBiCa2: Kalkpartikel aus Kieselalgen kontrolliert formen

ZeBiCa2: Kalkpartikel aus Kieselalgen kontrolliert formen

Verbundmaterialien aus komplex aufgebauten Biomineralen und organischen Molekülen versprechen vielfältige Anwendungen in Medizin, Lebensmittelbranche und Industrie. Bislang werden weitgehend "ungeformte" Partikel durch Ausfällen oder Vermahlen von Mineralien oder aus Lagerstätten von Kieselalgen gewonnen. In dem Kooperationsprojekt ZeBiCa2 geht es erstmals darum, biotechnologische Produktionsverfahren zu entwickeln, um die Mineralisierung hochkomplexer dreidimensionaler Kalkstrukturen durch die Meeresalge Emiliania huxleyi biotechnologisch zu steuern und industriell zu nutzen.

Kieselalge
Kieselalgen stellen Kalkblättchen her, die für die Bauindustrie als Zusatzstoffe sehr interessant sind.

"Das Anwendungspotential ist groß", sagt Projektkoordinator Clemens Posten vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). "Die von der Alge produzierten Kalkblättchen oder Coccolithen lassen sich etwa als Bestandteil von biokompatiblen Hüllen zum Transport von Arzneimitteln im Körper nutzen. Sie können als Füll- oder Zuschlagstoff in der Lebensmittel-, Farbstoff- und Papierindustrie oder in selbstheilendem Zement in der Baubranche eingesetzt werden." In dem über drei Jahre laufenden Kooperationsprojekt verfolgen die fünf beteiligten Forschergruppen verschiedene Ziele. "Ein erster Meilenstein ist die Herstellung  der Coccolithen in ganzen Zellen von Emiliania huxleyi", erklärt Posten. Im Labor sei dies mit gentechnisch optimierten Algen bereits gelungen. Jetzt gilt es zu bestätigen, dass dies auch großtechnisch möglich ist - laut Posten eine Weltpremiere. Nach Aufarbeitung und Analyse sollen die Produkte potenziellen Interessenten zwecks Weiterentwicklung präsentiert werden.

Parallel dazu wollen die Projektpartner einen optimierten zellfreien Produktionsprozess entwickeln. "Die Zelle ist eine Fabrik, in der schon alle erforderlichen Vorgänge vorhanden sind, um Coccolithen mit definierter Struktur zu bilden", erklärt Posten. Um die zellfreie Produktion zu ermöglichen, sollen die Eiweiße und anderen Biomoleküle, die für die Herstellung der Coccolithen erforderlich sind, isoliert und ihr Zusammenspiel so optimiert werden, dass eine effektivere Produktion möglich wird. Algenspezialisten um Olaf Kruse von der Universität Bielefeld werden dazu den Stoffwechsel der Alge biochemisch charakterisieren. Die in der Coccolithen-Forschung führende AWI-Algengruppe um Björn Rost und Silke Thoms bringt ihre genetische Expertise ein. Oliver Sadowny von der Universität Stuttgart wird das gesammelte Wissen in Modelle gießen, und das KIT wird den Prozess und die Produktaufarbeitung entwickeln. Von Anwenderseite her wirken verschiedene Firmen von der Partikeltechnik bis zur Bauindustrie an dem Projekt mit. (tg)