Von Sojabuletten und stubenreinen Kühen
Der kompakte Medienrückblick: Mehr Fleischersatz-Produkte produziert +++ Futterstelle für Baumwurzeln +++ Klimasiegel für Lebensmittel +++ Kühe trainieren Toilettengang
Ernährung – Noch nie wurde so wenig Fleisch gegessen wie 2020. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch lag im vergangenen Jahr bei 57,3 Kilogramm. 1989 waren es noch 65 Kilogramm. Laut dem Ernährungsreport des Landwirtschaftsministeriums ist nicht nur die Zahl der Vegetarier in Deutschland gestiegen. Auch die Anzahl der Veganer und Flexitarier legte deutlich zu. Für eine gesunde und umweltfreundliche Ernährung müssten jedoch 80% weniger Fleisch- und Milchprodukte gegessen werden. Für Fleischersatz-Produkte ist daher ein Markt entstanden, in dem sehr viel Geld verdient werden kann, wie Mathias von Lieben im Deutschlandfunk berichtet. Die Produktion von alternativen Lebensmittel wie Tofu-Schnitzel, Seitan-Hackfleisch oder Linsen-Bratlinge legte 2020 um 40% zu. Die steigende Nachfrage treibt auch Forschende an, immer neue Produkte zu entwickeln. Im Fokus stehen Quinoa, Lupinen oder Ackerbohnen als Zutaten für den Fleischersatz. Auch wenn sich das Bewusstsein der Verbraucher ändert: Noch sind Fleischersatz-Produkte eine Nische, und zu viele pflanzliche Proteine landen in der Tiernahrung. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Europa-Parlament, fordert daher einen Systemwechsel. Der Politiker spricht sich für eine Anpassung der Mehrwertsteuersätze aus. So würden konventionell erzeugte Fleischprodukte teurer und ökologische Produkte billiger und für jedermann erschwinglicher werden.
Forstwirtschaft – Bis zu 12% der Waldfläche sind durch Hitze und Dürre in den vergangenen Jahren abgestorben. Doch auch die Bäume in Städten, Parks und Hausgärten haben vielerorts gelitten. Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wollen mit der „Splittzylinder-Technik“ dieses Problem lösen, wie Joachim Wille in der Frankfurter Rundschau schreibt. Das Prinzip: Baumwurzeln zieht es grundsätzlich dorthin, wo es feucht ist. Daher wird neben dem Baum ein 20 bis 30 cm großes Loch so weit in den Boden getrieben, dass es die trockene Erdschicht durchbricht. In die Öffnung kommt dann eine Mischung aus grobem Splitt und Terra preta. Sie soll den Baumwurzeln als sogenannte Zutrittspforte für Wasser und Dünger dienen. Die Baumwurzeln werden von der gut durchlüfteten Splittsäule dann in tiefere, feuchtere Bodenschichten gelockt, wo sie den Baum auch bei Trockenstress weiter versorgen können. Den Forschenden zufolge ist der Splittzylinder für Bäume Futterstelle und Wurzeltauchstation in einem und bietet damit Hilfe zur Selbsthilfe, so dass regelmäßiges Bewässern entfällt.
Lebensmittelindustrie – Der im vergangenen Jahr eingeführte Nutri-Score soll Verbrauchern helfen, sich gesünder zu ernähren. Auf einer Skala von einem grünen A bis zu einem roten E wird angezeigt, wie es um den Nährwert der Lebensmittel steht, ob beispielsweise Zucker und ungesunde Fette enthalten sind. Wie klimaschädlich ein Produkt ist, wie viel CO2 oder anderes Treibhausgas (CO2e) beispielsweise bei der Herstellung entsteht, dafür gibt es hierzulande noch kein einheitliches Label. Vier Lebensmittelunternehmen wollen das nun ändern. Wie Cordula Eubel, Heike Jahberg und Timo Brücken im Tagesspiegel berichten, haben Oatly, Frosta, Mymuesli und Nestlé Deutschland die Initiative „Together for Carbon Labelling“ gegründet, um einen gemeinsamen Standard zur CO2e-Kennzeichnung von Lebensmitteln zu entwickeln. Das Ziel: Kaufentscheidungen für umweltbewusste Konsumenten und Konsumentinnen zu vereinfachen und Unternehmen zu unterstützen, ihren CO2e-Verbrauch zu identifizieren und zu reduzieren. Die neu gegründete Initiative hofft, dass sich weitere Unternehmen anschließen. Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) hat dem Landwirtschaftsministerium bereits im vergangenen Jahr in einem Gutachten ein Klimasiegel für Lebensmittel vorgeschlagen. Bisher ist nichts geschehen.
Landwirtschaft – Die Tierhaltung ist für einen Großteil der landwirtschaftlichen CO2-Emissionen verantwortlich. Um die Umweltbelastung in der Rinderhaltung zu reduzieren, haben Forschende aus Deutschland und Neuseeland Kühe dazu erzogen, stubenrein zu werden, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet. In dem Projekt wurden 16 Kälber mit Hilfe von Futterbelohnungen erfolgreich darauf trainiert, in einen Latrinenstall zu urinieren. Was wie ein Witz klingt, ist durchaus sinnvoll: Denn Urinausscheidungen von Kühen setzen das als Lachgas bekannte Treibhausgas Distickstoffmonoxid frei, das große Mengen Nitrat enthält und sich im Boden und in Gewässern ablagert. Nur 10% oder 20% davon aufzufangen, würden den Forschenden zufolge den Ausstoß von Treibhausgasen und die Nitratauswaschung erheblich reduzieren. Die Herausforderung besteht nun darin, auch große Herden zu trainieren.