Von Palmöl und Hefesprit
Der kompakte Medienrückblick: +++ Umstrittener Biodiesel aus Palmöl +++ Zulassung von Gentechnik-Mais +++ Biosprit aus Turbo-Hefe +++ Kinofilm zur modernen Landwirtschaft +++
Bioenergie – Weltweit werden jährlich etwa 60 Millionen Tonnen Palmöl angebaut – oftmals erst nach der Abrodung und dem Abbrennen riesiger Regenwaldgebiete. Palmöl dominiert in vielen Branchen, von der Schokolade bis zur Kosmetik und dem Biodiesel fast überall enthalten. Fast die Hälfte des in der EU verbrauchten Palmöls wird für Biokraftstoffe verwendet, aber wie die TV-Sendung mdr aktuell könnte das Öl zumindest in europäischem Biodiesel bald verboten sein. Denn der Umweltschaden durch den Anbau von Palmöl ist höher als sein ökologischer Nutzen als Biokraftstoff. Das EU-Parlament strebt deshalb eine einheitliche Palmöl-Zertifizierung für den nachweislich ökologischen Anbau an, und will Palmöl gänzlich aus dem Biodiesel verbannen. Das EU-Parlament stimmt dieser Tage über die Verwendung und zukünftige Zulassung von Palmöl ab. Anschließend muss die EU-Kommission entsprechend neue Regelungen und Gesetze erarbeiten. Für die Nahrungsmittel-Industrie ist Palmöl vor allem deshalb interessant, weil es günstiger ist als andere Pflanzenfette. Sein hoher Schmelzpunkt hält es außerdem bei Raumtemperatur geschmeidig und gleichzeitig fest. Und auch große Pharmaunternehmen wie Johnson-Johnson oder der Zahnpasta-Hersteller Colgate-Palmolive verwenden das Öl häufig trotz fraglicher Herkunft.
Grüne Gentechnik – Eine Abstimmung zur Zulassung von drei gentechnisch veränderten Pflanzensorten hat Ende März im EU-Berufungsausschuss, in dem alle 28 Mitgliedsländer vertreten sind, zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt. Nun muss die EU-Kommission über die Zulassung entscheiden. Wie Zeit Online berichtet, fordert der Generalanwalt am EU-Gerichtshof, dass Länder den Anbau von gentechnisch verändertem Mais in Zukunft nur verbieten dürfen, wenn ein ernstes Risiko für die Umwelt besteht. In der EU zum Anbau zugelassener Gentechnik-Mais sollte nach Ansicht des Generalanwaltm nur noch unter besonderen Voraussetzungen von Mitgliedsstaaten verboten werden. Ein solches Urteil steht zwar noch aus, doch in den meisten Fällen folgt das Gericht den Empfehlungen des Generalanwalts. Prinzipiell ist für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen die Zulassung auf EU-Ebene notwendig. Die Mitgliedsstaaten können dies dann mittels „Opt-Out-Verfahren“ verbieten oder einschränken. Hierzulande pflanzen Landwirte wegen eines nationalen Anbauverbots gentechnisch veränderte Organismen (GVO) nicht kommerziell an, und auch Wissenschaftler haben seit Jahren keine Freilandversuche mit GVOs unternommen. Derzeit wird debattiert, wie das "Opt-out"-Verfahren im Gentechnikgesetz umgesetzt werden soll.
Bioenergie – Während bei Biokraftstoffen der ersten Generation oft Bioethanol aus den essbaren Ackerfrüchten hergestellt wird, setzen Hersteller von Biokraftstoffen der zweiten Generation auf Agrarreststoffe als Rohstoff. Vor einigen Jahren sorgte der Frankfurter Biotechnologe Eckard Boles für Aufsehen mit gentechnisch veränderten Hefen, die sowohl die Pflanzenzucker Glucose und Xylose besonders effizient zu Ethanol vergären können. Hörfunk-Autor Frank Grotelüschen hat Boles für die Deutschlandfunk-Sendung „Forschung aktuell“ besucht, um zu erfahren, was aus der "tollen Idee" geworden ist. Für die Frankfurter Forscher lief es durchaus erfolgreich: Boles gründete eine Firma namens Butalco und entwickelte die Technologie weiter. 2014 wurde Butalco an Lesaffre aus Frankreich verkauft, den weltweit größten Hefeproduzenten. Allerdings macht den Biotechnologen der niedrige Ölpreis zu schaffen, im Vergleich ist ihr Verfahren zu teuer, um auf dem Markt konkurrieren zu können. Boles forscht unterdessen an der dritten Generation der Biokraftstoffe, höherwertige Alkohole wie Butanol oder Oktanol.
Landwirtschaft – Wir alle leben von ihrer Arbeit, doch kaum einer wagt den Blick hinter die Kulissen der großen und modernen Agrarbetriebe. Im Tagesspiegel stellt Gunda Bartels einen neuen Kinofilm des österreichischen Dokumentarfilmers Robert Schabus vor, der zur Zeit in den deutschen Kinos läuft. Der Film „Bauer unser“ zeige ein komplexes Bild der Agrarindustrie, und hinterfragt ihre weitreichenden Abhängigkeiten. Der Film beleuchtet die Widersprüche diese Berufsstandes – zum einen versorgen sie den Verbraucher wortwörtlich mit dem täglichen Brot, zum anderen erwirtschaften Hightech-Bauernhöfe mit 130 Kühen in Zeiten der Milchkrise Verluste, da ein Liter Wasser bald mehr kostet als ein Liter Milch. Der Film zeigt außerdem die „schmerzhafte Entfremdung zwischen Mensch und Natur“ in den industriellen Großbetrieben auf. In seinem Film hat Schabus mit vielen Akteuren gesprochen – vom Molkereichef bis zum Agrarpolitiker, aber auch sowohl mit konventionell als auch ökologisch wirtschaftenden Bauern. Dadurch zeichnet er ein komplexes Bild der landwirtschaftlichen Industrie.