Von Laborsteaks und Zecken-Zement
Der kompakte Medienrückblick: +++ Investoren setzen auf In-vitro-Fleisch +++ Glyphosat im Bier +++ Bionik: Lernen von Muschel und Zecke +++ Kaffeesatz als alternative Energiequelle
Ernährung der Zukunft – Wie kann man die steigende Weltbevölkerung ernähren und das ethische Dilemma der Massentierhaltung umgehen? Mit Steaks aus der Petrischale. Stefan Sauer berichtet für die Frankfurter Rundschau von dem kalifornischen Unternehmen Memphis Meats, welches mittels Zellteilung in einer Nährlösung „clean meat“ herstellen möchte. Dieses soll also nicht von lebendigen Tieren stammen, sondern aus einer Zellkultur. Unter den richtigen Bedingungen könne so aus einer Hühnerbrustzelle ein Stück Hühnerbrustfleisch gezogen werden. Beeindruckend sind neben dem Vorhaben selber auch die namhaften Anleger und Investoren wie Bill Gates, Virgin-Records-Gründer Richard Branson und viele mehr, die insgesamt bereits 22 Mio. US-Dollar Startkapital bereitgestellt haben. Allerdings, auch wenn die Anleger in den USA und Großbritannien überzeugt sind, und die ethischen Vorteile auf der Hand zu liegen scheinen – in Europa und vor allem in Deutschland ist die Akzeptanz für solche künstlich erzeugten Nahrungsmittel noch äußerst gering.
Landwirtschaft – Schon vor ein paar Monaten wurde gemeldet, dass in einigen deutschen Biersorten teilweise extrem hohe Glyphosatwerte gemessen wurden. Glyphosat ist ein Pflanzenschutzmittel, das in der Landwirtschaft eingesetzt wird und im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Jetzt gibt es einen neue Studie, laut der der Glyphosatgehalt in den Bieren zwar gesunken aber noch immer nicht verschwunden sei. Dagny Lüdemann hat für Zeit Online beide Glyphosatmessungen in den deutschen Bieren sowie eine mögliche Gefährdung durch das Insektizid eingeordnet. Zum einen sei es laut Forschern bei dem weitverbreiteten Gebrauch nicht überraschend, dass auch Rückstände im Bier zu finden seien. Zum anderen sei der Alkohol im Bier noch immer schädlicher, als die Rückstände des Pflanzengiftes. Desweiteren handele es sich bei den Glyphosatmessungen in den Bieren nicht um weitreichende wissenschaftliche Studien, sondern um Stichproben im Auftrag eines Vereins. Und nach mehreren Prüfungen durch die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation, des Bundesinstitut für Risikobewertung, die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gibt es noch immer kein schlüssiges Ergebnis, wie gesundheitsgefährdend Glyphosat tatsächlich ist.
Bionik – Ob Zecken, Seepocken oder Miesmuscheln: sie alle haben in der Evolution über Millionen von Jahren besondere Klebstoffe entwickelt, die ihnen sogar das Leben retten können. Kerstin Viering berichtet in der Berliner Zeitung von den verschiedensten tierischen Errungenschaften, die nach und nach eine industrielle Anwendung finden. Zecken, beispielsweise, sondern eine Art Biozement ab, mit dem ihre Mundwerkzeuge besonders lange haften bleiben. In Nordamerika produziert der Querzahnmolch einen extrem schnell aushärtenden Sekundenkleber, um angreifenden Schlangen das Maul zu verkleben. Seepocken wiederum verwenden eine Art Zement mit der sie sich unter Wasser fast überall festheften können – eine Eigenschaft die mit industriell gefertigten Klebern noch immer kaum gelingt. Solch biobasierte Klebstoffe sind besonders für die Medizin als Gewebekleber interessant. Und der Zeckenzement ist zudem auch noch sehr hautverträglich. Forscher versuchen nun herauszufinden, woraus genau diese Stoffe bestehen, um sie im Labor nachbauen zu können. Und im Umkehrschluss ermöglichen solche und ähnliche Erkenntnisse auch Entwicklungen, die es den Zecken und Muscheln und vielen andere Tieren wesentlich erschweren, sich an Oberflächen anzuheften.
Bioenergie – Schweizer Wissenschaftler haben in einem Pilotversuch aus Kaffeesatz Methan gewonnen, den Hauptbestandteil von Erdgas. Norbert Lossau berichtet in der Tageszeitung Die Welt von dem Projekt. Hierfür ließen sich die Forscher des PSI-Zentrums in Villingen Kaffeesatz, der bei der Herstellung von löslichem Kaffee anfällt, vom Lebensmittelkonzern Nestlé liefern. Dieser wurde dann in einer Pilotversuchsanlage unter großem Druck erhitzt, bis das im Kaffeesatz enthaltene Wasser in den sogenannten überkritischen Zustand übergeht, in dem es weder flüssig noch gasförmig ist. In diesem Zustand können sich die Mineralien nicht lösen und lassen sich daher leicht abtrennen. Aus dem übrigbleibenden Kaffeesatz konnten die Wissenschaftler mithilfe eines Katalysators das Gas Methan erzeugen. Rund 60% der im Kaffeesatz erhaltenen Energie wurde so in Methangas umgesetzt. Als nächstes wollen die Forscher eine größere Pilotanlage bauen, um die Energiegewinnung auf einen industriellen Maßstab auszuweiten.