Von Biokraftstoffen und Bodenmikroben
Der kompakte Medienrückblick: Frittieröl im Tank +++ Nachholbedarf bei Naturschutzflächen +++ Algen als Klimaretter +++ Böden mit Mikroorganismen impfen
Chemie – Der italienische Konzern Eni baut ein Netzwerk aus Kleinlieferanten auf, um Biokraftstoffe in großem Maßstab herzustellen. Dafür arbeitet das Unternehmen mit Kleinbauern in Kenia zusammen. Wie Christian Schubert in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt, hat das Unternehmen dort bereits einen „Agrihub" errichtet, wo verschiedene Pflanzen zu Öl verarbeitet werden. Für den Anbau der Pflanzen werden Eni zufolge nur degradierte oder aufgegebene Böden genutzt, um keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion zu schaffen. Das in Kenia produzierte Pflanzenöl wird anschließend nach Italien transportiert und dort zu hydriertem Pflanzenöl (HVO) verarbeitet, wo es bereits an einigen Tankstellen für Dieselmotoren angeboten wird. Bis 2025 strebt Eni eine Produktionskapazität von 3 Millionen Tonnen Biokraftstoffen an. Künftig will das Unternehmen auch gebrauchte Frittieröle und tierische Öle nutzen und auch in anderen afrikanischen Ländern ein Lieferantennetzwerk aufbauen. Umweltschützer kritisieren, dass in den von Eni angebotenen Biokraftstoffen auch Palmöl und Soja zum Einsatz kommen.
Biodiversität – Zum Schutz der biologischen Vielfalt will die Europäische Union bis 2030, 30% der Land- und Meeresfläche unter rechtlich bindenden Schutz stellen, wobei 10% als sogenannte strenge Naturschutzgebiete ausgewiesen werden sollen. Nach einer Analyse der Universität Bologna ist Deutschland von diesem Ziel weit entfernt, wie aus einem Bericht in der Zeit hervorgeht. Mit einem Anteil von 0,6% ausgewiesener Schutzflächen belegt Deutschland EU-weit den drittletzten Platz. Nur Belgien und Dänemark schneiden noch schlechter ab. Spitzenreiter ist Luxemburg, wo 36,3% der Fläche als strenge Schutzgebiete ausgewiesen sind. Außer Luxemburg und Schweden hat bisher kein EU-Mitglied die Zehn-Prozent-Marke erreicht. In Deutschland sollen jedoch weitere Gebiete unter Naturschutz gestellt werden, wie beispielsweise das Naturschutz- und Wildnisgebiet Königsbrücker Heide in Sachsen.
Landwirtschaft – Meeresforscher Victor Smetacek ist davon überzeugt, dass Algen der Rohstoff der Zukunft sind. Im Interview mit David Zauner von der Frankfurter Rundschau spricht der Wissenschaftler über das Potenzial und seine Idee für einen großflächigen Algenanbau. Der Experte vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung sieht in Algenplantagen im offenen Ozean die Chance, den Klimawandel stoppen zu können. Diese Plantagen könnten demnach dazu beitragen, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre zu reduzieren und das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Smetacek schlägt vor, vertikale Rohre im Meer aufzustellen, um Nährstoffflüsse zu erzeugen und das Algenwachstum zu fördern. Die geernteten Algen könnten dann zur Herstellung von plastikähnlichem Material verwendet werden, während der Rest auf dem Meeresgrund gelagert wird. Smetacek zufolge gibt es bereits Pilotprojekte, die diese Idee umsetzen. Hier arbeitet der Meeresforscher mit der Firma Seafields zusammen, die seine Idee umsetzt und dafür Sargassum-Algen anbaut.
Forstwirtschaft – Ob lichte Kronen oder absterbende Baume: Der Klimawandel setzt den deutschen Wald unter Druck. Eine Art Impfung von Böden mit Mikroorganismen könnte die Wälder jedoch gegen Trockenheit widerstandsfähiger machen, wie Walter Willems in der Berliner Zeitung schreibt. Insbesondere bestimmte Pilze, wie Mykorrhiza-Pilze, bilden eine Symbiose mit den Wurzeln der Bäume und verbessern damit ihre Fähigkeit, Stresssituationen zu bewältigen. Forschende der University of Wisconsin in Madison fanden heraus, dass Verbindungen mit speziellen Mikrobengruppen entscheidend dazu beitragen können, dass sich Pflanzenpopulationen an extreme Umgebungen anpassen. Anhand von Bodenproben prüfte das Team das Bodenmikrobiom. Diese Bodenproben, samt der darin lebenden Mikrobengemeinschaften übertrugen sie auf Baumsetzlinge, die in diversen Arealen der US-Staaten Illinois und Wisconsin sowohl im Freien als auch unter kontrollierten Bedingungen in Gewächshäusern gezogen wurden. Zu den Bäumen zählten unter anderem diverse Arten von Birken, Eichen, Linden und Ahorn. Über drei Jahre untersuchten sie, wie die aus verschiedenen Klimazonen stammenden Mikroben das Überleben der Bäume unter Stressbedingungen wie Kälte, Wärme und Trockenheit beeinflussten. Das Ergebnis: Bäume überlebten bestimmte Belastungen, wenn sie mit Bodenbewohnern in Kontakt standen, die mit ebendieser Umgebung vertraut waren. Diese Erkenntnisse könnten dazu beitragen, die Anpassungsfähigkeit von Wäldern an den Klimawandel zu verbessern.