Stuttgart, Göttingen, New York, Dresden, Martinsried - das sind einige Stationen in der akademischen Laufbahn von Petra Schwille. Doch die vielleicht faszinierendsten Reisen macht die Direktorin des Max-Planck-Instituts für Biochemie Martinsried innerhalb von Zellen. Ihre Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der hochsensitiven Fluoreszenzspektroskopie haben der Zellbiologie neue und wichtige Impulse gegeben. Petra Schwille gehört heute zu den anerkanntesten und international führenden Wissenschaftlerinnen in ihrem Fachgebiet. Stipendien, Auszeichnungen und Preise, wie beispielsweise der BioFuture-Preis des BMBF oder der Leibniz-Preis der DFG, pflastern den Karriereweg der Biophysikerin. Eines ihrer aktuellen wissenschaftlichen Steckenpferde ist die Synthetische Biologie.
Im Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen hat die Begeisterung für das Wissenschaftsfeld der Spektroskopie angefangen. Hier arbeitete Petra Schwille nach dem Studium der Physik und Philosophie bei Chemie-Nobelpreisträger Manfred Eigen und promovierte an der TU Braunschweig. Nach einer zweijährigen Postdoc-Zeit in Göttingen und an der Cornell University in Ithaca, New York bewarb sich die gebürtige Schwäbin 1999 beim BioFuture-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Mit Erfolg. Und der Weg führte die frischgebackene Nachwuchsgruppenleiterin zurück aus den USA an die alte Wirkungsstätte, dem MPI Göttingen. Mit dem hochdotierten BioFuture-Preis baute Schwille eine eigene Arbeitsgruppe auf und widmete sich intensiv ihrem Forschungsschwerpunkt "Fluoreszenzkorrelationsspektroskopie" (FCS).
Mikroskopische Methode weiterentwickelt
Mit der von Schwille und ihrem Team entwickelten FCS-Methode ist es möglich, Wechselwirkungen von Molekülen in lebenden Zellen nichtinvasiv und live zu verfolgen. Neue und spektakuläre Einblicke in molekulare Vorgänge auf zellulärer Ebene sind so Wirklichkeit geworden. Durch die Kombination der FCS mit der Zweiphotonenanregung ist es der "BioFuture"-Preisträgerin gelungen, auf Einzelmolekülebene vorzudringen, wodurch Mechanismen und Dynamiken biochemischer Prozesse im lebenden Organismus erfasst werden können. Die "BioFuture"-Förderung bot Petra Schwille optimale Bedingungen, um ihre Forschung voranzutreiben und ebnete ihr so den Weg zur Professur. Dem Ruf an die TU Dresden folgte sie und wurde 2002 Professorin für Biophysik. Heute konzentriert sich der Forschungsschwerpunkt von Petra Schwille stärker auf Fragestellungen innerhalb der Zell- und Entwicklungsbiologie sowie auf die Wechselwirkungen zwischen Proteinen und Lipiden in Zellen und artifiziellen Membransystemen. Mit den 2009 publizierten Forschungsergebnissen zur Messung von Proteininteraktionen und Morphogengradienten im lebenden Embryo hat Schwille international für Aufsehen gesorgt.
Die Synthetische Zelle im Fokus
Auch auf nationaler Ebene wird Schwilles Arbeit anerkannt und hoch geschätzt. Mit ihrer Berufung zur Direktorin der Abteilung „Zelluläre und molekulare Biophysik" am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried hat Petra Schwille 2012 die nächste Stufe ihrer akademischen Laufbahn gezündet. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für die 43-Jährige kein Thema, sondern Realität. Die Spitzenforscherin ist Mitte des vergangenen Jahres mit ihrem Mann und drei Kindern in die Nähe von München gezogen und geht seitdem neuen Herausforderungen am Martinsrieder Max-Planck-Institut an. Schwille engagiert sich auch in der vom BMBF gemeinsam mit den Forschungsorganisationen initiierten Initiative "Biotechnologie 2020+". Hier ist die Biophysikerin nicht nur im Koordinierungskreis, einem Gremium aller beteiligten Akteure, aktiv. Mit dem neuen Forschungsnetzwerks "MaxSynBio" koordiniert Schwille einen Verbund, in dem Forscher aus neun verschiedenen Max-Planck-Instituten das Thema "Synthetische Biologie" erforschen werden. Auf dem Weg zu "synthetischen Zellen" wollen die Forscher ab 2014 dabei die molekularen Bausteine und Komponenten erforschen, die zur Konstruktion eines Minimal-Organismus nötig sind.