Von biobasierten Baustoffen und Ökoingenieuren
Der kompakte Medienrückblick: Chitosan als Baustoff +++ Biodiversitätsforschung geht weiter +++ Bodenzerstörung mit Folgen +++ Austern als Ökoingenieure
Biotechnologie – Chitin, nach Cellulose das zweithäufigste Polysaccharid der Welt, ist ein zentraler Bestandteil der Hüllen vieler Insekten wie Käfer und Fliegen. Das Biopolymer dient nicht nur als Ausgangsstoff für die Herstellung von Chitosan, sondern findet auch Anwendung bei der Produktion von Fasern, Schäumen oder Folien. Zunehmend wird es zudem für den Einsatz im Bauwesen erforscht, wie Gabriele Beck in der Süddeutschen Zeitung berichtet. An der Universität Stuttgart arbeiten Wissenschaftler daran, Chitin so zu modifizieren, dass es als Basis für ökologische Verbundmaterialien und Beschichtungen fossile Rohstoffe ersetzen kann. Besonders vielversprechend sind Chitosan-Flachs-Biokomposite, die beispielsweise Sperrholz oder Holzfaserplatten umweltfreundlich ersetzen könnten. Parallel dazu prüfen Forschende in Bayreuth, ob Chitosan in Form eines dünnen Films zur Gebäudekühlung genutzt werden kann, indem es auf reflektierenden Oberflächen Wärme abstrahlt und so Energie für Klimaanlagen einspart. Forschende in Singapur haben außerdem gezeigt, dass sich Chitosan mit Metallpartikeln kombinieren lässt, um biologisch abbaubare Bauteile wie Batterie-Elektroden herzustellen.
Biodiversität – Fruchtfliege, Ackerschmalwand oder das E. coli-Bakterium sind bis ins Detail erforscht und dienen der Wissenschaft seit langem als Modellorganismen. Doch Millionen von Mikroorganismen sind bis heute unbekannt. In den vergangenen sieben Jahren haben Forschende am Loewe-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (TGB) versucht, diese Lücke zu schließen und die genomische Vielfalt für Grundlagenforschung und Anwendungen wie den Artenschutz zu erschließen. So fand das Team heraus, dass das Gift des Bücherskorpions gegen Krankenhauskeime wirkt oder ein fehlendes Gen dem Kolibri ermöglicht, flügelschlagend in der Luft zu stehen. Nun endet das Projekt und wird auf andere Art fortgeführt, wie Thomas Stillbauer in der Frankfurter Rundschau berichtet. Demnach wird die Erschließung der genomischen Artenvielfalt ab 2025 von einem Forschungskonsortium bei der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung im Rahmen des Programms „Anthropocene Biodiversity Loss“ fortgeführt und mit jährlich 1,3 Mio. Euro finanziert.
Landwirtschaft – Boden ist eine kostbare Ressource und sichert uns Menschen das Überleben. Doch Landflächen werden weltweit im großen Stil zerstört. Bereits heute sind nach einem Bericht der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Desertifikation (UNCCD) 40 % der weltweiten Landflächen degradiert, wie Simone Hummel im Tagesspiegel berichtet. Dem UNCCD-Report zufolge ist eine Fläche von 15 Millionen Quadratkilometern davon betroffen. Landdegradation entstehe durch die Ausbeutung von Land und bedeute unter anderem eine Verschlechterung der Nutzbarkeit der Landflächen, der biologischen Vielfalt und der Bodenfruchtbarkeit, schreiben die Forschenden. Als Hauptursachen werden Abholzung und die Ausbreitung der Städte genannt. So ist die Landwirtschaft laut dem Report für 80 % der Abholzung verantwortlich. Die Landnutzung beeinflusst demnach sieben Bereiche. Bei sechs sei die planetare Grenze überschritten, heißt es. Dazu zählen Klimawandel, Artenverlust, Süßwassersysteme, die Freisetzung von Pestiziden und anderen Chemikalien, der Kreislauf von Stickstoff und Phosphor sowie die Umwandlung von Land, etwa von Wald in Ackerfläche. „Wir stehen an einem Abgrund und müssen entscheiden, ob wir zurücktreten und transformative Maßnahmen ergreifen oder ob wir den Weg eines irreversiblen Umweltwandels weitergehen“, sagte der Hauptautor des Berichts, Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Die Folgen des Flächenverlusts sind demnach schon heute sichtbar: Er beeinträchtigt die Ernährungssicherheit, treibt Migration voran und schürt Konflikte.
Fischereiwirtschaft – Austern sind nicht nur kulinarisch beliebt, sondern auch äußerst nahrhaft: Sie enthalten hochwertige Proteine, Vitamine und Mineralstoffe sowie Omega-3-Fettsäuren und sind zudem kalorienarm. Gleichzeitig sind sie „Ökosystem-Ingenieure, die das Meeresgebiet, in dem sie leben, nachhaltig umgestalten“, wie Diemut Klärner in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt. So filtern Austern Mikroalgen und Partikel aus dem Wasser, wodurch sie zur Verbesserung der Wasserqualität beitragen. Sie fördern das Wachstum von Tang und Seegras, da diese bei klarem Wasser mehr Licht für die Photosynthese erhalten. Außerdem bieten Austernriffe zahlreichen Meeresorganismen Schutz und einen Lebensraum. Sie sorgen für einen stabilen Meeresboden und fungieren als natürliche Wellenbrecher, was den Küstenschutz stärkt. Weltweit ist die Pazifische Auster (Magallana gigas) mit einem Anteil von mehr als 90 % die wirtschaftlich wichtigste Austernart. Auch im deutschen Wattenmeer hat sie sich großflächig angesiedelt und das Wattenmeer der Nordsee deutlich verändert. Derzeit untersuchen Kieler Forschende, wie sich die Europäische Auster wieder in der Nordsee ansiedeln lässt.