Von Fleischersatz und Seegraswiesen
Der kompakte Medienrückblick: Fleischersatz aus Biertreber +++ Ostsee mit Seegrasanbau retten +++ Klimawandel beeinflusst Weingeschmack +++ Fischbestände zu optimistisch eingeschätzt
Biotechnologie – Beim Brauen von Bier fallen viele Rückstände an. Beispielsweise entstehen durchschnittlich 20 Kilogramm Treber pro Hektoliter Bier. Diese Reststoffe enthalten wertvolle Substanzen, von denen ein Teil in der Landwirtschaft als Tierfutter genutzt wird, doch das Gros landet im Abfall. Fabian Fritsche, ein junger Brauereimitarbeiter in Appenzell, will das ändern, wie Lilly Indermaur in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet. Er arbeitet mit der Brauerei Locher AG an der Entwicklung von Fleischersatzprodukten aus Bierrückständen, dem sogenannten Treber. Diese Reste sollen nun vollständig verwertet werden. Der ausgebildete Koch und Lebensmitteltechnologe ist seit zwei Jahren Teil des „Brewbee“-Teams, das verschiedene vegane Produkte wie Veggie-Hack und Snacks aus Treber und anderen Biernebenprodukten herstellt. Ein zentraler Schritt ist hier die Verarbeitung des Trebers mit einem Extruder, der aus der nassen Masse die Fleischersatzprodukte formt. Die Produktion wird mit einem Partnerbetrieb durchgeführt, da der eigene Platz und die Ausrüstung in der Brauerei begrenzt sind. Derzeit werden erst 10–20 % des Trebers genutzt, um daraus Fleischersatzprodukte herzustellen. Diesen Anteil will das Team weiter steigern.
Umwelt – Die Ostsee ist der Deutschen liebstes Reiseziel. Doch das Ökosystem ist in Gefahr. In den vergangenen Jahren wurden nicht nur Algen zur Plage, sondern immer öfter auch tote Fische an den Wasserrand gespült. Für Meeresforscher ist das ein deutliches Zeichen, dass der Sauerstoff in der Ostsee knapper wird und die Fische buchstäblich ersticken. Bereits 97 % des Gewässers gelten als mäßig bis stark eutrophiert. Das liegt vor allem an den Nährstoffeinträgen aus Dünger und Gülle aus der Landwirtschaft, schreibt Merlind Theile in der Zeit. Durch den hohen Nährstoffeintrag sind Forschenden zufolge auch 60 % der Seegraswiesen in der Ostsee verloren gegangen. Meeresbiologen vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel wollen nun mit dem gezielten Anbau von Seegras die Ostsee retten. Denn Seegraswiesen speichern mehr Kohlendioxid und produzieren mehr Sauerstoff als Wälder an Land. Sie reinigen das Wasser und sind Lebensraum für viele Arten. Im Kieler Labor wird daran geforscht, welche Pflanzenart im wärmeren Wasser und bei Strömung am besten gedeiht. Erste Erfolge kann das Team bereits melden: am Küstenstreifen der Kieler Bucht, wo die Forschenden Seegras eingepflanzt haben, hat sich die Wasserqualität des Meeres leicht verbessert.
Landwirtschaft – Der Klimawandel stellt die Weinbranche vor große Herausforderungen. Steigende Temperaturen und extreme Wetterereignisse beeinflussen zunehmend den Anbau und den Geschmack des Weins, wie ein Bericht in der Süddeutschen Zeitung zeigt. Studien haben ergeben, dass höhere Temperaturen zu mehr Zucker in den Trauben führen. Dadurch steigt der Alkoholgehalt, aber der Säuregehalt nimmt ab, was zu weniger frischen Fruchtaromen und einer geringeren mikrobiologischen Stabilität führt. Auch Waldbrände können Studien zufolge den Geschmack durch Rauchnoten negativ beeinflussen. Winzer versuchen daher, mit verschiedenen Techniken, wie Blattschnitt und der Auswahl hitzeresistenter Rebsorten, den Geschmack ihrer Weine zu bewahren. An der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau wird erforscht, wie das zukünftige Klima die Anbaugebiete auch hierzulande verändern wird, und auch nach neuen Anbaumethoden für hitzebeständige Rebsorten gesucht. Klimamodelle zeigen, dass in einigen Jahrzehnten in Franken das Klima dem heutigen Klima in Südwestfrankreich ähneln könnte.
Fischereiwirtschaft – Viele Fischbestände sind weltweit überfischt und es könnte noch schlimmer sein als gedacht, wie Sandra Pfister im Deutschlandfunk berichtet. Laut einer Studie australischer Forschender im Fachmagazin Science wurden die Fischbestände in den untersuchten Regionen – darunter Nordamerika, Australien und Europa – zu optimistisch eingeschätzt. Im Gespräch erläutert Rainer Fröse vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, wie es zu den falschen Prognosen kommen konnte und was getan werden muss, um die Bestände nicht weiter zu gefährden. Nach Ansicht von Fröse liegt es an den Berechnungsmodellen, die aufgrund der Vielzahl der Parameter zu optimistischen Vorhersagen tendieren. Gleichzeitig würde die Politik zu hohe Fangquoten ansetzen. Grundsätzlich sei die Vorhersage der Bestände – etwa für das nächste Jahr – schwierig, da noch keine Daten vorliegen. Erst im Nachhinein werde dann deutlich, wie optimistisch die Vorhersagen waren. „Das ist dramatisch und kann auch zum Zusammenbruch einiger Bestände beigetragen haben“, sagt der Experte. Im Rahmen der australischen Studie wurde festgestellt, dass die Überschätzung bei kleinen Beständen besonders groß ist. Nach Ansicht des Kieler Experten tragen die Fischer keine Schuld. Vielmehr müssten Fischereiforschende ihre Bestandsbewertungsmodelle korrigieren. Im Interview spricht sich Fröse für einfachere, aber genauere Modelle aus.