Bauen mit Holz liegt im Trend und ist nachhaltig. Doch der begehrte Rohstoff hat einen Nachteil: Er ist von Natur aus brennbar. Herkömmliche Brandschutzbeschichtungen sind jedoch wenig umweltfreundlich, weil sie überwiegend aus fossilen Rohstoffen bestehen. Bei der Entwicklung einer biobasierten feuerhemmenden Beschichtung für Holzbauten soll nun die Natur Pate stehen. Unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) wollen Forschende gemeinsam mit Partnern aus Finnland und Norwegen eine Holzbrandschutzbeschichtung auf der Basis von mikrofibrillierter Cellulose (MFC) entwickeln. Das Projekt FireCellCoat wird im Rahmen der Fördermaßnahme „Bioeconomy in the North“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung von 2020 bis 2022 mit 450.000 Euro gefördert.
Borke der Kanarischen Kiefer als Vorbild
Als Vorbild dienen hier die Architektur und chemische Zusammensetzung der Rinde der Kanarischen Kiefer. Projektleiterin Claudia Schirp erläutert: „Die Kiefer brennt zwar, lebt aber nach dem Brand weiter, weil sie so eine beeindruckende Borke hat, die das Feuer übersteht. Diese Borke hat eine besondere Struktur: Sie ist relativ dick und besitzt Inhaltsstoffe, die sie widerstandsfähig gegen Feuer macht." Das Besondere der Kiefernrindenstruktur ist Schirp zufolge ihre Mehrschichtigkeit. Diese makroskalige Mehrschichtstruktur wollen die Forschenden nachahmen und Holzbeschichtungen auf Basis von MFC – die aus Cellulose, einem Hauptbestandteil des Holzes, gewonnen wird – entwickeln. Mithilfe der bioinspirierten Lacke soll die Brandschutzwirkung von Holzbauten verbessert werden. Daher werden Produkte sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich entwickelt.
Neue Schutzlacke auf Basis von Nanocellulose
Forschende vom VTT Technical Research Centre of Finland werden im Rahmen des Projektes diese Mehrschichtstruktur aufbauen und die MFC mithilfe eines neuartigen enzymatischen Verfahrens so modifizieren, dass die brandhemmende Wirkung im Lack verbessert wird. Ähnlich wie die Jahresringe eines Baumes werden Schirp zufolge dafür abwechselnd Lagen aus mikrofibrillierter Cellulose und anorganischem Material übereinandergeschichtet.
Diese neuartige Nanocellulose ist wiederum Grundlage für die Arbeit des Fraunhofer WKI-Teams um Claudia Schirp, deren Aufgabe es ist, die MFC in klassische Beschichtungen wie transparente Lacke oder pigmentierte Farben einzuarbeiten. „Ich nutze hier zum einen die Cellulose direkt bei der Synthese des Polymers von dem Bindemittel, das die Basis für den Lack darstellt“, erklärt Schirp. Dieser Lösungsansatz hat durchaus seine Tücke, da Holz ein Stoff ist, der normalerweise den Polymerisationsprozess im Reaktor stört und die Bindemittelherstellung behindert, weil die Emulsion klumpt, koaguliert oder gar zerbricht. „Die Herausforderung ist, dass ich hier die Prozessführung so steuere, dass ich die Nanocellulose stabilisiere, damit eine gute Dispersion entsteht und ich das Bindemittel für meinen Lack auch nutzen kann“, erklärt Schirp. Der zweite Ansatz scheint einfacher zu sein: Dafür will die Forscherin die modifizierte Nanocellulose direkt in ein herkömmliches Lackbindemittel einformulieren, um den Brandschutzeffekt zu erzielen.
Flamm- und Wetterschutz in einem
Der Brandschutz ist aber nur eine Funktion, die das Team mit Hilfe der bioinspirierten Holzbeschichtung anstrebt. Denn die Nanocellulose kann Wasser wie ein Schwamm aufnehmen und speichern. Diese Eigenschaft wollen sich die Forschenden zunutze machen und eine Brandschutzbeschichtung entwickeln, die im Vergleich zu herkömmlichen Lasuren dauerhaft witterungsbeständig und zugleich atmungsaktiv ist. „Was wir anstreben, ist auch ein Spritzwasserschutz, der Wasserdampf durchlässt, so dass die Feuchtigkeit des Holzes durch die Lackschicht kommt.“ „Eine Beschichtung, die beides kann“, wäre ein Novum und Schirp zufolge für die Industrie interessant. Momentan müssen für Flamm- und Wetterschutz jeweils gesonderte Schichten auf das Holz aufgetragen werden.
Die Holzbeschichtungen des Fraunhofer-Teams sollen primär im Außenbereich zum Einsatz kommen, während die finnischen Partner einen Lack vornehmlich für den Innenbereich anvisieren. Alle im Projekt entwickelten Produkte werden vom norwegischen Projektpartner, dem Holzforschungsinstitut Norsk Treteknisk Institut in Oslo, auf ihre Eigenschaften überprüft.
Erste biobasierte Lacke im Brandtest
Nach dem Start von FireCellCoat im Januar 2020 zieht Projektleiterin Claudia Schirp eine erste positive Bilanz: „Das Material aus Finnland haben wir bereits in Bindemitteln eingesetzt und auch schon stabile Dispersionen herstellen können. Auch die ersten Lacke haben wir formuliert und auf Holz appliziert.“ Derzeit wartet die Forscherin mit Spannung auf die Brandtestergebnisse der Untersuchungen im Cone Calorimeter für eine Serie von Produkten. Gleichzeitig werden die Lacke der WKI-Gruppe vom norwegischen Holzforschungsinstitut in Oslo einem künstlichen Wettertest unterzogen. „Da hoffen wir auf die ersten Erkenntnisse, wie unsere Produkte auf Feuchtigkeit, Wärme und UV-Bestrahlung reagieren“, sagt Schirp.
Autorin: Beatrix Boldt