Lackkratzer mit Maiskitt heilen
Saarbrücker Forscher haben einen Autolack entwickelt, der kleine Schrammen im Nu selbst repariert: Der Kitt besteht aus Maisstärke und reagiert auf Wärme.
Kratzer im Autolack sind oft ärgerlich. Denn selbst harmlose Schrammen mindern den Preis des Wagens schlagartig. Bei Luxuswagen ist der Wertverlust noch höher. Saarbrücker Forscher vom Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) haben gemeinsam mit der Universität des Saarlandes eine Lösung parat: Sie entwickelten einen neuartigen Reparaturlack, der kleine Makel im Nu behebt – und das selbstständig.
Struktur der Maismoleküle bedingt Selbstheilungeffekt
Das Besondere: Der Lack besteht aus Maisstärke. Der Selbstheilungseffekt ist auf die besondere Anordnung der Moleküle zurückzuführen. Bei Wärme dehnen sich die ringförmigen Moleküle im Material aus, sodass kleine Kratzer ausglichen werden und verschwinden. „Das entstehende Netzwerk ist beweglich und elastisch wie ein Strumpf“, versichert Carsten Becker-Willinger, Leiter des Programmbereichs Nanomere am INM.
Stabil und wetterbeständig
Für die netzartige Struktur der Lacke verwendeten die Wissenschaftler ringförmige Abkömmlinge der Maisstärke, sogenannte Cyclodextrine. Diese wurden wie Perlen auf langkettige Kunststoffmoleküle aufgefädelt. Sie sind streckenweise frei beweglich, werden aber durch sperrige Stoppermoleküle auf der Kette gehalten. Über eine chemische Reaktion sind diese Perlenketten den Forschern zufolge untereinander vernetzt. Für die mechanische Stabilität und Witterungsbeständigkeit des Maiskitts sorgen Inhaltsstoffe wie Heteropolysiloxane und anorganische Nanopartikel. „Im Rahmen zahlreicher Applikationsversuche für unterschiedliche Mischungsverhältnisse in Kombination mit künstlichen Bewitterungstests untersuchten wir vorlackierte Oberflächen, auf die wir den neuen Lack als Decklack auftrugen“, berichtet Becker-Willinger.
Kratzer weg in einer Minute
Mithilfe der Zusatzstoffe konnten die Forscher gleichzeitig die Reparaturzeit von mehreren Stunden auf nur wenige Minuten reduzieren. Mikrokratzer am Auto verschwinden bei Temperaturen von 100 Grad Celsius sogar schon in einer Minute. Bis der selbstheilende Autolack auf Maisbasis im Handel ist, wird es jedoch noch etwas dauern. Zurzeit arbeiten die Wissenschaftler daran, die Produktion des Lackes aus dem Labormaßstab in den Technikumsmaßstab zu überführen.
Forscher stellen Lack auf Hannover Messe vor
Auf der kommenden Hannover Messe Anfang April werden die Saarbrücker Forscher die Lackinnovation vorstellen. Die Technologie wurde seit 2016 im Rahmen des Forschungsprojektes „Selbstheilende Fahrzeuglacke auf Basis von Cyclodextrin-Polyrotaxanen“ in der Fördermaßnahme VIP+ mit insgesamt 1,1 Mio. Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
bb