Von Moostürmen und Moorrettern
Der kompakte Medienrückblick: Defizite bei Insektenkost +++ Mooswände für bessere Stadtluft +++ Pestizide verderben Biobauern Ernte +++ Moore retten
Lebensmittel – Ob in Riegeln, Pasta oder Burger: Insekten sind in immer mehr Lebensmitteln zu finden. Supermärkte und Fitnesscenter haben die proteinreichen Produkte immer öfter im Angebot. Auch wenn immer mehr Kunden auf Nachhaltigkeit setzen und die Nachfrage steigt: Zum Standardsortiment gehört die Insektenkost längst noch nicht. Judith Köneke stellt in der Frankfurter Rundschau Start-ups vor, die Grillen und Co. als Lebensmittel etablieren wollen, und zeigt Defizite auf. Meist werden Grillen und Co. zu Mehl verarbeitet. Auch das Berliner Start-up Sens produziert seit 2016 aus Heuschrecken Pasta und Cracker und hat eigens dafür in Thailand eine Heuschreckenfarm erbaut, um die Produktionskosten gering zu halten. Andere Unternehmen wie das Münchner Start-up Wicked Cricket bietet dagegen Insekten wie Mehlwürmer zum Kochen und Snacken an. Denn Insekten sind nicht nur reich an Proteinen. Sie sind auch in der Haltung wesentlich nachhaltiger als ein Rind. Doch Insektenprodukte haben auch Defizite, wie ein Marktcheck von Verbraucherzentralen ergab. Nicht nur die Kennzeichnung der Produkte ist oft lückenhaft. Hersteller würden teils auch mit unzulässigen nährwertbezogenen Angaben werben. Die Verbraucherschützer fordern daher einen verpflichtenden Allergenhinweis für alle Lebensmittel mit Insekten.
Biotechnologie – Moose sind hervorragende Anzeiger von Luftverschmutzungen, da sie Wasser und Nährstoffe direkt über die Blattoberfläche aufnehmen können. Und sie speichern Schadstoffe wie Blei, Cadmium und Stickstoff wesentlich besser als Bäume. Heike Kampe stellt in der Berliner Zeitung das Dresdner Start-up Green City Solutions vor, das Moostürme baut, um die Luft in Städten zu verbessern. Studien haben bestätigt, dass die so genannten City Trees tatsächlich viele Partikel und Schadstoffe herausfiltern und die Luftqualität im Umkreis bis zu fünf Metern deutlich verbessern können. Hinter den Holzlamellen des drei Meter hohen, viereckigen Turmes steckt jede Menge Hightech. Dazu zählen Ventilatoren, zahlreiche Sensoren, Wassertanks und eine Software, die den City Tree permanent überwacht und regelt. Herz des Biofilters sind jedoch die Moosmatten, die in Modulen zusammengesteckt werden und im Berliner Umland in Bestensee produziert werden. Seit der Gründung des Start-ups haben sich die Moostürme immer weiterentwickelt. Knapp 20 davon stehen heute in ganz Europa, darunter in Paris, London und Berlin. Das Gründer-Team von Green City Solutions ist überzeugt: Mooswände könnten gerade im Hochsommer in überhitzten Innenstädten kühle Oasen bilden.
Landwirtschaft – Pestizide sind im Ökolandbau tabu. Doch auch die Biolandwirtschaft bleibt davon nicht verschont. Tobias Hildebrandt beschreibt in der Tagesschau einen Fall, der verdeutlicht, wie schwer sich die Ausbringung bestimmter Pflanzenschutzmittel kontrollieren lässt und wie wenig die Behörden über die Ausbreitung wissen. So musste eine Landwirtin aus Bayern die gesamte Fenchelernte vernichten, weil diese Rückstände des Unkrautvernichters Pendimethalin enthielt. Der Schaden: 8.000 Euro. Das ist offenbar kein Einzelfall, auch wenn es dazu nur wenige Erhebungen gibt. Eine Sammlung des Anbauverbandes Bioland dokumentierte in den Jahren 2012 bis 2016 mehr als 200 solcher Fälle. Fest steht: Pflanzenschutzmittel kennen keine Ackergrenzen. Der Wind kann die feinen Tröpfchen direkt beim Spritzen verwehen. Die Wirkstoffe können sich über Verdunstung oder indem sie an Staubpartikeln haften, verbreiten. Doch nicht nur die Ernten der Bio-Bauern sind davon betroffen, auch Tiere und Pflanzen leiden unter den Pestiziden. Auch in Lebensmitteln können sie noch nachgewiesen werden. Vor allem Pendimethalin verbreitet sich "unerwünscht weiträumig und anhaltend" in der Umwelt, wie schon eine Studie 2015 ergab. Das Problem: Ein flächendeckendes Monitoring, das zeigt, wie stark Felder, Umwelt und Luft mit Pflanzenschutzmitteln belastet sind, gibt es noch nicht. Die betroffenen Bio-Bauern bleiben bisher auf dem Schaden sitzen und können nur hoffen, dass solche Pestizide bald aus der Umwelt verschwinden.
Ökologie – Eine Fläche so groß wie das Saarland war einst in Deutschland mit Mooren bedeckt. Heute gelten nur noch 5% der Moore als naturnah. Das Gros der Flächen wurde im Laufe der letzten Jahrzehnte durch Siedlungsbau, Landwirtschaft und Torfabbau trockengelegt. Im 3sat-Wissenschaftsmagazin nano zeigt Cordula Stadter wie mühsam es ist, trockengelegte Moore wieder zu vernässen. Denn Moore sind effiziente CO2-Speicher. Sie können doppelt so viel von dem Treibhausgas emittieren wie Wälder. Forschende der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde bemühen sich an der Ostsee, das Ökosystem wieder fit zu machen: In der Erde vergrabene Drainagen werden ausgebuddelt, Spundwände als Barrieren in den Boden gerammt, um den Wasserabfluss zu stoppen und alte Tonrohre mit Kalk verdichtet. Ein wichtiger Schritt zur Wiederbelebung der Moore ist demnach, die landwirtschaftliche Nutzung zu verändern. Denn das Gros der Moore wurde in Ackerflächen umgewandelt. Auch appellieren die Forschenden, auf den Kauf von torfhaltiger Blumenerde zu verzichten, weil dafür Moore gezielt geschädigt werden.