Von Insekten und Pflanzennetzen
Der kompakte Medienrückblick: Globale Landwende gefordert +++ Stadtbegrünung mit Pflanzennetzen +++ Massiver Insektenschwund beobachtet +++ Wälder wertschätzen
Landwirtschaft – Boden ist ein kostbares Gut. Er gibt den Menschen Nahrung und ist Lebensraum vieler Tiere. Ein Beratungsgremium der Bundesregierung, der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen (WBGU), spricht sich in einem Gutachten nun für eine „Landwende“ aus. Wie Michael Bauchmüller in der Süddeutschen Zeitung berichtet, sieht der neunköpfige Beirat Land als „globales Gemeingut“ und die Landnutzung als Klammer für drei elementare Krisen – die Klimakrise, das rapide Artensterben und den weltweiten Hunger. Diese Probleme ließen sich demnach nur lösen, wenn „die Menschheit Gestaltungsverantwortung für das Land“ übernehme. Funktionieren kann das beispielsweise durch Wiederaufforstung oder die Vernässung von Mooren, mehr Schutzgebiete und vor allem eine Abkehr von der industriellen Landwirtschaft durch ihre umfassende Ökologisierung. Die EU könnte nach Auffassung des Beirates mit einer „gemeinsamen Ökosystempolitik“ hier zum Labor der Landwende werden, in dem eine nachhaltige Forstwirtschaft, neue Schutzgebiete und die Renaturierung entlohnt und Zahlungen an Landwirte an Leistungen für das Ökosystem bemessen werden.
Ökologie – Im Sommer heizen sich Städte auf. Stadtbewohner, aber auch Pflanzen und Tiere leiden unter der drückenden Hitze. Abseits von Parks bleibt auch die Artenvielfalt auf der Strecke. Ein Forscherteam der Hochschule Bremerhaven will die Stadtbegrünung nun auf eine andere Ebene heben, wie Florian Hellwig im 3Sat-Wissensmagazin nano berichtet. Die Erfinder von „Urban Pergola“ setzen dabei auf begrünte Pflanzennetze aus Stahlseilen, die zwischen die Häuser gespannt werden. Die grünen Netze aus Wein oder anderen heimischen Rankpflanzen spenden Schatten, kühlen die Umgebung ab und könnten zudem die Luftqualität in vielbefahrenen Straßen verbessern. Auch Tiere würden darin einen neuen Lebensraum finden und Biotope über die Stadtgrenzen hinweg verbunden werden. Noch wird an dem Konzept gefeilt, doch bald schon soll ein Prototyp gebaut werden.
Biodiversität – Die Zahl der Insekten ist in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen. Ein weiteres niederschmetterndes Ergebnis dazu, liefert eine neue Langzeitstudie, die Katharina Thoms in der Deutschlandfunksendung „Umwelt und Verbraucher“ vorstellt. Dafür wurden seit den 1970er Jahren an der Forschungsstation Randecker Maar auf der Schwäbischen Alb verschiedene Arten von Schwebfliegen gezählt, wenn sie im Spätsommer und Herbst Richtung Süden wandern. Das Ergebnis: Im Vergleich zu damals gibt es heute teilweise nur noch drei Prozent der Insektenarten. Schwebfliegen-Populationen sind demnach um bis zu 97 Prozent zurückgegangen. Auch bei der Zählung anderer Insekten wie Waffenfliegen oder Schlupfwespen ist der Artenverlust ähnlich hoch. Deutlich wird das an konkreten Zahlen: Wurden im August 1972 noch 10.000 Schwebfliegen pro Stunde am Randecker Maar gezählt, waren es 2017 nur noch 290. Ein Grund für den Insektenrückgang: der Lebensraum für Insekten verschwindet zunehmend und damit die Nahrung, die sie benötigen. Als Reaktion auf die Studie fordern Grünen-Politiker mehr Monitoring und ein stärkeres politisches Handeln.
Waldwirtschaft – Der Wald ist Erholungsort, Rohstoffquelle und Lebensraum von Pflanzen und Tieren. Doch der Klimawandel macht den Wäldern schwer zu schaffen. Trockenheit und Hitze machen Bäume wie Fichten für Schädlinge anfällig und haben bundesweit zu Kahlschlägen geführt. Was also ist der Wald uns wert? Dieser Frage geht ein Team in der WDR Wissenschaftssendung Quarks nach und startet dafür ein ungewöhnliches Experiment. Es ist der Versuch abzuschätzen, ob Waldbesucher für ihren Aufenthalt in der Natur auch Eintritt zahlen würden. Die Reaktionen darauf sind sehr verschieden und reichen von verwunderter Akzeptanz bis hin zu fassungsloser Ablehnung. Die Sendung beleuchtet aber auch, wie stark der Klimawandel den Wäldern bereits zugesetzt hat und welche Folgen das unter anderem für die hiesige Holzindustrie hat. Wie muss der Wald der Zukunft aussehen, um dem Klimawandel zu trotzen, fragt das Quarks-Team abschließend und zeigt, wie die Waldbewirtschaftung von morgen schon heute erprobt wird.