Von Quallen-Food und schlafenden Wäldern
Der kompakte Medienrückblick: Quallen als Superfood +++ Einwegplastik landet im Meer +++ Bakterien stellen Bioplastik her +++ Unterirdische Wälder erblühen
Ernährung – Quallen im Meer empfinden die meisten Menschen als unangenehme Plage. Für Forschende sind sie längst ein interessantes Forschungsfeld geworden. So untersucht ein Team am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen, ob diese glibberige Biomasse als Nahrung genutzt werden kann, wie aus einem Bericht in der Süddeutschen Zeitung hervorgeht. In Ostasien stehen Medusen seit Tausenden Jahren auf dem Speiseplan. Sie bestehen zwar überwiegend aus Wasser. Doch der Nährstoffgehalt der Trockenmasse ist vergleichbar mit anderen Meeresfrüchten: sie haben einen hohen Eiweißgehalt, enthalten aber auch viele Mineralstoffe und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Hierzulande sind Quallen als Lebensmittel noch nicht etabliert. Das soll sich ändern. Italienische Forscher haben bereits ein Kochbuch mit Quallen-Rezepten erstellt. Und im EU-Projekt GoJelly loten Forschende vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel gemeinsam mit Partnern die Nutzung von Quallen für weitere Anwendungen wie Kosmetika, Medizin, Dünger- und Futtermittel aus.
Chemie – 400 Millionen Tonnen Kunststoff werden jedes Jahr weltweit produziert. Noch immer dominiert Plastik aus erdölbasierten Rohstoffen. Der Anteil von Biokunststoffen – ob biologisch abbaubar oder beständig – ist mit einem Prozent sehr gering. Forschende der TU Berlin wollen das ändern, wie Nadine Querfurth im Deutschlandfunk Kultur berichtet. Ein Team um Sebastian Riedel will mit Hilfe von Bakterien den Biokunststoff Polyhydroxyalkanoat (PHA) herstellen. Dafür werden die Bakterien im Bioreaktor mit Fettabfällen aus Schlachthöfen gefüttert, die ihnen als Kohlenstoffquelle und somit Energiespeicher dienen, um Bioplastik in der Zelle herzustellen. Mithilfe eines speziellen Messverfahrens konnten die Forschenden die Vorgänge in der Zelle in Echtzeit beobachten und so feststellen, dass die Bakterien im Bioreaktor die maximale Kunststofmenge nach 72 Stunden gebildet hatten. Das von den Berliner Forschenden entwickelte PHA kann von Mikroorganismen ebenfalls abgebaut werden, so dass kein Mikroplastik in die Umwelt gelangt. Forschende der Hochschule Hannover mahnen, dass auch Biokunststoffe einer Nachhaltigkeitsprüfung standhalten müssen. Denn Biokunststoffe sind nur dann ökologisch gut, wenn die Abbaubarkeit wirklich einen Zusatznutzen bringt – wie etwa bei Mulchfolien in der Landwirtschaft, deren Einsatz Geld und Zeit spart.
Forstwirtschaft: Wiederaufforstung ist längst kein Thema mehr, das nur hiesige Forstwirtschaftler umtreibt, um den Wald für die Zukunft fit zu machen. Auch in Afrika wird dieses Konzept praktiziert – nur etwas anders. Hier werden keine neuen Bäume gepflanzt. Der Australier Tony Rinaudo will den unterirdischen Wald mit der altbekannten Baumpflegetechnik „Auf den Stock setzen“ wiederbeleben. Dabei setzt er auf vorhandene Baumstümpfe und Wurzeln. Denn wenn ein Baum gefällt wird, bleibt bei den meisten Arten ein großer Teil der Wurzelmasse am Leben, und der Baum hat die Fähigkeit, aus dem Stumpf schnell wieder zu wachsen. „Die Vernachlässigung der Forstwirtschaft in der Vergangenheit hat zu den Wüsten geführt“ sagt Rinaudo in einem Interview mit Joachim Wille von der Frankfurter Rundschau. Darin berichtet der „Waldmacher“ von den Hürden und Erfolgen seiner Mission und wie er zunächst Überzeugungsarbeit leisten musste. Denn die aus den Stämmen wachsenden Büsche wurden bis dato regelmäßig abgeholzt. Die Bevölkerung kappte die Triebe und nutze sie als Brennholz oder die Asche, um den Boden zu düngen. Rinaudo ist überzeugt, dass sich die Methode durchsetzen wird, da sie viel billiger und oft erfolgreicher als die klassische Wiederaufforstung mit Setzlingen ist. Er hofft, dass seine Methode bis 2030 in rund 100 Ländern der Welt genutzt wird, um „schlafende Wälder“ wiederzuerwecken.
Umwelt – Etwa 446.000 Tonnen Kunststoffe gelangen jährlich allein in Deutschland in die Umwelt. – und damit auch ins Meer. Ein Großteil davon geht auf To-go-Verpackungen zurück, die gerade in der Corona-Zeit enorm zugelegt haben. Das belegen zwei aktuelle Studien über die der Tagesspiegel berichtet. Darin haben Forschende ein Ranking von Europas größten Verursachern erstellt. Das Erstaunliche: Auf den obersten Plätzen sind viele wohlhabende Länder mit guten Müll-Management-Systemen. Platz eins belegt demnach die Türkei mit einem Anteil von 16,8%, gefolgt von Italien mit 11,3% und Großbritannien 8,4%. Deutschland, mit wesentlich weniger Küste als diese Länder, liegt mit weniger als zwei Prozent im Mittelfeld der untersuchten Staaten. Eine weitere wichtige Erkenntnis: Der Eintrag von kleinen Gewässern spielt bei der Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll eine wichtige Rolle. Eine zweite Studie hatte innovative Lösungen zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung untersucht. Hier stellte sich heraus, dass 60% der vorgeschlagenen Lösungen auf die Überwachung ausgerichtet sind und nur wenige Ansätze auch auf den Markt gelangt sind.