Evolution für den Roggen

Evolution für den Roggen

Wissenschaftler des Julius Kühn-Instituts entwickeln im Projekt RYE-SELECT neue Züchtungsmethoden für den Roggen, um gezielter zu Sorten mit überlegenen Eigenschaften zu kommen.

Roggensprösslinge
Mit Biomarkern können die Forscher erkennen, ob die Pflanzen die gewünschten Eigenschaften besitzen.

Im Julius Kühn-Institut (JKI) in Groß-Lünewitz spielt in den kommenden drei Jahren der Roggen eine große Rolle. Im Forschungsprojekt RYE-SELECT untersuchen Molekularbiologen das Erbgut der bedeutenden Getreidesorte, um gezielter als bisher Sorten mit besseren Eigenschaften züchten zu können. Der Startschuss für das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderinitiative "Pflanzenbiotechnologie der Zukunft“ mit knapp zwei Millionen Euro geförderte Verbundvorhaben fiel im Oktober. An dem Verbundprojekt sind neben JKI-Wissenschaftlern auch Forscher aus München, Hohenheim und Gatersleben beteiligt.
Roggen ist außerordentlich vielseitig. Als Brotgetreide hat die Getreidesorte einen hohen ernährungsphysiologischen Wert. Die Bedeutung des Roggens als Futtergetreide und als erneuerbarer Energieträger, der Biomasse-Fruchtfolgen ergänzen und auflockern kann, wächst. Roggen ist weit verbreitet, was seiner Ertragsstärke, aber auch seiner Anspruchslosigkeit und Widerstandsfähigkeit zuzuschreiben ist. Als Wintergetreide legt er im Frühjahr das schnellste Pflanzenwachstum vor und liefert sichere Erträge auch auf leichten Sandböden, auf denen andere Kulturarten nicht mehr gedeihen.

DNA-Tests auf die entsprechenden Biomarker hin sind effizienter als die langwierige Merkmalserfassung im Zuchtgarten
Roggenfeld

Züchtung neuer Sorten beschleunigen

Diese vielfältigen Fähigkeiten des Roggens durch Züchtung noch besser herausarbeiten, das haben die Mitglieder des Forschungsverbunds von RYE-SELECT sich auf die Fahnen geschrieben. Im Forschungsprojekt "Genom-basierte Präzisionszüchtungsstrategie für Roggen" RYE-SELECT sollen molekulare Züchtungsmethoden entwickelt werden, um gezielter als bisher zu gewünschten Eigenschaften zu kommen und so die Züchtung neuer Sorten zu beschleunigen. RYE-SELECT ist innerhalb der Initiative "Pflanzenbiotechnologie der Zukunft" angesiedelt. Sie ist die Nachfolgerin der GABI-Initiative ("Genomanalyse im biologischen System Pflanze“). Während es bei GABI um Grundlagenforschung ging, wird es nun immer wichtiger, diese Erkenntnisse der Pflanzengenomforschung in die züchterische Praxis zu überführen.

Beteiligt sind die Technische Universität München, das Leibniz Institut für Kulturpflanzenforschung in Gatersleben, die Universität Hohenheim und das Julius Kühn-Institut im Verbund mit der KWS LOCHOW GmbH aus Bergen bei Celle. Der Beitrag der Wissenschaftler des JKI besteht darin, jene Abschnitte des Roggenerbguts zu identifizieren, in denen wertvolle Genvarianten für bestimmte Qualitätseigenschaften sowie für eine optimale Pollenschüttung lokalisiert sind.

Im Rahmen der aktuellen Bekanntmachung "Pflanzenbiotechnologie der Zukunft" sind 28 Verbundprojekte mit insgesamt mehr als 130 Teilprojekten vorgesehen. Hierzu ist vom BMBF öffentliche Förderung von mehr als 45 Millionen Euro veranschlagt.

Erbgut südamerikanischer Roggensorten durchforsten

Letzteres ist von Bedeutung, da Roggen als einziges heimisches Getreide fremdbefruchtend ist. Er setzt nur Samen an, wenn seine Ähren über den Wind mit Pollen anderer Roggenpflanzen bestäubt worden sind. Eine gute Pollenschüttung ist essenziell für den Kornertrag. Genvarianten, die zu einer hohen Pollenschüttung führen, gibt es etwa im Erbgut einiger rarer Roggensorten aus Südamerika. Pflanzenzüchter sind bestrebt, solche wertvollen Genvarianten in ihre Sorten zu übernehmen. Ob die Einkreuzung gelungen ist, lässt sich anschließend per DNA-Test schon bei den Keimlingen überprüfen.

Ein solcher Test ist schneller und genauer als die langwierige Merkmalserfassung im Zuchtgarten – vorausgesetzt, dem Züchter stehen dafür die geeigneten DNA-Marker für sein Ziel-Gen zur Verfügung. Genau das soll RYE-SELECT leisten: „Unser Ziel ist es, molekulare Präzisionswerkzeuge für unser traditionelles Getreide zu entwickeln, mit denen in der praktischen Roggenzüchtung eine frühzeitige und sichere Auswahl der wertvollsten Pflanzen möglich ist“, erklärt JKI-Züchtungsforscher Bernd Hackauf anlässlich des Projektstartes.

Noch ist man in Groß-Lüsewitz mit der Identifizierung der Marker beschäftigt, die neben der Pollenschüttung auch bessere Frosttoleranz, Ertrag oder Qualität anzeigen sollen. Bis die mit molekularer Unterstützung effizienter gezüchteten Sorten auf den Äckern stehen werden, werden noch einige ernten ins Land gehen.