Von Genscheren und Bio-Kerosin
Der kompakte Medienrückblick: +++ CRISPR-Cas bei Pflanzen +++ Nachhaltigkeitsindex im Umbau +++ Bio-Kerosin mindert Kondensstreifen +++ EU-Chemieagentur: Glyphosat nicht krebserregend +++
Biotechnologie – Die Weltbevölkerung wächst stetig, und damit auch der Bedarf an Nahrungsmitteln. Räumlich sind die Anbaumöglichkeiten aber bald erschöpft – also müssen die Erträge effizienter werden – zum Besipiel durch gezielte Genveränderungen. Lennart Pyritz führte für den Deutschlandfunk in der Sendung „Forschung Aktuell“ ein Gespräch mit Armin Scherben über genau dieses Problem. Die neue molekulare Genschere CRISPR-Cas ermöglicht es Forschern gezielt Mutationen in Nutzpflanzen einzubauen. Die gesundheitlichen Auswirkungen sind jedoch noch unbekannt. Scherben relativiert die neuen Möglichkeiten indem er unterstreicht, dass bereits seit 10.000 Jahren Pflanzen genetisch verändert wurden und dadurch erst die heutigen ertragreichen und schädlingsresistenten Sorten gezüchtet werden konnten. Die neue Methode könnte zum Beispiel helfen die Pflanzen schneller an das wandelnde Klima anzupassen, so dass sie weniger Wasser benötigen, oder hitzetoleranter werden. Er sieht außerdem einen großen Vorteil gegenüber herkömmlicher Züchtungen, da diese oft ungenau sind, und unerwünschte Nebenmutationen verursachen. Eine Genmodifikation mittels CRISPR-Cas wäre demnach nicht nur genauer, sondern auch mindestens genauso unbedenklich wie bisherige Verfahren mittels Strahlung oder Chemikalien.
Der Global Challenges Index (Nachhaltigkeitsindex, GCX) wurde vor zehn Jahren von der Börse Hannover und der Nachhaltigkeits-Ratingagentur oekom research lanciert. Der GCX umfasst 50 weltweit tätige Großunternehmen, sowie kleinere und mittlere Unternehmen, die durch ihre Produkt- und Dienstleistungspalette eine nachhaltige Entwicklung fördern. Der Auswahlprozess der Unternehmen für den Index wird von oekom research AG und der Börse Hannover betrieben, die von einem unabhängigen Beirat bei dem Prozess unterstützt werden. Der GCX wird alle sechs Monate neu gewichtet. Antje Mathez berichtet für die Frankfurter Rundschau von einer deutlichen Umordnung bei der jetzigen Neugewichtung: vier neue Unternehmen rücken in den Nachhaltigkeitsindex auf – dafür müssen ihn aber auch vier Unternehmen verlassen. Billerud Korsnäs, Hannover Rück, Lenzing und Rockwool International konnten bei dem Auswahlprozess überzeugen. Hendrik Janssen, Geschäftsführer der Börse Hannover, begründet die Aufnahme der Unternehmen in den Index damit, dass sie „aktiv zu einer nachhaltigen Entwicklung und damit auch zur Erreichung globaler Nachhaltigkeitsziele wie den Sustainable Development Goals beitrügen“. Auf der anderen Seite konnten drei der vier ausgeschlossenen Unternehmen die Kriterien des GCX nicht mehr erfüllen: Die BT Group (British Telecom) stolperte über umstrittene Bilanzierungspraktiken, das Transportunternehmen East Japan Railway verlor seine Top-Positionierung, und das britische Medienunternehmen Relx musste infolge eines Vergleichs in Zusammenhang mit vorgeworfener Lohndiskriminierung an zwei US-Standorten ausscheiden. Der spanische Windanlagenbauer Gamesa verlässt den GCX, weil die Fusion mit der Windkraftsparte von Siemens zum Rückzug von der Börse führt.
Umwelt – Die Kondensstreifen hinter Flugzeugen bedeuten eine doppelte Belastung für die Umwelt. Zum einen entstehen sie natürlich durch die Verbrennung von Kerosin, wodurch Kohlendioxid freigesetzt wird. Zum anderen wirken die Kondensstreifen selbst auch klimaschädigend, denn sie halten sie die Wärmestrahlung zurück, die vom Erdboden aufsteigt. Laut einer Studie des DLR ist zeitweise bis zu einem Zehntel des Himmels über Europa von Kondensstreifen bedeckt, und sind damit vermutlich sogar klimaschädigender als der Ausstoß von Kohlendioxid selbst.
Die Streifen entstehen dadurch, dass sich der Wasserdampf aus den Triebwerken in zehn bis zwölf Kilometern Höhe in Eiskristalle wandelt. Diese Eiskristalle binden dann an Ruß- Partikel, die ebenfalls bei der Verbrennung von Kerosin entstehen. Wie Roland Knauer in Der Tagesspiegel schreibt, berichtet ein internationales Forscherteam vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der US-Behörde für Raumfahrt und Flugwissenschaft (NASA), und von der kanadischen Forschungsorganisation NRC im Fachjournal „Nature“, wie Bio-Kerosin die Umweltbelastung gleich doppelt mindern kann. Obwohl Bio-Kerosin bei der Verbrennung ähnliche Mengen Kohlendioxid freisetzt wie erdölbasierter Sprit, so ist die Umwelt doch insgesamt weniger belastet, da die im Bio-Kerosin enthaltenen Pflanzen zuvor im Wachstum bereits Kohlenmonoxid aus der Luft gebunden hatten. Außerdem berichten die Forscher, dass selbst bei einer 50-prozentigen Mischung von herkömmlichem Jet-Treibstoff und Bio-Kerosin die Triebwerke bis zu 70 Prozent weniger Ruß- Partikel bilden, als bei der Verbrennung von reinem, erdölbasiertem Kerosin.
Landwirtschaft – Das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ist seit vielen Jahren umstritten. Hanno Charisius berichtet in der Süddeutschen Zeitung über das neueste Gutachten der EU-Chemikalienagentur Echa. Sie kommt zu dem Schluss, dass Glyphosat nicht erbgutschädigend und damit nicht krebserregend sei. Die Einschätzungen widersprechen einer Bewertung der internationalen Krebsforschungsagentur IARC. Deren Experten hatten das Herbizid vor zwei Jahren als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft und damit einen Streit unter Fachleuten ausgelöst. Die Echa schickt das Ergebnis in den kommenden Wochen an die EU-Kommission, die im Laufe des Jahres entscheiden muss, ob das Herbizid in Europa zugelassen wird. Die bestehende Genehmigung war im vergangenen Jahr um 18 Monate verlängert worden und läuft Ende 2017 aus.