Von Flugzeugbau und Ammoniak
Der kompakte Medienrückblick: Spinnenseide im Flugzeugbau +++ Naturschutz auf Zeit +++ Baustoff aus Algen +++ Ammoniak-Synthese unter milden Bedingungen
Naturwerkstoffe – Die Bauprinzipien der Natur sind seit jeher eine Inspirationsquelle für Ingenieure. Der Flugzeugbauer Airbus möchte die herausragenden Eigenschaften der Spinnenseide für aeronautischen Baustoffe der Zukunft nutzen, wie Christian Wüst im Spiegel berichtet. Fasern aus Spinnenseide sind stärker als Stahl, zäher als Kevlar und unglaublich leicht. Damit bringen sie die besten Voraussetzungen für Innovationen im Flugzeugbau mit. Bei der Versorgung mit Spinnenseide ist der Flugzeughersteller nicht von Tieren aus der Zucht abhängig, sondern kann auf biotechnisch hergestellte Seidenproteine des oberbayrischen Unternehmens Amsilk setzen. Strapazierfähige und vor allem leichte Naturwerkstoffe sollen künftig auch im Automobilbau zum Einsatz kommen. In den vergangenen Jahrzehnten sind Automobile dank einer üppigen Komfortausstattung und Crashsicherheit deutlich schwerer geworden. Diese Entwicklung wird durch die Elektromobilität mit ihren enorm schweren Batterien verschärft. Der Einsatz neuer Materialien und innovative Leichtbaukonstruktionen sollen diesem Trend entgegenwirken.
Naturschutz – Die Interessen des Naturschutzes in einem hochindustrialisierten Land wie Deutschland durchzusetzen, ist oftmals nicht leicht. Der Konflikt zwischen Wirtschaft und Naturschutz ist meist besonders brisant, wenn seltene Arten ins Spiel kommen. Sie haben schon viele Projekte ins Stocken gebracht und können die Industrie Millionen kosten. Damit Unternehmen und Umweltverbände gemeinsam zu Lösungen kommen, hat der Bund vor sechs Jahren das Netzwerk „Unternehmen biologische Vielfalt 2020“ in Leben gerufen, wie Michael Bauchmüller in der Süddeutschen Zeitung berichtet. Ein Ansatz, bei dem sich Wirtschafts- und Umweltverbände einig sind, ist der „Naturschutz auf Zeit“. Dabei können Unternehmen ihre brachliegenden Flächen gezielt der Natur überlassen, ohne das Risiko einzugehen, sie nie wieder nutzen zu können. So hat die Natur zumindest zeitweise ein Refugium und Industrieunternehmen müssen die Industrieflächen nicht künstlich freihalten.
Naturwerkstoffe – Die Salzwasseralge Microchloropsis salina könnte bald eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielen und gleichzeitig wertvolle Rohstoffe für die Bauindustrie liefern. Die Alge entzieht der Atmosphäre das Klimagas CO2 und wandelt es mittels Photosynthese in Biomasse um, in Zucker und schließlich Öl. Letzteres wird chemisch in Fettsäuren und Glycerin aufgetrennt. Die Fettsäuren werden bereits industriell genutzt, um Biosprit herzustellen. Das Glycerin kommt derzeit in der Kosmetikindustrie zum Einsatz. Durch die Biokraftstoffproduktion fallen jedoch so große Mengen an, dass neue Verarbeitungsmöglichkeiten entwickelt werden müssen. Wie Bernd Schlupeck in der Deutschlandfunk-Sendung „Forschung aktuell" berichtet, hat der Chemiker Thomas Brück von der Technischen Universität München hierfür ein neues Verfahren entwickelt. Aus dem Algen-Glycerin wird über mehrere Verfahrensschritte eine Carbonfaser hergestellt. Als Einsatzfeld für die Algen-Carbonfasern sieht der Münchener Chemiker zunächst einmal den Flugzeugbau. Langfristig will er damit in den Bausektor. Momentan kostet die algenbasierte Kohlefaser in der Herstellung noch doppelt so viel wie Beton, daher arbeitet der Wissenschaftler daran, die Kultivierung und Aufarbeitung der Salzwasseralge zu verbessern. In fünf bis sieben Jahren könnte sich das Verfahren rechnen.
Chemie – Mit dem Haber-Bosch-Verfahren wird aus Stickstoff und Wasserstoff Ammoniak gewonnen, pro Jahr mehr als 150 Millionen Tonnen Ammoniak. Rund 90 Prozent davon gehen in die Düngemittelherstellung. Doch die industrielle Herstellung von Ammoniak ist extrem energieaufwendig. Ein bis zwei Prozent des globalen Energieverbrauchs entfallen auf die industrielle Ammoniaksynthese. Daher wird seit Jahren nach alternativen Synthesewegen gesucht. Wie Manfred Lindinger in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet, haben japanische Chemiker ein Verfahren entwickelt, das unter milden Bedingungen abläuft. Die Wissenschaftler orientierten sich an dem Enzym Nitrogenase, welches in Hülsenfrüchten die Ammoniaksynthese katalysiert. Die Forscher stellen einen Molybdän-Komplex her, der effizient die Umsetzung von Stickstoffmolekülen katalysieren kann, wenn das Gas mit Atmosphärendruck vorliegt. Als Quelle für Wasserstoff diente den Forschern normales Wasser. Als Reduktionsmittel wählte man die Verbindung Samariumiodid. Allerdings ist das Verfahren aktuell nicht für die großtechnische Ammoniakgewinnung geeignet. Es werden zu große Mengen des wertvollen und seltenen Erdmetalls Samarium benötigt, um die Reaktion in Gang zu halten. Ein weiterer Schwachpunkt: Die Energiebilanz der Reaktion ist unausgewogen. Auch wenn der Ansatz der japanischen Forscher nicht mit dem altbewährten Haber-Bosch-Verfahren konkurrieren kann, so hat er doch einen Weg aufgezeigt, dass man etwa durch stabilere Katalysatoren und Reduktionsmittel, die günstiger sind als Samarium, eines Tages Ammoniak ressourcenschonender und energieeffizienter gewinnen könnte.