Gerstenzüchtung: Resistenzgene aus der Verwandtschaft

Gerstenzüchtung: Resistenzgene aus der Verwandtschaft

Gerste besser vor Krankheitserregern wappnen - das ist das Ziel des Forscherverbunds mit dem Namen TRANS-BULB. Im Julius Kühn-Institut (JKI) in Groß Lüsewitz fahnden Forscher im Erbgut der Gerstenwildart Hordeum bulbosum nach bisher unbekannten Resistenzgenen. Mit ihrer Hilfe sollen dereinst widerstandsfähigere Pflanzen gezüchtet werden. 

Gemeinsam stark: Resistenzgene einer verwandten Wildgerste sollen unsere zweitwichtigste Getreidepflanze widerstandsfähiger machen

Gerste ist in Deutschland nach dem Weizen die wichtigste Getreidepflanze. Während Wintergerste überwiegend als Tierfutter verwendet wird, kommt Sommergerste vor allem für die menschliche Ernährung und als Braugerste für Bier zum Einsatz. Um dauerhaft gesunde und widerstandsfähige Pflanzen anzubauen ist es wichtig, die Resistenz der Gerstensorten gegen verschiedene Krankheitserreger ständig zu verbessern, da diese sich verändern und immer stärker ausbreiten. Das hat viele Gründe: Durch Importe neuer Pflanzen werden auch neue Erreger eingeschleppt – oder sie kommen auf ganz natürliche Weise in unsere Gefilde, etwa durch Wind. Klimatische Veränderungen beschleunigen und verstärken jedoch das Problem: „Durch die milden Herbsttemperaturen sterben Virenträger wie zum Beispiel Läuse nicht ab, sondern infizieren die Wintergerste“, erklärt Brigitte Ruge-Wehling, Züchtungsforscherin am JKI. „Die Pflanzen werden so geschwächt, sind empfänglicher für Pilzkrankheiten und Schäden durch Frost oder Wassermangel und bringen letztlich weniger Ertrag.“

Neue Krankheiterreger erfordern neue Resistenzen

Bislang stand für die Erschließung neuer Resistenzgene nur der primäre Genpool der Gerste zur Verfügung, nämlich die Kulturgerste selbst und eine mit ihr eng verwandte Unterart. Diesen Genpool nutzen Gerstenzüchter bereits seit Jahrzehnten als genetische Ressource. Durch die starke Verbreitung neuer Krankheitserreger wird es für eine nachhaltige Gerstenzüchtung zunehmend wichtiger, auch die Gerstenwildart H. bulbosum als Quelle für neue genetische Merkmale zu erschließen.

Die Aufgabe der Züchtungsforscher am JKI ist es, sogenannte molekulare Marker zu entwickeln. Marker sind kurze DNA-Abschnitte, deren Sequenz und Position im Genom den Züchtern genau bekannt sind. Zudem lassen sie sich mit einem Merkmal oder einer bestimmten Eigenschaft der Pflanze in Verbindung bringen. Die Marker sind nicht unbedingt identisch mit dem Gen für diese Eigenschaft, befinden sich aber immer in dessen Nachbarschaft. Sie dienen deshalb als Orientierung, gewissermaßen als Ortsschilder im Erbgut, die etwa auf ein Pilzresistenz-Gen hinweisen. Gelingt der Nachweis der flankierenden Ortsschilder (Marker), so ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der Gen-Ort selbst in der Nähe. Die Daten über solche Kopplungen von Ort und Eigenschaft werden in Gen-Karten eingetragen, die es inzwischen von fast allen wichtigen Nutzpflanzen gibt.

Bisherige Forschungsarbeiten des Julius Kühn-Instituts haben gezeigt, dass die Gerstenwildart H. bulbosum zahlreiche züchterisch bislang noch nicht erschlossene Resistenzgene gegen gefährliche Krankheitserreger der Gerste trägt. Durch einen Vergleich des Erbguts der Kulturgerste mit der Gerstenwildart wollen die TRANS-BULB-Forscher neue Resistenz-Marker finden und mit ihrer Hilfe die dazwischen liegenden, neuen Resistenzgene ins aktuelle Zuchtmaterial einkreuzen. Seit Januar 2012 unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Vorhaben mit rund 600.000 Euro im Rahmen der Förderinitiative „Pflanzenbiotechnologie der Zukunft“. Beteiligt sind neben dem JKI das Leibniz Institut für Kulturpflanzenforschung (IPK), die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) Freising-Weihenstephan sowie sechs deutsche Gerstenzüchtungsunternehmen.

Schneller und präziser testen

„Der Vorteil dieser Methode ist, dass in der Züchtungspraxis zeitaufwändige Resistenztests auf ein Minimum beschränkt werden können. Schon am ersten Blatt der Kreuzungsnachkommen lässt sich bereits die DNA isolieren und feststellen, ob sie auf ihren Chromosomen die Segmente der Gerstenwildart tragen, die die Resistenz bedingen oder nicht. Das spart Zeit“, sagt Forscherin Brigitte Ruge-Wehling. Sie ist für die Herstellung der Marker verschiedener Resistenzen verantwortlich ist. Weitere Kollegen vom JKI führen Resistenztests gegen Viren und Nematoden durch, um das Vorhandensein der Marker mit der jeweiligen Resistenz in Beziehung setzen zu können.

Am Ende des Projekts sollen die DNA-Marker den Züchtungsbetrieben als Werkzeuge zur Verfügung gestellt werden. Damit können diese schnell und mit hoher Vorhersagegenauigkeit Gerstenpflanzen mit den gewünschten neuen Resistenzen auslesen und die Züchtung neuer Sorten vorantreiben. 

Autorin: Fabienne Hurst