Von Agromining und Fleischersatz
Der kompakte Medienrückblick: Unkraut zieht Nickel an +++ Klimastress bei Pflanzen +++ Insekten werden weniger +++ Ökobilanz für Fleischersatz
Landwirtschaft – Unkräuter sind bei Landwirten und Hobbygärtnern meist nicht sehr beliebt, können aber mitunter durchaus nützlich sein. So gibt es Exemplare, die wie ein Metall-Staubsauger wirken und dem klassischen Bergbau Konkurrenz machen könnten, wie Andrea Hoferichter in der Deutschlandfunk-Sendung Forschung aktuell berichtet. Das in Südeuropa beheimatete Mauersteinkraut gehört dazu. Es bevorzugt nährstoffarme Böden und hat eine Vorliebe für Nickel, wie Forscher der Universität für Bodenkultur Wien herausfanden. Das Kraut nimmt die Metalle über die Wurzeln aus dem Boden auf und speichert es in den Blättern. Im Rahmen eines Projektes zum pflanzlichen Bergbau – auch Agromining genannt – stellten die Wiener Wissenschaftler fest, dass das Mauersteinkraut in Griechenland und Albanien am besten wächst und die Nickelernte dort am größten ist. Später wurde das getrocknete Unkraut an der Universität Lorraine verbrannt, und die Wissenschaftler stellten fest, dass der Nickelgehalt in der Asche deutlich höher ist als in Nickelerzen. Ein französisches Start-up ist bereits dabei, eine Pilotanlage zur Nickelproduktion zu errichten und die Vermarktung der Nickelproduktion durch Unkräuter voranzutreiben.
Pflanzenphysiologie – Auch Pflanzen leiden unter Sonnenbrand. Obwohl sie das Licht zur Photosynthese benötigen, sorgt eine zu starke Sonneneinstrahlung für Stress und schadet den Blättern. Ein Sonnenbrand kann bei Pflanzen Dehydrierung, Wachstumsstopp und Zelltod auslösen. Doch viele Grünpflanzen haben offenbar gelernt, sich davor zu schützen, indem sie überschüssige Hitze wieder abgeben, wie Charlotte Wolff in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet. Eine Hypothese besagt, dass vibrierende Carotinoide als Kühlanlage in der Membran der Chloroplasten fungieren und dafür sorgen, dass die überschüssige Energie als Hitze wieder abgegeben wird. Diese Carotinoide sind außerdem Fänger freier Radikale, die den Zellen ebenfalls schaden können. Bislang konnte eine ähnliche Hypothese des Energietransfers nur bei bestimmten Bakterien nachgewiesen werden. Forschern vom Massachusetts Institute of Technology ist es nun erstmals gelungen, die Vibrationshypothese zu bestätigen. Sie entwickelten eine Femtosekunden-Spektroskopie-Technik, die es ermöglicht, über eine sehr kurze Zeitspanne hinweg einen breiten Energielevel von rotem bis zu blauem Licht zu beobachten. Dabei stellten sie fest, dass lokale Umweltbedingungen eine entscheidende Rolle beim Schutz vor zu viel Sonneneinstrahlung spielen. Das Wissen wollen die Forscher nun nutzen, um Ernteerträge zu steigern.
Biodiversität – Mit der Krefelder Studie im Jahr 2017 wurde deutlich, wie extrem die Zahl der fliegenden Insekten in den vergangenen 27 Jahren zurückgegangen ist. Nun zeigen Forscher vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung in Leipzig erstmals auch die regionalen Unterschiede des Insektensterbens. Die Ergebnisse der internationalen Metastudie sind besorgniserregend, wie Nadine Zeller in der Süddeutschen Zeitung schreibt. Demnach sinkt die Zahl der landlebenden Insekten jährlich um 0,92 Prozent. In einem Jahrzehnt reduziert sich damit die Zahl der Kerbtiere um neun Prozent. Für die Studie haben die Forscher Langzeituntersuchungen aus den Jahren 1925 bis 2018 aus 41 verschiedenen Ländern und knapp 1.700 verschiedenen Standorten ausgewertet. Im Ergebnis stellten sie fest, dass das Tempo des Insektenrückgangs je nach Kontinent und Lebensraum, teilweise sogar nach Region, sehr stark schwankt. Ein wesentlicher Faktor dafür ist den Forschern zufolge die Art der Landnutzung. Demnach gab es auf intensiv genutzten Agrarflächen kaum noch Insekten. Die Studie zeigt aber auch, dass die Zahl der Süßwasserinsekten pro Jahr um 1,08 Prozent gestiegen ist. Der Bestand von Insekten, die in Bäumen leben, blieb dabei nahezu stabil, während jedoch Boden- und Luftinsekten zunehmend verschwinden. Sollte der Insektenrückgang in gleicher Geschwindigkeit weitergehen, befürchten die Forscher, dass es in 75 Jahren nur noch halb so viele Insekten auf der Welt geben wird.
Lebensmittel – Wer sich fleischlos ernähren will, kann mittlerweile auf ein breites Sortiment zurückgreifen. Auch die Bundesregierung rät zu alternativen Produkten aus Soja, Erbsen, Seitan, Laborfleisch und sogar Insekten, denn sie sind gut für Umwelt und Klima. Doch wie steht es tatsächlich um die Ökobilanz fleischloser Produkte? Dieser Frage geht Annika Keilen in der Frankfurter Rundschau nach. Im Rahmen einer Literatur-Studie hatte das Öko-Institut in Freiburg die Umweltwirkung von Fleisch- und Fleischersatzprodukten untersucht. Das Ergebnis zeigt, dass mit Ausnahme von Laborfleisch alle Fleischalternativen bei der Umwelt- und Klimabelastung besser abschneiden als herkömmliches Fleisch. Dass der Klimaeffekt bei Laborfleisch noch negativ ist, liegt an der bisher ineffizienten Produktion. Auch Soja, Gluten, Milch, Insekten und Mykoprotein zeigten demnach leicht unterschiedliche Umweltentlastungspotenziale. Ein Grund: Beim Aufstellen von Ökobilanzen für einzelne Lebensmittelprodukte gibt es vergleichsweise viele Unsicherheiten. Auffallend war auch, dass bei der Bewertung sojabasierter Produkte, bisher nachteilige Effekte wie die Auswirkungen auf die globale Biodiversität oder die Abholzung des Regenwaldes zum Anbau von Soja, nicht ausreichend beachtet wurden. Trotz möglicher Landnutzungsprobleme sehen die Freiburger Forscher Fleischersatzprodukte grundsätzlich als eine sinnvolle Alternative.