Die Innovationsräume Bioökonomie

Die Innovationsräume Bioökonomie sind Netzwerke

Text: Björn Lohmann

Auf dem Weg in eine biobasierte und klimaneutrale Wirtschaft entstehen neue Wertschöpfungsketten. Mit den Innovationsräumen Bioökonomie fördert das Bundesforschungsministerium vier große Netzwerke, die innovative Ansätze für die biobasierte Wirtschaft schneller in die Anwendung bringen wollen. Die vier Innovationsräume Bioökonomie im Porträt.

Innovationsräume Bioökonomie als Förderkonzept

Der Umbau einer erdölbasierten Wirtschaft hin zu nachhaltigen, biobasierten Prozessen und Produkten erfordert ein weitreichendes Umdenken. Um relevante Forschungsergebnisse in die Anwendung zu bringen und damit gesellschaftliche wie auch industrielle Realität werden zu lassen, sind innovative Ansätze und neue Formen der interdisziplinären Zusammenarbeit gefragt. Nicht nur verschiedene Technologie- und Wissensbereiche wachsen auf dem Weg in eine Bioökonomie zusammen, sondern ganze Wertschöpfungsketten.

Akteure im Innovationsprozess vernetzen

Branchen kooperieren, die vorher nicht oder kaum zusammengearbeitet haben. In diesem Zuge entstehen neue Wertschöpfungsnetze, aus denen innovative und nachhaltige Produkte oder Dienstleistungen hervorgehen. Um Schnittstellen zwischen Forschung und Anwendung in der Bioökonomie zu schaffen und Akteure im Innovationsprozess stärker zu vernetzen, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Jahr 2016 das Förderkonzept „Innovationsräume Bioökonomie“ initiiert.

Ziel dieser Allianzen mit zahlreichen Akteuren aus Wissenschaft und Wirtschaft ist es, Forschungsergebnisse umfassender als bisher zu nutzen und Prozesse anzustoßen, die Bausteine eines gesamtgesellschaftlichen Wandlungsprozesses im Sinne der Bioökonomie werden. In einem mehrstufigen Auswahlprozess (Ideenwettbewerb und eine daran anschließende Konzeptionsphase) setzten sich schließlich vier Konsortien mit ihren Konzepten durch.

Alle Innovationsräume auf einen Blick

Vier Innovationsräume setzen Förderkonzept um

Die vier Innovationsräume Bioökonomie starteten im Jahr 2019 in die Umsetzungsphase und werden zunächst fünf Jahre lang öffentlich gefördert. Das BMBF unterstützt die Innovationsräume mit jeweils bis zu 20 Mio. Euro. Die Verbünde bringen noch weitere Eigenmittel in Millionenhöhe auf. Die vier Innovationsräume Bioökonomie beschäftigen sich mit den Themen Lebens- und Futtermittel, Textilien, der marinen Bioökonomie und der urbanen Bioökonomie im Kontext der Kreislaufwirtschaft. In diesem Themendossier werden die Innovationsräume porträtiert und die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten näher beleuchtet.

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BIOTEXFUTURE – Textilwirtschaft biobasiert gestalten

Der Innovationsraum BIOTEXFUTURE verfolgt das Ziel biobasierte Textilien auf Basis nachhaltiger Rohstoffkreisläufe herzustellen. Koordiniert wird das Netzwerk aus mehr als 70 Partnern von der RWTH Aachen und dem Sportartikelhersteller Adidas.

Der Innovationsraum auf einen Blick

Logo Biotexfuture

Ziel: Umstellung der textilen Wertschöpfungskette von erdölbasiert auf biobasiert
Partner: 75 Partner (ca. 2/3 Unternehmen, ca. 1/3 Hochschulen und Forschungseinrichtungen), darunter 16 mit Projektbeteiligung
Koordination: Adidas AG (Jan Hill und Chris Holmes) und RWTH Aachen (Prof. Dr. Thomas Gries und Prof. Dr. Roger Häußling)
BMBF-Förderung: bis zu 20 Mio. Euro
Laufzeit: November 2019 bis Dezember 2025

Website: biotexfuture.de

Jährlich werden weltweit rund 120 Millionen Tonnen Textilfasern hergestellt, 73 % davon sind synthetische Chemiefasern, die überwiegend auf Erdölbasis erzeugt werden. Die Akteure im Innovationsraum BIOTEXFUTURE möchten dazu beitragen, diese Wertschöpfungskette auf biobasierte Rohstoffe umzustellen. Eine ganzheitlich nachhaltige Basis für biobasierte Textilfasern sei bereits verfügbar, betonen die Beteiligten. Es gehe nun darum, die nachhaltigen Wertschöpfungsketten in der gesamten Branche zu etablieren.

Biobasierte Materialien, Beschichtungen und Prozesse

Damit das gelingen kann, sollen die Projekte biobasierte Materialien, Beschichtungen und Prozesse entwickeln, indem sie bestehende Produktionswege verbessern und neue Fasern und Herstellungsprozesse erforschen. Auch natürliche Polymere wie unter anderem Cellulose können als Ausgangsstoffe für Hochleistungsfasern dienen. Aus nachwachsenden Rohstoffen synthetisierte Polymere wie Polymilchsäure (PLA) stellen die zweite Generation biobasierter Rohstoffe dar.

Die Idealvorstellung hinsichtlich der Nachhaltigkeit sind schließlich reststoffbasierte Bio-Polymere wie Polyhydroxybuttersäure (PHB), die beispielsweise aus Agrarreststoffen oder Restströmen der Lebensmittelindustrie stammen können. Die Prozesse reichen dabei von der Gewinnung der Rohmaterialien über die Verarbeitung der Fasern und Garne bis zur Herstellung von Textilien. Münden soll die Arbeit des Innovationsraums in Produktprototypen.

Die Forschungsvorhaben verteilen sich auf vier Forschungsfelder:
•    Textil-Finishing (Textil-Veredelung)
•    Produkt- und Prozessmanagement
•    Recyclingmanagement
•    Entwicklung von Substraten und Materialien

Bewusstseinswandel in der Branche bewirken

Die enge Verzahnung der Forschungsprojekte mit Interessengruppen entlang der Produktionswege soll dazu beitragen, die vorhandenen Möglichkeiten in der gesamten Wertschöpfungskette zu verankern. Nicht zuletzt geht es darum, in der Branche und in der Gesellschaft insgesamt einen Bewusstseinswandel zu bewirken, um biobasierte Verfahren zu etablieren. Außerdem wollen die Projektbeteiligten neue Anwendungsfelder erschließen in den Bereichen technischer Textilien, Haushaltstextilien, Kleidung und im Automobilsektor.

2019 ging das Projektmanagementbüro an den Start. Es steuert die strategische Ausrichtung und verwaltet das Projektportfolio von BIOTEXFUTURE. Neben der Weiterentwicklung des Innovationsraums und der Controlling-Funktion ist ein vorrangiges Ziel der intensive Austausch zwischen den Beteiligten der einzelnen Projekte, um einen guten Informationsfluss und Synergien zu ermöglichen. Das Projektmanagement wird von Seiten der Industrie von Adidas geleitet; von Seiten der Forschung von der RWTH Aachen.

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Transition Lab: Die Konsumentinnen im Blick

Das sogenannte „Transition Lab“-Projekt soll die Verbindung bilden zwischen den Beteiligten des Innovationsraums mit ihren Forschungsideen auf der einen Seite und den Konsumentinnen und Konsumenten sowie Interessensgruppen entlang der Wertschöpfungskette auf der anderen Seite. Die Einblicke in die Forschung möchte das Projektteam des Transition Lab nutzen, um dazu Befragungen durchzuführen und Meinungen einzuholen, aber zugleich auch Wissen und Akzeptanz zu verbreitern.

Die Rückmeldungen, die das Team dabei erhält, werden in die Forschungsprojekte zurückgespiegelt. Technologische Innovationen und gesellschaftliche Veränderungen sollen so eng verzahnt werden mit dem übergeordneten Ziel, den Wandel zu einer biobasierten Gesellschaft voranzubringen. Das Projekt wird von der RWTH Aachen geleitet. Beteiligte Institutionen sind zudem die Universität Bayreuth, die Universität Heidelberg, die Friedrich-Albert-Universität Erlangen-Nürnberg, die Universität Duisburg-Essen sowie der Industriepartner Adidas.

Biobasierte Polymere, Fasern und Beschichtungen im Fokus

Hinsichtlich der eigentlichen Forschungs- und Entwicklungsarbeit sind bereits mehrere Projekte gestartet. Im Projekt „BioCoat“ steht ein Verfahren im Fokus, das es ermöglicht, biobasierte Textilien mit einer ebenfalls biobasierten Schutzschicht zu versehen. Konkret wollen die Forschenden eine Plattformtechnologie entwickeln, um proteinbasierte Haftvermittler mit funktionalen Proteinen und Peptiden zu kombinieren. So könnten wasserabweisende oder antimikrobielle Finishings entstehen. Das Teilprojekt läuft von 2020 bis 2023 unter der Leitung des Leibniz-Instituts für interaktive Materialien DWI. Weitere Partner sind die Unternehmen Frohn und Adidas.

Ebenfalls 2020 startete das Projekt „BioBase“. Ziel ist es, in den Bereichen Automobil, Sportbekleidung, Innenausstattung und technische Textilien jeweils ein erdölbasiertes Polymer-Produkt durch eines aus biobasierten Polymeren zu ersetzen. Diese sollen in Handhabung und Funktionalität gleichwertig sein. Als Grundlage schauen die Beteiligten auf etablierte Biopolymere und möchten am Ende Produktprototypen präsentieren. Das Projekt wird von der RWTH Aachen und dem AMIBM e.V. geleitet. Beteiligt sind außerdem mehrere Textilunternehmen.

Ein weiteres Teilprojekt aus der ersten Phase ist „AlgaeTex“. Dessen Ziel ist es, Polymer-Bausteine aus Mikroalgen für die Herstellung von Kunstfasern für Sporttextilien zu demonstrieren. Die algenbasierten Kunststoffgarne sollen in T-Shirts oder gestrickten Schuhschäften verarbeitet werden. Da Algen nur CO2 und Sonnenlicht benötigen, wäre der Produktionsprozess nachhaltiger. Das Projekt läuft von 2020 bis 2023 und wird von Adidas und der RWTH Aachen geleitet. Außerdem sind die Universität Bayreuth und das Fraunhofer IGB beteiligt.

Biobasierte Beschichtungen, Kunstrasen und Geo-Textilien

Als Besonderheit seiner Förderaktivitäten startet BIOTEXFUTURE eigene Ausschreibungen für sogenannte Seed-Fund-Projekte und Accelerator-Projekte. Im Rahmen der Seed-Fund-Projekte werden innovative Ideen unterstützt, für die noch der Machbarkeitsnachweis erbracht werden muss. Sechs bis zwölf Monate dürfen für ein solches Projekt veranschlagt werden und maximal 100.000 Euro. Projektideen, die bereits über einen Konzeptnachweis verfügen und die Umsetzung ihrer Idee beschleunigen wollen, werden hingegen über das Accelerator-Projekt gefördert. Hier werden Projekte mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren gefördert.
 

Video: Grüne Mode von Morgen

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Im Oktober 2021 sind zwei Seed-Fund-Projekte an den Start gegangen. Das Projekt „PolyPFiber“ entwickelt ein antimikrobielles PLA-Multifilamentgarn, das mit Polyphosphat versehen ist. Im Projekt „GOLD“ geht es um neue Wege, elastische Textilfasern herzustellen. Dafür wollen die Forschenden um Claudio Flores von der Mimotype Technologies GmbH die molekularen und mechanischen Details eines besonders elastisches Kollagen-Gewebe, die Goldschlägerhaut im Rindermagen, entschlüsseln. Zur Gewinnung dieses Biomaterials im Industriemaßstab entwickelt das Team einen biotechnologischen Prozess.

Darüber hinaus sind drei weitere Projekte Anfang 2022 an den Start gegangen: „CO2Tex“ verwendet Kohlendioxid direkt als Ausgangsmaterial für die Faserherstellung, „BioTurf“ entwickelt einen biobasierten Kunstrasenbelag für Sportstätten und im Projekt „DegraTex“ entwickelt ein Forschungsteam biologisch abbaubare Geo-Textilien.

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Blaue Bioökonomie in Norddeutschland: Der Innovationsraum BaMS

Blaue Bioökonomie bedeutet, biologische Ressourcen aus Meeren und anderen Gewässern wirtschaftlich, fair und nachhaltig zu nutzen. Konkret wird im Innovationsraum Bioökonomie in Marinen Standorten – BaMS an der Entwicklung aquatischer Kreislaufwirtschaften und der Integration von Produktionsprozessen für aquatische Biomasse in andere Stoffkreisläufe gearbeitet.

Der Innovationsraum im Überblick

Logo BaMS

Ziel: Blaue Bioökonomie in Norddeutschland realisieren, nachhaltige Nutzung aquatischer Ressourcen und Stärkung einer blauen Kreislaufwirtschaft
Partner: 45 Institutionen, darunter 28 Unternehmen und 17 Universitäten und Forschungseinrichtungen
Koordination: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (Dr. Stefan Meyer, Prof. Dr. Carsten Schulz)
Fördermittel: bis zu  20 Mio. Euro
Laufzeit: Oktober 2019 bis Dezember 2025
Website: blaue-biooekonomie.de

Grundlage dieser Kreislaufwirtschaften sind „blaue“ Biomassen aus Algen, Fischen, Muscheln und anderen Wasserorganismen, die nicht nur als Rohstoffe für die Verarbeitung in Bioraffinerien dienen. Die Projektpartner der Blauen Bioökonomie Norddeutschland stellen hieraus auch Lebens- und Futtermittel, Kosmetika und Erdöl-alternative Ausgangsstoffe für die Landwirtschaft her sowie nachhaltig erwirtschaftete Nährstoffe für Düngemittel. Ziel ist es dabei, Rohstoffe und anfallende Reststoffe möglichst effizient zu verwerten und durch neue Produktions- und Verarbeitungsverfahren Stoffkreisläufe zu schließen. Dadurch wird ein wichtiger Beitrag zu mehr langfristiger Nutzbarkeit biogener Ressourcen aus dem Meer und aus anderen Gewässern geleistet.

Verein als Ankerpunkt der Blauen Bioökonomie

Die Blaue Bioökonomie Norddeutschland wird von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) koordiniert und vereint 45 Mitglieder (28 Unternehmen, 15 Forschungseinrichtungen und zwei Sonstige) aus Norddeutschland. Der als Verein organisierte Innovationsraum BaMS hat seinen Sitz in Kiel. Durch die Unterstützung durch das BMBF stehen über einen Zeitraum von fünf Jahren bis zu 20 Mio. Euro Förderung zur Verfügung. Interessierte Unternehmen und Forschungseinrichtungen können dem Innovationsraum weiterhin beitreten und mit den anderen Mitgliedern Projekte und Kooperationsvorhaben durchführen. Über das Ende der Förderlaufzeit hinaus wird der Verein als Ankerpunkt der Blauen Bioökonomie in Norddeutschland bestehen bleiben.

Forschungsteam der GMA – Gesellschaft für Marine Aquakultur mbH forscht an Aquakulturen

Marine Aquakultursysteme weiterentwickeln

Der Innovationsraum hat bereits zwölf Projekte auf den Weg gebracht, darunter „BioFiA“. Hier wird eine Methode entwickelt werden, um in Echtzeit Daten zu Gesundheit und Stress von Fischen in Aquakulturen zu sammeln, auf deren Grundlage fundierte Aussagen über Tierwohl und Tierart-gerechte Haltung erfolgen können. Außerdem suchen die Beteiligten nach Faktoren, die den Stress von Lachsen bei der Schlachtung verringern. Insgesamt soll das Projekt offene Fragen zu Tierwohl und Leistungspotenzial sowohl aus Sicht der produzierenden Unternehmen als auch aus Verbrauchersicht beantworten. Weiterhin möchten die Beteiligten ermitteln, wie sich die mikrobielle Lebensgemeinschaft in Aquakulturen mit geschlossenen Stoffkreisläufen zusammensetzt und welche Auswirkungen dies auf den Nährstoffkreislauf in der Anlage hat. Beteiligt sind neben dem leitenden Forschungsinstitut für Nutztierbiologie das Fraunhofer IMTE in Lübeck, das Max-Rubner-Institut für Ernährung und Lebensmittel in Kiel sowie die Universitäten Hamburg, Kiel und Rostock. Unternehmenspartner sind die Spezialisten Monitorfish und Microganic.

Im Co-Projekt „SensoFiA“ werden die Werkzeuge, Produkte und Methoden zum direkten Monitoring der Gesundheit und der Stressantwort von Fischen in Aquakultur entwickelt. Über eine Verbesserung des Wohlbefindens der Fische, basierend auf verlässlichen Stressnachweisverfahren in Kreislaufanlagen und Netzkäfigen, sollten massive Fortschritte in der Produktionsleistung und Produktqualität möglich sein, so die Ratio. Das Projekt leiten das Fraunhofer IMTE und die Firma Baader.

Algenbiomasse vollständig verwerten

Das Projekt „BALI“ entwickelt ein Bioraffineriekonzept für algenbasierte Inhaltsstoffe. In Teilprojekten wir evaluiert, wie die Biomasse von Makro- und Mikroalgen in mehreren hintereinandergeschalteten Prozessen möglichst vollständig (kaskadisch) zu nutzen ist. Gewonnen werden so Fettsäuren, komplexe Zuckermoleküle und bioaktive Stoffwechselprodukte der Algen. Zwei Anwendungen bzw. Produkte stehen dabei im Fokus: ein natürlicher kosmetischer Hautaufheller auf Basis von Makroalgen sowie Algenzucker für die kosmetische und pharmazeutische Industrie und für Feinchemikalien. Geleitet wird das Projekt von der Universität Greifswald. Weitere Beteiligte sind das Institut für Marine Biotechnologie Greifswald, das GEOMAR Kiel sowie die Unternehmen BlueBioTech, oceanBASIS, Coastal Research & Management und Enzymicals.

Das Projekt „LaMuOpt“ zielt auf die ganzheitliche Nutzung von Braunalgen- und Muschel-Nebenerzeugnissen zur Optimierung von kreislaufbasierter Fischzucht und Produkten für den menschlichen Verzehr ab. Egal ob für die Ernährung oder als Rohstoffe für Kosmetika und Pharmazie: Muscheln und Algen werden meist nicht vollständig genutzt. Die anfallenden Reststoffe, wie zu kleine Miesmuscheln und Makroalgen-Trester, wollen die Projektbeteiligten nutzen, um daraus Fischfutter für Aquakultursysteme mit geschlossenen Stoffkreisläufen und innovative Lebensmittel herzustellen. Die Projektleitung liegt beim Fraunhofer IMTE, beteiligt sind darüber hinaus die Universität Kiel und Coastal Research & Management.

In dem Projekt „ÖkoPro“ geht es darum, die Produktion von Mikroalgen und aquatischer Biomasse in landwirtschaftliche Prozesse zu integrieren. Hierbei entstehen Synergien durch die Verwendung des nährstoffreichen Oberflächenwassers aus Biogasanlagen und der Nutzung anfallender Nährstoff-, CO2- sowie Wärmeüberschüsse. Zusätzliche Einnahmen generiert die Vermarktung von Algenbiomasse als Tierfutter und Kosmetikrohstoff. Im Projekt sollen verschiedene Produktionssysteme getestet, Prozessparameter evaluiert und besonders geeignete aquatische Biomassen identifiziert werden. Das 3N-Kompetenzzentrum für nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie Niedersachsen leitet das Vorhaben, weiterhin beteiligt sind die Firmen Microganic, oceanBASIS, BES und GICON sowie die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.

Die integrierte Haltung von Zackenbarschen und Salzpflanzen in marinen Aquakultursystemen mit geschlossenen Stoffkreisläufen steht im Mittelpunkt des Projekts „OptiRAS“. Entstehende Reststoffe sollen hier zu Dünger und Biokohle umgewandelt werden. Geleitet wird das Projekt vom Alfred-Wegener-Institut Bremerhaven; Unternehmenspartner ist die Firma Aqua-Sander.

Das Projekt „HaFF“ klärt nährstoffbelastetes Ab- und Oberflächenwasser von Fischzuchtanlagen mithilfe von Salzpflanzenkulturen (Bioremediation). Gemeint ist damit, dass im Abwasser von Aquakulturanlagen oder auch in nährstoffbelasteten Oberflächengewässern die Nährstoffe reduziert werden, indem überflutungs- und salztolerante Pflanzen in schwimmenden Modulen oder auf konstruierten Pflanzbeeten, sogenannten Pflanzenkläranlagen, diese Nährstoffe für den Aufbau ihrer Biomasse verwenden. Die Projektleitung hat Coastal Research & Management, beteiligt sind außerdem EUCC, Fraunhofer IMTE, Hanffaser Uckermark, die Kieler Meeresfarm, N.A.T. und re-natur Havelland.

Grafik Innovationsraum BaMS

Akzelerator für Gründungsvorhaben und KMUs

Der „AQUATOR“ versteht sich als Akzelerator zur Entwicklung der aquatischen Bioökonomie. Ziel des AQUATORs ist es, die wirtschaftlichen und ökologischen Potenziale der marinen Bioökonomie nachhaltig zu erschließen. Dazu werden Beratung – technisch, ökologisch, finanziell, sozial, administrativ –, Dienstleistung und Infrastruktur entlang der Wertschöpfungsketten aufgebaut. Das Vorhaben ist insbesondere an Gründerinnen und Gründer sowie an bestehende kleine und mittlere Unternehmen in der aquatischen Bioökonomie gerichtet. Das Projekt wird von Coastal Research & Management geleitet, ebenfalls involviert sind die TH Lübeck, das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, die Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg sowie das Fraunhofer IMTE.

Im Januar 2022 gingen zwei weitere Co-Projekte an den Start: „OnAsta“ wird feinste Sensorik zur optimierten Herstellung des hochpreisigen Mikroalgen-Farbstoffs Astaxanthin entwickeln; federführend ist die Firma Sea& Sun Organics. „VACO2“ wird Ammonium- und CO2-Emissionen in Biogasreaktoren durch innovative Verfahren wie Mikroalgennutzung verbessern. Projektführend ist die Firma B.E.S.

Modellstandort auf Rügen

In Bergen auf Rügen gibt es zudem seit Januar 2022 einen neuen Modellstandort. Dort entwickeln Forschende der Universität Rostock, des Forschungsinstituts für Nutztierbiologie (FBN) und die Firma Michelli Gruber Landwirtschaft (MGL) gemeinsam das „Bioökonomische Forschungszentrum Rügen“ unter dem Projekttitel „RüBio“. Beteiligt sind zudem die Firma LimnoSystem und die Universität zu Kiel und die Universität Greifswald. Auf dem ehemaligen Industriegelände werden unterschiedliche Kreisläufe sinnvoll kombiniert (zum Beispiel Insektenzucht, Hydroponik, Aquakultur) und wirtschaftlich verwertet. Intereuropäische Projekte, Forschung und Transfer sollen unter einem Dach vereinigt werden. Zusätzlich können Besucher die Anlage in Kürze besichtigen, Bioökonomie als geführte Tour erleben und die lokal produzierten Heilkräuter, Lebensmittel und Produkte vor Ort erwerben.

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Urbane Bioökonomie: Der Innovationsraum BioBall

Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei liefern traditionell die Rohstoffe der Bioökonomie. Alle drei Bereiche sind meist jedoch eher mit dem ländlichen Raum assoziiert. In Ballungsräumen sind dagegen Rest- und Abfallstoffe die große Ressource. Diese zu nutzen, verringert zugleich die Menge an Abfällen und Umweltbelastungen. Der Innovationsraum „BioBall – Bioökonomie im Ballungsraum“ will die Potenziale der Bioökonomie in und für die Metropolregion FrankfurtRheinMain heben.

Der Innovationsraum im Überblick

Logo BioBall

Ziel: Stoffliche Nutzung von biogenen Rest- und Abfallströmen in der Metropolregion FrankfurtRheinMain
Partner: 31, darunter 16 Unternehmen und 15 Hochschulen und Forschungseinrichtungen
Koordination: Provadis School of International Management and Technology AG (Prof. Thomas Bayer) unterstützt durch die Fachgesellschaft DECHEMA.
BMBF-Förderung: bis zu 20 Mio. Euro
Laufzeit: 2019 bis 2025
Website: biooekonomie-metropolregion.de

Ziel des Innovationsraums BioBall ist es, die stoffliche Nutzung von biogenen Rest- und Abfallstoffen zu fördern und den Strukturwandel hin zu einer biobasierten Wirtschaft voranzutreiben. Dazu werden biobasierte Neben- und Reststoffströme der privaten und kommunalen Wirtschaft erschlossen, um sie in den Branchen Ernährung, Chemie und Pharmazie als Rohstoffe zu verarbeiten. Darüber hinaus werden die Menschen der Region in die Projekte einbezogen, um Akzeptanz für die Technologie zu schaffen und mögliche Zielkonflikte zu identifizieren und diskutieren.

In der Metropolregion FrankfurtRheinMain leben 5,8 Millionen Menschen, jährlich fallen 900.000 Tonnen Bioabfälle an – davon 200.000 Tonnen Lebensmittelabfälle –, 146.000 Tonnen Klärschlamm, 125.000 Tonnen Biogas aus Vergärung sowie 90.000 Tonnen Lignin aus der Papierherstellung. Hinzu kommen weitere biogene Reststoffe aus der Industrie.

Insekten als Fischfutter

Acht Projekte sind bereits gestartet. „INFeed“ verfolgt von 2020 bis 2022 das Ziel, Insektenlarven mit Lebensmittelresten zu füttern, um sie als Tierfutter zu nutzen. Die insektenbasierten Futtermittel haben aufgrund ihrer Nährstoffzusammensetzung einen positiven Einfluss auf die Tiergesundheit und sollen so helfen, den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren. Entwickelt werden soll eine baukastenartige Plattformtechnologie, um für unterschiedliche Nutztiere – von Meerestieren bis Geflügel – passende Futtermittel auf Insektenbasis zu erzeugen.

Im Projekt selbst steht zunächst die Garnelenzucht in der Aquakultur im Fokus. Ziel ist es, so auch stadtnah hochwertige und nachhaltige Lebensmittel zu produzieren. Ergänzend werden die Anlagen mit geschlossenen Wasserkreisläufen geführt, um Abfälle weitgehend zu vermeiden und die gesamte Ökobilanz der erzeugten Lebensmittel zu optimieren. Geleitet wird das Projekt von der TH Mittelhessen, weitere Beteiligte sind die Fraunhofer-Institute IME und IWKS, die Universität Gießen sowie die Unternehmen Evonik, August Storck, Doehler und Herbstreith & Fox.

Riesengarnele in den marinen Aquakulturanlagen der Justus-Liebig-Universität Gießen
Riesengarnele in den marinen Aquakulturanlagen der Justus-Liebig-Universität Gießen

Reststoffströme aus der Holzindustrie nutzen

Im Projekt „GlyChem“ entwickeln Forschende von 2020 bis 2023 Extraktions- und Veredelungsverfahren, um aus lignocellulosehaltigen Reststoffströmen der Holzindustrie und der Landwirtschaft Wertstoffe zu erzeugen. Vor allem Glykane sollen so hergestellt werden. Derzeit sind sowohl Extraktion und Aufreinigung, aber auch die chemischen Modifikationen für die weitere Nutzung meist noch nicht wirtschaftlich. Die gleichzeitige Herstellung an den Prozess gekoppelter Produkte wie Polyphenole und Carbonsäuren sind ein Ansatz, daran etwas zu ändern. Die dazu nötigen Extraktions- und Modifikationsverfahren werden im Projekt entwickelt. Die Leitung hat dabei das Fraunhofer IWKS. Beteiligt sind außerdem die TU Darmstadt, die TU Clausthal, die Universität Würzburg, das Fraunhofer-Institut für Silikatforschung sowie aus der Wirtschaft Herbstreith & Fox und Südzucker.

„GreenToGreen“, unter diesem Motto soll kommunaler Grünschnitt als Basis für eine grüne Chemie genutzt werden. Von 2020 bis 2023 wollen die Projektbeteiligten erforschen, wie sich Grünschnitt in Fermentationen einsetzen lässt und erkunden, ob daraus Elektrodenmaterial für die Elektrobiotechnologie erzeugt werden kann. Dabei entstehen, mikrobielle oder enzymatische Brennstoffzellen. Gegenüber dem Einsatz in Biogasanlagen oder der Kompostierung wäre das eine deutlich höhere Wertschöpfung. Vorteilhaft an diesem Ansatz ist, dass der Grünschnitt bislang nicht genutzt wird. Koordiniert wird das Projekt von der TH Mittelhessen, ebenfalls gefördert wird die Mitarbeit der TU Kaiserslautern und der ifn FTZ. Ein entsprechendes Logistikkonzept für die Sammlung des Grünschnitts erarbeitet die Stadt Frankfurt am Main und ihre städtischen Betriebe in Eigenleistung.

Kraftwerk im Industriepark Hoechst
Im Industriepark Hoechst fällt massenhaft CO2 an, das in BioBall als Ressource genutzt wird

Kohlenstoff aus Abgasen erschließen

Nicht nur der Rohstoff, sondern auch der Prozess ist bei „SynBioTech“ biobasiert, denn darin geht es um die synergistische Entwicklung biotechnologischer und chemischer Verfahren zur Wertschöpfung von dezentralen C1-Stoffströmen. Gemeint ist damit, dass der Kohlendioxid-Anteil im Biogas chemisch zu Methanol umgewandelt wird. Das Methanol dient dem Bakterium Methylobacterium als Futter. Der Mikroorganismus kann es zu Proteinen für die Futtermittelindustrie oder Säurederivaten für den chemischen Markt weiterverarbeiten. Die Projektleitung hat die TU Darmstadt inne, weitere Beteiligte sind die Universität Marburg, die Provadis Hochschule, das Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie, das DECHEMA Forschungsinstitut sowie industrieseitig, Infraserv Höchst und Wacker Chemie.

Ebenfalls um Methanol geht es im Projekt „AbZuMeOH“. Auch hier ist der Ansatz, das bei der Verbrennung biogener Abfälle oder der Herstellung von gebranntem Kalk anfallende Kohlendioxid stofflich zu nutzen. Der für die Methanol-Synthese neben dem CO2 erforderliche Wasserstoff soll elektrolytisch aus Wasser gewonnen werden, die dazu nötige Energie aus der thermischen Behandlung der biogenen Abfälle, ergänzt durch Strom aus erneuerbaren Energien. Das erzeugte Methanol soll rein genug sein, um für Kraftstoffe oder auch Kunststoffe genutzt werden zu können. Koordiniert wird das Projekt von bse methanol Leipzig, weitere Beteiligte sind Schaefer Kalk, Infraserv Höchst und die Provadis Hochschule.

Im Projekt „CtC“ soll von 2021 bis 2024 untersucht werden, wie Glycole aus kohlenhydrathaltigen Abfallströmen erzeugt werden kann. Ziel des Projektes ist ein ökonomisch und ökologisch sinnvolles Reinigungs- und Konversionsverfahren für Zucker, die aus Pflanzenbiomasse aus der Lebensmittelproduktionskette gewonnen werden. Da durch den bisherigen Prozess noch eine Vielzahl an Nebenprodukten entsteht, ist ein weiteres Ziel die Prozessoptimierung mit einer Verringerung der Nebenprodukte, um so zu einer Verbesserung der Ökobilanz sowie der Wertschöpfung zu kommen. Das Projekt ist eine Kooperation von Air Liquide als Koordinator und der Provadis Hochschule als Partner.

Altspeisefette zu Dämmstoffen

Zwei weitere Projekte „AMP Food“ und „BIOTESS“ sind im Jahr 2021 gestartet. AMP Food baut unter anderen auf den Erkenntnissen von INFeed auf und stellt aus Insekten maßgeschneiderte antimikrobielle Peptide her. Koordiniert wird das Projekt durch das Fraunhofer-Institut IME und in Kooperation mit Van Hees umgesetzt.

BIOTESS verfolgt die Herstellung biobasierter Phasenwechselmaterialien (PCM) aus flüssigen Abfallsubstraten aus Bioabfallbehandlungen, Altspeisefetten und aus Fettrückständen von Fettabscheidern, wie sie in Mensen oder der Gastronomie anfallen. Die PCMs werden insbesondere für Dämmstoffe in der Bauindustrie gebraucht. Koordiniert wird dieses Projekt von der TU Darmstadt, Partner in dem Vorhaben sind die AWB, der EAD Darmstadt, die Jager Biotech, Rösner Ingenieurbeton und die e-hoch-3 für eine Marktanalyse der Technologie.

Begleitforschung und Wissenschaftskommunikation

Im Rahmen des wissenschaftlichen Begleitprojekts TransRegBio werden alle genannten   Forschungsprojekte kontinuierlich in Hinblick auf ihr wirtschaftliches und ökologisches Potenzial evaluiert. So wird sichergestellt, dass die Bedürfnisse der Anwender und des Marktes unter der Berücksichtigung von Umweltwirkungen entwickelt werden können. Langfristig sollen die Technologien und Prozesse skaliert werden und auch andere Metropolregionen auf dem Weg hin zu einer kreislauforientierten biobasierten Wirtschaft unterstützen.

Da eine biobasierte, nachhaltige Wirtschaft nur dann die Chance hat Realität zu werden, wenn es auch eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung gibt, ermöglicht der Innovationsraum in regelmäßigen virtuellen und Präsenzformaten die Vernetzung interessierter Akteure. Im „BioBall-Podcast“ kommen Akteure des Innovationsraums zu Wort, und diskutieren über neue Technologien, zukünftige Märkte und den notwendigen regulatorischen Rahmen.

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Der Innovationsraum NewFoodSystems – Neue Lebensmittelsysteme

Der Innovationsraum „NewFoodSystems – Neue Lebensmittelsysteme“ bringt Akteure aus der Lebensmittel- und Ernährungsforschung sowie der Lebensmittelwirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette zusammen, um Innovationen noch effizienter in die Praxis zu überführen.

Der Innovationsraum im Überblick

Logo NewFoodSystems_2020

Ziel: Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft erforschen und entwickeln neue Lebensmittelsysteme sowie Produktionssysteme für Lebens- und Futtermittel
Partner: 59 Partner, darunter 40 Unternehmen, 18 Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie ein Verband
Koordination: Max-Rubner-Institut (Prof. Dr. Sabine E. Kulling), unterstützt vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV)
Fördermittel: bis zu 20 Mio. Euro
Laufzeit: Dezember 2019 bis Dezember 2025
Website: newfoodsystems.de

Das Ziel ist es, neue Produktionsweisen und Anbauverfahren für Lebensmittel zu erproben und marktfähige Lösungen zu entwickeln. Ein besonderer Anspruch ist der ganzheitliche Bewertungsansatz für diese Produkte und Verfahren, der den Rechtsrahmen, die Qualität und Sicherheit, Verbraucherakzeptanz, Wirtschaftlichkeit, Marktfähigkeit und Nachhaltigkeit umfasst.

Innovative Produktionssysteme für Lebens- und Futtermittel

Bis zu 20 Mio. Euro stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung verteilt über die Laufzeit von fünf Jahren zur Verfügung. Die Aktivitäten des Innovationsraums, der im Dezember 2019 startete und dem mittlerweile 59 Partner aus Forschung und Wirtschaft angehören, umfassen dabei drei Innovationsfelder:

    Produktion unter kontrollierten Bedingungen (Controlled Environment Cultivation)
    Herstellung und Applikation neuer Lebens- und Futtermittelzutaten
    Ressourceneffizientes Energie- und Stoffstrommanagement mit Systemintegration

Am Ende der Laufzeit sollen neue Lebensmittel mit hoher Qualität und Sicherheit stehen, die vom Verbraucher angenommen werden und alle Voraussetzungen mitbringen, am Markt erfolgreich zu sein. können. Koordiniert wird der Innovationsraum vom Max-Rubner-Institut (MRI), unterstützt vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV).

Datenbank für alternative Proteine

Eines von acht derzeit laufenden Projekten trägt den Titel „Alternative Proteinzutaten“. Zwar gibt es Alternativen aus Pflanzen, Algen oder Insekten zu den heute meist dominierenden tierischen Proteinquellen. Doch welche Proteine welche Eigenschaften haben und wofür sie sich in Lebensmitteln besonders eignen, ist bisher kaum systematisch erfasst worden. Kernstück des Projektes ist daher der Aufbau einer Protein-Datenbank. In dieser sollen Informationen (experimentell gewonnen oder recherchiert) systematisch erfasst und wichtige Kenngrößen von der Technofunktionalität über die biologische Wertigkeit bis hin zur Nachhaltigkeit enthalten sein. Lebensmittelhersteller sollen so maßgeschneidert die jeweils geeignete Kombination von Proteinen für ihre Produkte identifizieren können. Letzteres möchte das Projekt auch selbst praktisch demonstrieren. Die Projektleitung liegt bei der Universität Bonn. Forschungsseitig ist zudem ein Team des Fraunhofer IVV beteiligt. Darüber hinaus sind elf Lebensmittelfirmen hier Projektpartner.

Das Projektziel von „Proteinschichten“, einem weiteren Projekt unter der Federführung der Kalle GmbH, sind essbare Verpackungen für die Lebensmittelindustrie. Die im Projekt entwickelten Verpackungen sollen auf Pflanzen-, Algen- oder Pilzproteinen basieren und gleichzeitig alle wichtigen Eigenschaften einer Lebensmittelverpackung erfüllen. Ein erstes Produkt wird eine kollagenbasierte Hülle für vegane Wurstalternativen sein.

Video: Nachhaltige Proteine – zu Besuch bei Akteuren aus NewFoodSystems

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Lebensmittel der Zukunft im Museum erleben

Ein anderes Projekt beschäftigt sich mit der gesellschaftlichen Akzeptanz von Ernährungsinnovationen und deren Vermittlung. Standort dafür ist das „Zukunftsmuseum“ des Deutschen Museums in Nürnberg, das im September 2021 seine Türen für Besucher öffnete und bei dem auch die Projektleitung liegt. Eine interaktive Station im Museum präsentiert sowohl realitätsnahe als auch futuristische Mahlzeiten. Dort sollen auch die Trends und Ergebnisse aus den Forschungsaktivitäten des Innovationsraums vorgestellt werden, um die Besuchenden zu informieren und deren Ernährungsentscheidungen zu erfahren. Diese Reaktionen und der Grad der Akzeptanz fließen schließlich zurück in das Projekt.

Indoor-Farming-Systeme weiterentwickeln

Klimawandel und schwindende fruchtbare Ackerflächen machen zusätzlich zu den dichtbesiedelten, urbanen Räumen und Regionen mit wenig produktiven Flächen für die klassische Landwirtschaft Indoor Farming und Vertical Farming zu einer attraktiven Option in der Zukunft. Dieser neuen Kultivierungsform ist das Projekt „In4Food“ gewidmet, geleitet vom Max-Rubner-Institut (MRI). Zum einen geht es um die beikrautfreie Erzeugung von Kräutern, zum anderen um die Kultivierung von nicht heimischen Rohstoffpflanzen, die zur Gewinnung natürlicher Aromakomponenten genutzt werden. Die Projektpartner wollen Prozessparameter optimieren, um sichere und qualitativ hochwertige Produkte zu erzeugen, aber auch Mikroorganismen identifizieren, die speziell unter Indoor-Farming-Bedingungen positive Effekte auf Pflanzenwachstum und -gesundheit haben. Nicht zuletzt soll das Ganze in einem neuen Anlagenkonzept praxisnah erprobt werden. Projektbeteiligte sind neben dem MRI das Fraunhofer IME, das Julius-Kühn-Institut sowie die Unternehmen Symrise, Nadicom und Van Hees.

In einem weiteren Indoor-Farming-Projekt, dem Projekt „SustainVanil“, das von der HS Osnabrück geleitet wird, geht es um einen nachhaltigeren Anbau von Vanille. Dabei verfahren die Forschenden zweigleisig: Zum einen entwickelt das Projekt ein Indoor-Kultursystem, das den Vanille-Anbau in Deutschland ermöglichen soll. Erforderlich ist dazu zunächst ein besseres Verständnis der physiologischen Prozesse der Vanillepflanze. Diese sollen zusätzlich dazu dienen, biologische Pflanzenschutzmaßnahmen zu etablieren. Zum anderen sollen die Erkenntnisse dazu dienen, den auf Madagaskar etablierte Anbau von Vanille zu verbessern und Erträge zu stabilisieren.

Insekten für Lebensmittel und Tierfutter

Im Rahmen des Projekts „reKultI4Food“ wollen Forschende Insektenprotein für Futter- und Lebensmittel erschließen und dazu als Nährstoffe für die Larven der Schwarzen Soldatenfliege Rest- und Nebenstoffe der Lebensmittelproduktion verwenden. Bislang gestaltet sich eine wirtschaftliche Produktion von Insektenprotein jedoch schwierig, da die Produktions- und Aufbereitungsverfahren für Insektenprotein noch nicht mit konventionellen Proteinfuttermitteln wie Fischmehl oder Soja konkurrieren können. Zudem ist das Mehrwert-Potenzial der Insekteninhaltsstoffe bisher kaum ausgeschöpft. Beide Herausforderungen sollen im Projekt bearbeitet werden, das von FiBL Deutschland geleitet wird.

Algenbiomasse kontrolliert verarbeiten

„ALGAE-MODULE 4.0“, koordiniert von der TU Berlin, will ein Best-Practice-Beispiel geben, wie eine Produktion und Verarbeitung von frischer Algenbiomasse mit konstanten und einstellbaren Eigenschaften für verschiedene Anwendungen möglich ist. Sensoren sollen das Algenwachstum kontinuierlich überwachen und optimieren. Moderne Technologien sollen anschließend die Verarbeitung in zwei Fraktionen ermöglichen, die hochwertige Inhaltsstoffe von den Proteinen beispielsweise zur Herstellung von Fleischalternativen trennt.

Ganzheitliche Bewertung

Innovationen im Lebensmittelsektor können nur erfolgreich sein, wenn wichtige Faktoren erfüllt sind. Hier knüpft das Projekt „Ganzheitliche Bewertung“ an, das auf konzeptioneller Ebene eine Methodik entwickeln möchte, die Bewertungen zur Nachhaltigkeit, zur Wirtschaftlichkeit, zur Verbraucherakzeptanz, zu Qualität, Sicherheit und Rechtsprechung beinhaltet und die jeweiligen Ergebnisse aufeinander bezieht und zusammenführt. Die vielfältigen Analyseschritte werden an einem konkreten Beispiel –insektenbasierte Lebens- und Futtermittel– durchgeführt. Ein Schwerpunkt liegt auch auf der Nachhaltigkeitsbewertung von alternativen Proteinen.

Märkte und Verwertungsmöglichkeiten im Blick

Der Innovationsraum bietet darüber hinaus den Partnern die Plattform für Diskussion und Exploration neuer Ideen und Technologien. Begleitet werden alle Projekte durch einen Innovations-Hub, der vom Fraunhofer IVV mit Unterstützung der fors.earth GmbH und des MRI organisiert wird und dessen Ziel es ist, frühzeitig Märkte und Verwertungsmöglichkeiten zu explorieren und die Ergebnisse des Innovationsraums somit schnell in die Praxis zu überführen. Im Zuge des Open Labs-Angebot wird Start-Ups die Möglichkeit gegeben technische Pilotanlagen bei Partnereinrichtungen zu nutzen. Der Dialog mit der Gesellschaft und anderen Stakeholdern wird gezielt gesucht, um mögliche Akzeptanzbarrieren von neuen Lebensmitteln und Produktionsweisen frühzeitig zu begegnen.  Der Innovations-Hub dient auch als Kern für die Verstetigung des Innovationsraums.

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