Von Aromaschocks und Laborfisch
Der kompakte Medienrückblick: +++ Basilikumaroma mit Elektroschocks erhalten +++ UN-Ozeankonferenz in New York +++ Öko-Produkte taugen oft nicht für Kompost +++ Fisch aus der Petrischale +++
Lebensmitteltechnologie – Basilikum ist ein beliebtes Kräutergewürz. Doch getrocknetes Basilikum schmeckt häufig höchstens halb so intensiv wie frisches Basilikum. Denn beim langsamen Trocknen schließen sich die Poren der Blätter, zugleich werden Inhaltsstoffe und vor allem die Aromastoffe im Blatt bereits abgebaut. Christine Westerhaus berichtet für den Deutschlandfunk in der Sendung „Forschung aktuell“ über eine neue Methode von Allan Rasmusson am Institut für Chemie der schwedischen Lund Universität, durch die ein wesentlich volleres Aroma erhalten bleibt: die Basilikumblätter werden in eine Plexiglaskammer in eine Lösung aus Wasser und Salz gegeben, an den Seiten der Kammer sind Elektroden angeschlossen. Innerhalb einer Sekunde werden mehrere etwa 20 Mikrosekunden lange Stromstöße mit einer Stärke von 600 Volt durch die Blätter geschickt. Das ist wesentlich weniger als beispielsweise die Spannung an einem Elektrozaun für Kühe. Die Prozedur sorgt dafür, dass die Blattporen offen bleiben, dadurch trocknen die Blätter viel schneller und das Aroma bleibt besser erhalten. In Zukunft will Rasmusson das Verfahren auch auf andere Kräuter ausweiten. Einige Industriepartner haben bereits ihr Interesse angemeldet, sodass schon bald geschockter aber intensiverer schmeckender statt langsam getrockneter Basilikum in Supermärkten erhältlich sein könnte.
Umweltschutz – Nummer 14 der UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals = SDG) der „Agenda 2030“ betrifft die Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Ozeane, Meere und maritimen Ressourcen. Doch laut UN-Generalsekretär António Guterres könnte bereits im Jahr 2050 mehr Plastik als Fisch in den Ozeanen enthalten sein. Heike Holdinghausen und Reinhard Wolff berichten für die taz von der ersten großen Ozean-Konferenz der Vereinten Nationen, die vom 5. bis 9. Juni in New York tagte. Während der Konferenz berieten Politiker, Nichtregierungsorganisationen, Unternehmen, Wissenschaftler und Institutionen über Themen wie Plastikmüll, nachhaltige Fischerei und den Rohstoffabbau in der Tiefsee. Und gerade auch angesichts des Klimawandels spielen die Meere eine wichtige und vor allem klimaregulierende Rolle. Die Ressourcen im Meeresboden wie Kupfer, Gold, Silber oder Zinn wurden bisher vor allem als Notlösung in der Hinterhand der Staaten angesehen, falls Primärversorger den Handel stoppen sollten. Doch mit Abnahme der Primärquellen muss auch der Abbau in der Tiefsee genauer geregelt werden. Denn der Grund der Tiefsee ist als „gemeinsames Erbe der Menschheit“ bestimmt. Werden Rohstoffe abgebaut, muss ein Teil der Gewinne an die Meeresbodenbehörde in Jamaika abgeführt werden. Das Problem: bisher gibt es keine zentrale Kontrollinstanz für einen illegalen Ressourcenabbau oder die Verschmutzung der Meere. Das Ziel der UN-Themenkonferenz daher: es soll ein „call for action“, also eine politische Erklärung erarbeitet werden, die Vorschläge und Verbesserungen zum Schutz der Ozeane beinhaltet.
Recycling – Mülltrennung, Recycling, Kompostierung – all diese Dinge stehen hoch im Kurs in Deutschland. Der Kunde möchte nachhaltig einkaufen, daher schmücken immer mehr Firmen ihre Produkte mit dem Öko-Siegel „compostable“, was gar nicht unbedingt den Tatsachen entspricht. Wie Sebastian Balzter für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtet, beruht dieses Siegel vor allem auf einer veralteten und seit 17 Jahren geltenden DIN-Norm. Die Norm verlange, dass „biologisch abbaubare Werkstoffe“ binnen zwölf Wochen verrotten, moderne Kompostieranlagen arbeiteten in der Praxis aber mit Verrotungszyklen von maximal vier Wochen. In anderen Worten: Biokunststoffe auf Maismehl- oder Milchsäure-Basis dürfen zwar ein Öko-Siegel tragen, verrotten aber zu langsam für große Kompostieranlagen. Daher werden die eigentlichen Bioprodukte regelmäßig aus dem restlichen Kompostgut aussortiert, und letztlich in Müllverbrennungsanlagen entsorgt. Eigentlich gehörten diese Bio-Produkte demnach also von vorneherein in die Restmülltonne. Kaffekapseln aus Biokunststoff sind zwar schon mal ein Schritt in die richtige Richtung, doch ihr langsamer Verrotungzyklus macht sie dennoch ungeeignet für die modernen Kompostieranlagen – das Öko-Siegel „compostable“ ist in diesem Fall also reine Augenwischerei.
Biotechnologie – Die Meere sind überfischt und Aquakulturen sind ökologisch umstritten, deshalb entwickelt Michael Selden zusammen mit seinem Geschäftpartner Brian Wyrwas in dem kalifornischen Start-up "Finless Fodds" ein Fischfilet 3.0 aus der Petrischale. Wie Andreas Menn für die Wirtschaftswoche berichtet, entnimmt Selden aus frisch-verstorbenen Fischen eine Gewebeprobe, deren Zellen er dann im Labor in einem speziellen Wachstumsmedium vermehrt. Im September will Selden den ersten Fischprototypen präsentieren und dann auch den Geschmack prüfen lassen. Bereits innerhalb der nächsten drei Jahre will Selden das Fischfleisch massentauglich produzieren und auf dem Markt anbieten. Das Ziel ist ein nachhaltig produziertes Fischfilet, welches günstiger ist, als das natürliche Vorbild. Hierfür nimmt er sich ein Beispiel an der Herstellung künstlichen Fleisches: die ersten 140 Gramm Labor-Hackbällchen kosteten noch 250.000 Euro. Inzwischen kann das künstliche Fleisch für weniger als 80 Euro pro Kilo hergestellt werden.