Von Böden, Bio und Fair-Trade
Medienrückblick kompakt: +++ Bio-Kosmetik ohne Öko-Muff +++ Neu entdeckte Arten gefährdet +++ Internationale Konferenz zur Bodenforschung +++ Wachsender Fair-Trade-Markt in Deutschland +++
Nachhaltigkeit – Der Deutsche Verbraucher ist umweltbewusst. Er achtet auf die Herkunft von Gemüse, er recycelt, und er kauft Bio-Kosmetik. Doch wie Tania Messner für die Süddeutsche Zeitung berichtet, war gerade bei Haarpflegeprodukten lange Zeit Schluss mit dem Umweltbewusstsein. Denn die natürlichen Inhaltsstoffe konnten in ihrer Wirkung den erdölbasierten Tensiden in den Hochglanzprodukten oft nicht das Wasser reichen. In der Zwischenzeit wurde jedoch viel Forschung in den Bereich gesteckt. Im Ergebnis zeigen die neuen Bio-Produkte auf Basis von Aminosäuren, Zucker- oder Kokostensiden eine ebenso gute Wirkung. (siehe auch unser Branchen-Dossier zur Konsumgüter-Industrie) Das zahlt sich auch aus. In den letzten zehn Jahren hat sich der Markt für grüne Kosmetik auf eine Milliarde Euro fast verdoppelt, und die Nachfrage steigt stetig. Mehrere neue Haarpflegelinien wie die „Zefi-Linie“ oder „Brooklyn Soap Co.“ sind frisch auf dem Markt und bieten eine umweltbewusste Pflege für Haare und Bart abseits des früheren "Öko-Muffs" – mit natürlichen Inhaltsstoffen, die biologisch abbaubar sind. Darüber hinaus gilt: Die erfolgreiche Bio-Kosmetik von heute muss hip aussehen, gut wirken und gut riechen.
Biodiversität – Auch heute werden noch viele Pflanzen- und Tierarten neu entdeckt und daraufhin zum ersten Mal in wissenschaftlichen Publikationen beschrieben. Aber anders als Archäologen oder Geologen haben Biologen bislang an der Praxis festgehalten, die Fundstellen neu beschriebener Arten mit wissenschaftlicher Genauigkeit anzugeben. Dagmar Röhrlich berichtet für den Deutschlandfunk in der Sendung Forschung aktuell über ein zweischneidige Problem, das Biodiversitätsforscher inzwischen haben. Denn einerseits gehört die Beschreibung des Lebensraumes zur Charakteristik eines Tieres, zum anderen machen die Forscher so potentiellen Wilderern ein leichtes Spiel. Röhrlich zitiert Benjamin Scheele von der Australian National University: "Ich habe gerade einen Tweet von Taxonomen gesehen. Drei Wochen, nachdem sie eine Art wissenschaftlich beschrieben hatten, wurden die Tiere im Internet zum Kauf angeboten.“ Seit rund zehn Jahren beobachteten die Wissenschaftler das Phänomen. Es scheint sich bereits rasant zu verschlimmern, weil wissenschaftliche Zeitschriften und die Geldgeber für die Forschung fordern, alle Daten öffentlich zugänglich zu machen - bis hin zu den Koordinaten des Verbreitungsraums. Deshalb rufen Forscher inzwischen dazu auf, die Veröffentlichungspraxis zu ändern, um Tiere und Pflanzen besser zu schützen - vor Fotografen ebenso wie vor Wilderern. David Lindenmayer, ebenfalls von der Australian National University in Canberra, stimmt dem zu: Informationen über die geografische Verbreitung einer Art und die über ihren speziellen Lebensraum dürften nicht mehr frei zugänglich gemacht werden. Das bedeutet eine Umstellung für wissenschaftliche Datenbanken und für die Redakteure von Fachzeitschriften.
Nachhaltigkeit – Im Rahmen der Agenda 2030 wurden im November 2015 insgesamt 17 Nachhaltigkeitsziele beschlossen, die von allen UN-Mitgliedstaaten verwirklicht werden sollen. Deutschland hat bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen, erst jüngst wurde eine "Plattform Nachhaltigkeit 2030" initiiert. Die Herausforderungen sind jedoch groß: Denn einerseits soll eine wachsende Weltbevölkerung ernährt werden, andererseits muss die Landwirtschaft nachhaltiger werden, um die Ressourcen langfristig zu erhalten. Der Boden spielt hierbei eine ganz wesentliche Rolle, wie Ute Scheub von der taz anlässlich der Global Soil Week in Berlin berichtet. Im Fokus der internationalen Wissenschaftskonferenz stand unter anderem die Frage, wie sich fruchtbare Böden erfolgreich schützen lassen. Scheub zitiert die Schlussfolgerung von Daouda Maiga vom Agrarministerium Burkina Fasos: „Es gibt keine nachhaltige Entwicklung, wenn das Land krank ist.“ Dem stimmte auch Umweltpolitiker Töpfer zu, der 2012 die internationale Wissenschaftskonferenz initiiert hatte – damals noch als Direktor des Nachhaltigkeitsinstituts IASS in Potsdam. Töpfer erhielt dieses Jahr die Medaille der „International Union For Soil Science“ für seine Arbeit zur Bodenrettung. In seiner Dankesrede betonte Töpfer, es wäre besser gewesen, wenn der Erhalt fruchtbarer Böden als eines der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele festgeschrieben worden wäre. Inzwischen frage er sich, ob es analog zur UN-Klimakonferenz auch einer UN-Bodenkonferenz bedürfe, um den sprichwörtlichen wie buchstäblichen Grund und Boden der Nachhaltigkeitspolitik zu erhalten.
Fairtrade – Das Angebot fair gehandelter Produkte wird immer breiter, und der Umsatz stieg in Deutschland im letzten Jahr erstmals über eine Milliarde Euro. Doch manche Zahlen klingen besser als sie sind - Timot Szent-Ivanyi hat sie für die Berliner Zeitung analysiert. Laut Jahresbericht von der Initiative "Transfair" kauft im Schnitt jeder Deutsche für 13 Euro faire Produkte. Das ist im europäischen Vergleich allerdings noch immer sehr wenig: Die Österreicher gaben pro Kopf und Jahr 30 Euro aus, die Briten 44 Euro und die Schweizer sogar 69 Euro.
Das Label Transfair wurde ursprünglich 1992 von Dieter Overath mit dem Ziel gegründet, die Arbeitsbedingungen von Kleinbauern in den Entwicklungsländern zu verbessern. Das blau-grüne Fairtrade-Siegel dürfen nur Produkte tragen, bei deren Herstellung anerkannte soziale und ökologische Standards eingehalten werden. Fairtrade-Bananen haben dank dieser Entwicklung mittlerweile in Deutschland einen Marktanteil von zehn Prozent. Kaffee, Kakao und Schnittblumen werden ebenfalls immer häufiger fair gehandelt. Bei Reis oder Orangensaft hingegen kommt Transfair nicht wirklich voran, nur weniger Unternehmen sind bereit mitzumachen. In der Textilbranche sieht es noch schlechter aus, so Overath. Kaum eine Firma sei bereit voranzugehen, kritisierte er. Transfair hat im Übrigen im vergangenen Jahr einen eigenen Textilstandard entwickelt. Er sieht unter anderem vor, dass beteiligte Unternehmen nicht nur die jeweiligen nationalen Mindestlöhne zahlen, sondern die Einkommen in einer Sechs-Jahresfrist auf ein Niveau anheben, welches auch zum Leben reicht.