Von Recyclingdünger und Kartoffelgenen
Der kompakte Medienrückblick: Ernährung auf Insekten umstellen +++ Recyclingdünger aus Urin überzeugt im Feldversuch +++ Züchtung neuer Kartoffelsorten +++ Mehr CO2 aus der Atmosphäre holen
Ernährung – In Asien stehen Insekten seit jeher auf dem Speiseplan. Hierzulande stößt Insektenkost dagegen oft noch auf Ablehnung. Derweil ist seit langem bekannt, dass die gezielte Zucht von Insekten helfen kann, die Ernährung der Weltbevölkerung mit gesunden Nahrungsmitteln zu sichern, wie Roland Knauer im Tagesspiegel berichtet. Forschende weltweit verweisen wiederholt auf das Potenzial von Insekten sowohl als Nahrungs- und Futtermittel. Neben Forschungsgruppen aus Indien und den Niederlanden befassen sich auch deutsche Forschende mit dem Nutzen von Insekten. Am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) forscht ein Team beispielsweise daran, wie die Larven der Soldatenfliege Hermetia illucens die Fischzucht und den Anbau von Gemüsepflanzen wie Tomaten ergänzen kann. Sie sind überzeugt, dass Insekten auch Pflanzenabfälle aufarbeiten und damit einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Ernährungsproblems liefern können.
Landwirtschaft – Pflanzen brauchen Stickstoff zum Wachsen. Die konventionelle Landwirtschaft setzt daher meist auf Kunstdünger, die Ökosystem und Umwelt belasten können. Im Ökolandbau sind synthetische Dünger verboten. Forschende vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) in Großbeeren zeigen in einer aktuellen Studie, dass Düngemittel aus menschlichem Urin und Kot beim Gemüseanbau ebenso gute Ergebnisse liefern kann wie etablierte Dünger für den biologischen Landbau. Wie die Süddeutsche Zeitung schreibt, setzte das Team den Recyclingdünger aus menschlichen Urin und Kot beim Anbau von Weißkohl in drei verschiedene Böden ein, die sich vor allem im Lehmanteil unterschieden, und verglichen die Erträge mit Vinasse, ein für den Bio-Anbau zugelassener Dünger auf Basis von Reststoffen aus der Zucker- und Alkoholindustrie. Das Ergebnis: Die Düngemittel aus menschlichem Urin lagen gleichauf mit einem Dünger für den biologischen Landbau. Bei Kompost aus menschlichem Stuhl waren die Erträge dagegen etwas geringer. Entscheidend war, dass die essbaren Teile der Weißkohlpflanze weder Krankheitserreger noch medizinische Wirkstoffe in nennenswerter Konzentration enthielten. Die Forschenden sind daher überzeugt, dass mit Nitrat angereicherte Urindünger ein enormes Potenzial als Dünger in der Landwirtschaft haben. Wie das Team im Fachjournal Frontiers in Environmental Science berichtet, könnten so bis zu 25 % der herkömmlichen synthetischen Mineraldünger in Deutschland durch Recyclingdünger aus menschlichem Urin und Kot ersetzt werden. Die Gruppe fordert nun, die Düngemittelverordnung zu ändern und menschliche Fäkalien und Urin als Ausgangsstoffe für Dünger zuzulassen, um eine echte Kreislaufwirtschaft aufzubauen.
Pflanzenzüchtung – Die Kartoffel ist weltweit die drittwichtigste Kulturpflanze. Mehrere Tausend Sorten sind seit Beginn ihrer Kultivierung entstanden. Und doch ist sie ein Sorgenkind der Pflanzenzüchter. Denn bis heute ist es schwierig, neue Sorten zu züchten. Am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) steht die Knolle seit langem im Fokus der Forschung. Hier werden Gene der Kartoffeln für die Ewigkeit aufbewahrt. Der ganze Stolz der Forschenden ist die „Kartoffel-Kryobank“, in der winzige Sprossspitzen von Kartoffelpflanzen aus verschiedenen Ländern in flüssigem Stickstoff eingefroren sind, wie Pia Heinemann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet. So beinhaltet das Genarchiv DNA, welche die Knollen zu gelben Pommes- oder Stärkekartoffeln wachsen lassen, oder Gene, die Frühkartoffeln eine zarte Schale geben. Aber auch Erbgut, das die Pflanzen toleranter gegenüber Kälte oder Hitze macht, gehören zu den Schätzen des IPK. Diese Gene sind wichtig, denn die Kartoffel leidet unter den Folgen des Klimawandels seit langem. Hitze- und Dürreperioden können zu Ertragseinbußen von bis zu 70 % führen. Aber auch Blattläuse und andere Schädlinge beeinträchtigen das Wachstum der Pflanze zunehmend. Erst vor knapp einem Jahr ist es einem Forscherteam vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung und der LMU München gelungen, das tetraploide Genom einer gängigen Zuchtkartoffel zu entschlüsseln. Das Wissen um die Genomsequenzen der Kartoffelsorten kann die Züchtung neuer Sorten beschleunigen.
Klima – Will die Staatengemeinschaft das in Paris verankerte Klimaziel erreichen, muss noch mehr CO2 aus der Atmosphäre geholt werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Klimaforschenden aus Deutschland, Großbritannien und den USA. Nach einem Bericht in der Frankfurter Rundschau sind konventionelle Maßnahmen wie die Aufforstung von Wäldern nicht ausreichend, um ausreichend Klimagas zu binden. Die Forschenden kritisieren, dass neuartige Methoden der CO2-Speicherung aber kaum bis gar nicht weiterentwickelt werden. Dazu gehören etwa die direkte CO2-Entnahme aus der Luft mit anschließender Speicherung (DACCS) oder Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (BECCS). Dem Bericht zufolge werden aktuell mit den neuartigen Methoden gerade einmal 0,002 Gigatonnen (Milliarden Tonnen) CO2 pro Jahr gebunden. Zur Erreichung der Klimaziele müsste bis 2030 dreißigmal so viel entnommen werden. Die kommenden Jahre sind laut den Autoren entscheidend dafür, neuartige Methoden zur CO2-Entnahme weiterzuentwickeln und politische Rahmenbedingungen für ihre Skalierung zu schaffen.