Von Quallenchips und Kuhtoiletten
Der kompakte Medienrückblick: Kälber proben Latrinengang +++ Stickstoffüberschuss schadet Baumwachstum +++ Chips und Dünger aus Quallen +++ Schadinsekten zerstören Wälder
Landwirtschaft – Haustiere sind meist stubenrein. Doch was wäre, wenn nicht nur Katzen und Hunde, sondern auch Rinder eine Toilette benutzen würden? Was absurd klingen mag, könnte durchaus Realität werden. Wie Joachim Mangler in der Welt berichtet, haben Forscher am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf bei Rostock gemeinsam mit Partnern untersucht, inwiefern Kühe den Latrinengang erlernen können. Die Latrinen wurden dafür mit einem durchlässigen grünen Belag versehen, der gleichzeitig als Spritzschutz fungierte. Schieden die Tiere außerhalb der Latrine ihren Urin aus, wurden sie mit einer kurzen Dusche bestraft. Gingen sie dagegen in die Latrine, wurden sie mit 40 Gramm gequetschter Gerste belohnt. Schon nach 10 Trainingstagen nutzen 11 von 16 Kälbern die Kuhtoilette. Insgesamt fanden 76 Prozent aller Urinationen in der Latrine statt. Ob diese Methode praxistauglich ist, muss sich allerdings noch zeigen. Die Forscher sind jedoch überzeugt: Würden Rinder Kuhtoiletten benutzen, würden Umwelt, Tierhalter und Tiere gleichermaßen davon profitieren.
Umwelt – Stickstoff fördert das Pflanzenwachstum und sorgt im Konkreten für mehr Holzertrag. Doch ein Überschuss an Stickstoff kann den Effekt zum Kippen bringen und das Ökosystem Wald schädigen, wie Sandra Kirchner in der Frankfurter Rundschau berichtet. Das Problem: Durch das Düngen in der Landwirtschaft aber auch durch den Verkehr gelangt mehr Stickstoff in die Umwelt als Bäume verarbeiten können. Die Folgen sind ein geringeres Wurzelwachstum, vor allem weniger Feinwurzeln. Dadurch lichten sich Baumkronen und die Bäume werden anfälliger für Wind und Trockenheit. Welchen Einfluss Stickstoff auf das Baumwachstum hat, haben Forscher in einer Langzeitstudie untersucht. Sie konnten nicht nur belegen, dass der über die Luft in den Boden eingetragene Stickstoff der wichtigste Umweltfaktor für das Baumwachstum ist. Sie konnten auch den konkreten Grenzwert ermitteln, ab welchen Mengen der Stickstoff nicht mehr wachstumsfördernd für Bäume ist. Demnach wachsen Baume weniger, wenn die Grenze von 35 kg Stickstoffeintrag pro Hektar überschritten wird. Der Studie zufolge wird in Deutschland dieser Kipppunkt durch die landwirtschaftlichen Stickstoffüberschüsse überschritten. Laut Umweltbundesamt lag der Stickstoffüberschuss 2017 bei 93 Kilogramm je Hektar. Die Forscher sind sich einig: Der Stickstoff-Eintrag muss massiv gesenkt werden, um das Ökosystem Wald zu schützen.
Forstwirtschaft – Hitze, Trockenheit und Schädlingsbefall haben in den vergangenen zwei Jahren viele Bäume extrem geschwächt und teils zu Kahlschlag geführt. Vor allem Schädlinge wie der Borkenkäfer können sich auf Grund von Hitze und Trockenheit in bereits geschwächten Bäumen besonders schnell vermehren. In Folge des Schädlingsbefalls mussten 2019 fast sechs Mal so viele Bäume gefällt wie 2017, berichtet die Deutsche Welle. Der Anteil an Schadholz war demnach mit zwei Drittel entsprechend hoch. Experten sprechen von der schwierigsten Waldschaden-Situation seit 200 Jahren. Etwa 83% der zu fällenden Waldbäume entfielen laut Statistischem Bundesamt im vorigen Jahr auf Nadelhölzer wie Fichten, Tannen, Douglasien, Kiefern und Lärchen - insgesamt 56 Millionen Kubikmeter. Aber auch Laubbäume leiden zunehmend unter Trockenstress, werfen Früchte und Äste ab und zeigen lichte Baumkronen. Von den Waldschäden betroffen sind vor allem die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Thüringen.
Klimawandel – In der Ostsee gibt es in diesem Jahr besonders viele Quallen. Was Urlauber abschrecken dürfte ist für Ozeanographen und Biologen ein Forschungsfeld mit großem Potenzial, wie Ralf Nestler im Tagesspiegel berichtet. Der milde Winter hat nicht nur neue Quallen aus der Nordsee angeschwemmt, sondern auch den Bestand heimischer Quallen gefördert. Welche Rolle Quallen für das Ökosystem spielen, ist noch weitestgehend unerforscht. Bekannt ist jedoch, dass sich viele Meerestiere, darunter Meeresschildkröten, von Quallen ernähren. Doch auch für die Bioökonomie könnten Quallen nützlich sein, wie das EU-Projekt „GoJelly“ beweist. Nach Ansicht der Forscher ist das gallertartige Material geeignet, um Mikroplastik zu filtern. Denn bei Stress produzieren Quallen Schleim, der zur Abwasserreinigung eingesetzt werden kann. Ein Patent auf den schleimbasierten Filter wurde von den GoJelly-Forschern bereits angemeldet. Darüber hinaus könnten Quallen auch als Dünger in der Landwirtschaft oder als Futter für Aquakulturen verwendet werden. Biotechnologen haben sogar ein Verfahren entwickelt, um aus Quallen Chips als Snacks herzustellen.