Von Klärschlamm-Sprit und Polsterfolien
Der kompakte Medienrückblick: Sprit aus Klärschlamm +++ Polsterfolie aus Recyclingpapier +++ Hecken als Klimaretter +++ Zunahme von Plastikmüll im Meer
Bioenergie – Forscher in Bayern entwickeln Verfahren, um die Ausbeute bei der Produktion von Kraftstoffen aus biologischen Abfällen zu steigern, wie Ralf Nestler im Tagesspiegel berichtet. Rund 15 Millionen Tonnen biologische Abfälle wie Klärschlamm, Grünschnitt oder Lebensmittelabfälle gelangen jedes Jahr in Kompostierungs- und Vergärungsanlagen. Ein Teil davon wird zu Biokraftstoffen. Die Klimabilanz der Herstellungsprozesse sei allerdings schlecht, da je nach Ausgangsmaterial bis zu 50 % des enthaltenen Kohlenstoffs verlorengingen, wie Jakob Burger von der TU München sagt. Im Klärschlamm sei beispielsweise anfangs viel mehr Sauerstoff enthalten als im Endprodukt, dem Biofuel. Das Gas reagiert im Prozess vor allem mit Kohlenstoff, dabei entsteht CO₂, das als Abgas in die Atmosphäre entweicht. Der Kohlenstoff könnte andernorts als Rohstoff für synthetische Kraftstoffe verwendet werden. Um diese herzustellen, ist zusätzlich Wasserstoff nötig, der per grünstrombetriebener Elektrolyse bereitgestellt wird. Deshalb wäre es sinnvoll, die Biosprit- und E-Fuel-Produktion zusammenzubringen. Jacob Burger und weitere Fachleute möchten dies in ihrem Projekt „Synergy Fuels“ realisieren. Sieben Partner aus Forschung und Industrie haben sich in dem vom Bundesverkehrsministerium geförderten Projekt zusammengeschlossen. Die Projektmitglieder planen, in Ostbayern eine Biokraftstoff-Raffinerie aufzubauen. In drei Jahren könnte diese kontinuierlich laufen und acht bis zehn Tonnen Kraftstoff jährlich liefern. Das Team geht davon aus, dass zunächst vor allem ein lokaler Einsatz der Technologie in Kommunen oder Landwirtschaftsbetrieben lohne.
Biomaterialien – Vor drei Jahren gründeten drei Schulfreunde die Papair GmbH, ein Start-up, das Luftpolsterfolie aus Recyclingpapier herstellt. Die Unternehmer haben es sich zur Aufgabe gemacht, eine nachhaltige Alternative zu kunststoffbasierter Luftpolsterfolie zu entwickelt, wie Johanna Chowanietz in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet. Das fertige Produkt behält den hellbraunen Farbton der Pappe bei, da das Herstellungsmaterial nicht behandelt wird. Optisch bestehe ansonsten zwischen dem bekannten Produkt aus Plastik und der Erfindung aus recyceltem Papier kein großer Unterschied. Das Recyclingpapier für die Luftpolsterfolie wird von deutschen Herstellern bezogen, um lange Transportwege zu vermeiden. Die Polsterwirkung des Produkts könne mit der des Originals mithalten, wie Mitgründer Steven Widdel sagt: „Unser Produkt bietet für die haushaltsüblichen Bestellungen einen nachhaltigen Ersatz. Da Papier in seinen natürlichen Eigenschaften nicht wasserabweisend ist, wird es aber immer Bereiche geben, in denen Kunststofffolie vonnöten sein wird. In Zukunft lässt sich der Verbrauch jedoch deutlich einschränken.“ Trotz des nachhaltigen Produktionsprozesses sind die Preise mit dem aus Kunststoff hergestellten Produkt vergleichbar. Die Luftpolsterfolie ist biologisch abbaubar, weil keine herkömmlichen Klebstoffe verwendet werden, sondern ein Naturkleber zum Einsatz kommt. Falls sie nicht im Papiermüll, sondern in der Natur landen sollte, kompostiert sie sich und stellen keine Gefahr für Tiere oder Umwelt dar.
Klimaschutz – Hecken sind eine etwa 400 Jahre alte Erfindung des Menschen. Sie dienen oft als Begrenzung für landwirtschaftliche Flächen und haben einen positiven Effekt auf Klima, Artenschutz und Landwirtschaft. Richard Fuchs fasst in SWR2 Wissen die vorteilhaften Eigenschaften von Hecken zusammen. So zeigen erste Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt „CarboHedge“ des Braunschweiger Thünen-Instituts, dass die Gewächse ein enormes Potenzial als Langzeitspeicher für Kohlenstoff haben. Dieser wird im Boden als Humus und im weit verzweigten Wurzelgeflecht gespeichert. Neben ihrer Rolle als Kohlenstoffspeicher haben Hecken auch Vorteile für den Biotop- und Artenschutz, da sie dauerhaften Schutz für gefährdete Tier- und Pflanzenarten bieten. Für Landwirte haben die Gewächse aber auch Nachteile, deshalb sehen Hecken-Forscher eine zentrale Aufgabe darin, das Neupflanzen von Hecken für Landwirte zu einem attraktiven und langfristig ausgerichteten Geschäftsmodell zu machen. Ein Ansatz dafür wäre die sogenannte Kohlenstoff-Landwirtschaft, das „Carbon Farming“. Der Hamburger Verein „Heckenretter e. V.“ möchte erreichen, dass Wildhecken wieder mehr Wertschätzung erfahren. Die Mitglieder verkaufen Eis am Stil mit „Hecken-Geschmack“ aus den Früchten von Heckenpflanzen und setzten sich für das Anpflanzen neuer Hecken zum Ausgleich von CO2 Emissionen ein.
Umweltverschmutzung – In Deutschland wird viel dafür getan, um Plastikmüll zu reduzieren. Dennoch nimmt die Plastikflut weltweit kontinuierlich zu, mit verheerenden Folgen für die Meeresbewohner, wie Tina Baier in der Süddeutschen Zeitung berichtet. Einer aktuellen Studie zufolge schwimmen inzwischen 170 Billionen Plastikteilchen auf der Meeresoberfläche. Die Forschenden werteten Daten zu im Meer schwimmendem Plastikmüll aus, die zwischen 1979 und 2019 an insgesamt 11.777 Standorten gesammelt wurden. Nach ihren Berechnungen hätte die Vermüllung der Meere mit Plastikteilchen seit dem Jahr 2005 stark zugenommen. Diesen Anstieg führten sie vor allem auf die verstärkte Produktion von Plastikprodukten zurück, die weiter exponentiell wachse. Die Bemühungen, Plastik zu vermeiden und zu recyceln, fielen im Vergleich dazu bisher kaum ins Gewicht. Laut Angaben des Naturschutzbundes Deutschland gelangen etwa 80% des Plastikmülls über Flüsse in Ozeane, 20% gelangen direkt ins Meer. Ein großes Problem stellen alte Fischernetze dar, in denen sich Meerestiere verfangen und verenden. Kleine Plastikteilchen dagegen werden von Meeresbewohnern oft mit Nahrung verwechselt, verstopfen ihren Verdauungstrakt, die Tiere verhungern. Mikroplastik wird auch von Plankton aufgenommen, gelangt so in die Nahrungskette und kann letztendlich über den Verzehr von belastetem Fisch auch in den menschlichen Körper gelangen.