Synthetische Reaktionsräume für Enzyme einrichten

Synthetische Reaktionsräume für Enzyme einrichten

Zellen sind wie Fabriken in verschiedene Reaktionsräume unterteilt, in denen bestimmte Schritte eines Produktionsprozesses ablaufen. Ließen sich solche Reaktionsräume im Labor herstellen, wäre das ein erster Schritt auf dem Weg zur künstlichen Minimalzelle, die nur mit dem absolut nötigsten Inventar ausgestattet ist. Die Biotechnologin Kathrin Castiglione will solche Reaktionsräume im Labor herstellen, um damit in Zukunft Feinchemikalien zellfrei im großen Maßstab zu produzieren. Dazu baut sie am Lehrstuhl für Bioverfahrenstechnik der Technischen Universität München eine für die nächsten vier Jahre finanzierte Nachwuchsgruppe im Rahmen der Fördermaßnahme „Basistechnologien“ auf.

  Membrankapseln mit Enzymen
Membrankapseln mit Enzymen im Inneren, mit deren Hilfe sich zellfrei Feinchemikalien herstellen lassen.

„Idealerweise enthält so ein synthetischer Reaktionsraum nur die für die Produktsynthese nötigen Komponenten“, sagt die Forscherin. „Wir wollen künstliche Membranreaktoren im Nanomaßstab herstellen, in die Enzyme verkapselt werden“, so Castiglione. Als Baumaterial für die Kapseln setzt die Münchnerin auf sogenannte Triblock-Copolymere. Sie lagern sich in wässrigen Lösungen spontan zu Strukturen zusammen, die natürlichen Biomembranen ähneln. Zudem soll die Membran der Kapseln mit Transportmolekülen durchsetzt werden und auf ihrer Oberfläche sollen zusätzliche Eiweißmoleküle verankert werden.

Da die künstlichen Kapseln und ihre Füllung – unter anderem Enzyme aus der Klasse der Oxidoreduktasen – vergleichweise teuer sind, zielt Castiglione mit ihrem Team insbesondere auf die Produktion von hochpreisigen Feinchemikalien ab, wie etwa Vorstufen für Medikamente. „In miniaturisierten Rührkesseln erproben wir von vorneherein die Produktion unter Prozessbedingungen“, sagt sie.

Im Zentrum der geplanten Arbeiten steht zunächst, ein effizientes Verfahren für die Herstellung der Enzymmembranreaktoren in Nanomaßstab zu entwickeln. Gleichzeitig sollen die neuen Reaktionsräume auch entsprechend „möbliert“ werden. „Wir wollen dazu Transportproteine aufspüren oder neu designen, um die Durchlässigkeit der Membran zu modulieren“, sagt Castiglione. Eine Schlagzeile, die die Forscherin später einmal gerne über ihr Projekt lesen würde, lautet so: „Erster industrieller Prozess auf Basis synthetischer Reaktionskompartimente gestartet“. (pg)