Von Blaublühern und Bio-Benzin
Der kompakte Medienrückblick: +++ Biosynthetisches E-Benzin +++ Studie zu Grillkohle aus den Tropen +++ Blaue Chrysanthemen durch Gentechnik +++ Mikroben surfen auf Plastikmüll im Meer
Bioenergie – Zucker: die meisten Organismen verwenden ihn als Energielieferant und somit als Treibstoff. Mittels genetisch veränderter Bakterien ist es nun möglich, aus Zucker Isobuten herzustellen – ein Grundstoff für Treibstoff. Wie Christoph Richter für den Deutschlandfunk in der Sendung „Umwelt und Verbraucher“ berichtet, könnte das grüne Benzin bereits in wenigen Jahren flächendeckend auf dem Markt zum Einsatz kommen. Wie funktioniert die Umwandlung von Zucker zu Bio-Benzin? In einen Fermentationsprozess wird aus Zucker - durch genetisch veränderte Bakterien - Isobuten hergestellt. Ein Kohlenwasserstoff: Der Grundstoff für Treibstoffe, der bisher aus Erdöl gewonnen wird. Dieses Erdöl können Forscher jetzt mit nachwachsenden Rohstoffen ersetzen. Die Wissenschaftler arbeiten in einer Kooperation mit dem französischen Unternehmen Global Bioenergies und dem Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse in Leuna. Auch wenn das Verfahren an sich komplette CO2-Neutralität verspricht, ist es noch nicht einsatzbereit, da für einen Liter Isobuten noch etwa vier Kilogramm Zucker benötigt werden. Zur Zeit werden erste Produktionsanlagen geplant, die Tankstellen ab 2019 mit dem neuen Kraftstoff beliefern. Um dem Zuckerbedarf gerecht zu werden, hat Global Bioenergies ein Joint Venture mit Crystal Union – einer der größten französischen Zuckerhersteller – gestartet.
Umwelt – Umweltschützer warnen schon seit Jahren vor den klimaschädigenden Folgen der Tropenwälder-Rodung. Der Gran Chaco in Paraguay mit seinen Trocken- und nicht Regenwäldern steht dabei jedoch selten im Fokus. Die taz berichtet über die Holzkohle-Exporte Paraguays, die mittlerweile auf 40 Mio US-Dollar gestiegen sind. Gut 15 % der Exporte sollen nach Deutschland gehen. Damit war Paraguay der zweitwichtigste Lieferant für Grill-Holzkohle, hinter Polen. Holzkohle sei aber nicht der Hauptgrund für die Rodungen, sondern ein Nebeneffekt, sagt Matthias Baumann. Der Geograf an der Humboldt-Universität in Berlin hat eine Studie über die Auswirkungen der Abholzung in der Region auf das Klima veröffentlicht. Mehr als 95 Prozent der betroffenen Flächen würden abgeholzt, um sie für die wachsende Viehzucht zu nutzen. Und auch der Sojaanbau spiele eine wichtige Rolle, heißt es von Greenpeace. Laut Baumanns Studie wurden zwischen 1985 und 2013 mehr als 49.000 Quadratkilometer des paraguayischen Chacos gerodet, das entspricht einer Fläche etwas größer als Niedersachsen. Kohle aus dem gerodeten Gran-Chaco geht dem Earthsight-Bericht zufolge auch in Deutschland an verschiedene Discounter. Diese berufen sich zwar auf Herkunftszertifikate, doch die sind nicht immer vertrauenswürdig. Wenn Verbraucher auf Nummer sicher gehen wollen, haben sie einige Alternativen: sie können sich für Holzkohle aus Resthölzern oder Briketts aus verkokten Resten landwirtschaftlicher Abfälle entscheiden.
Biotechnologie – Gentechnik hat den Traum vieler Zierpflanzenzüchter wahr werden lassen: Chrysanthemen blühen jetzt auch blau. Nur wenige Blumen blühen von Natur aus blau – Rosen, Nelken und Chrysanthemen gehören nicht dazu. Wie Manfred Lindinger in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt, ist es japanischen Pflanzengenetikern jetzt erstmals gelungen, die blaue Blütenfarbe herbeizuführen. Dafür schleusten Naonobu Noda vom japanischen Nationalen Forschungszentrum für Landwirtschaft und Lebensmittel und sein Team jeweils ein Gen der Marien-Glockenblume (Campanula medium) und ein Gen aus der Blauen Klitorie (Clitoria ternatea) in das Erbgut der Chrysanthemen ein. Die beiden fremden Baupläne für Enzyme veränderten die molekulare Struktur der Pflanzenfarbstoffe, die die roten und rosa Farben von Chrysanthemenblüten erzeugen, und ließen sie nun blau erblühen. Dieses spezielle Verfahren sei ein vielversprechender Weg, um auch bei anderen Zuchtblumen blaue Varianten zu erzeugen. In Deutschland werden die transgenen Blumen jedoch vorerst nicht wachsen: Der kommerzielle Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ist hier derzeit nicht erlaubt.
Umwelt – Die Wasserverschmutzung durch Mikro- und Makroplastikpartikel wurde bereits häufig thematisiert. Über unzureichende Filtrierungsanlagen gelangen die Kleinstteile in Süß- und Salzwasser und von dort über kurz oder lang in unsere Nahrungskette. Andrea Hoferichter berichtet für die Süddeutsche Zeitung von einem anderen Problem: Forscher haben herausgefunden, dass die Plastikteile praktisch sofort von Mikroorgansimen besiedelt werden, und sich innerhalb kurzer Zeit ganze Wohngemeinschaften von Mikroorganismen bilden. Diese würden in Schichten auf den Teilchen leben, wobei die obere Schicht des Biofilms immer die Stoffwechselabfälle der unteren Schicht verarbeitet. Außerdem können durch verschiedene Strömungen ortsfremde Keime und Mikroorganismen in neue Gebiet gelangen, und dort Algenblüten verursachen oder krankmachende Keime verbreiten. Zum Beispiel solche, die sich in Kläranlagen auf Textilfasern oder auf Plastikperlen aus Kosmetik-Peelings abgelagert haben. Der Forschungsbedarf ist groß, denn zur Zeit gibt es noch mehr Fragen als Antworten. Sowohl in der Ostsee als auch im Atlantik vor Nordholland laufen momentan neue Forschungsprojekte, um die Besiedelung der Plastikteile genauer zu untersuchen, und um etwaigen Konsequenzen frühzeitig entgegenwirken zu können.