Von Bioakustikern und Bakterienbeton
Der kompakte Medienrückblick: Baumkronen sorgen für gutes Mikroklima +++ Beton aus Bakterien +++ Mikroplastik kommt vom Meer ans Land zurück +++ Artenvielfalt bioakustisch erfassen
Waldwirtschaft – Bäume sind nicht nur Sauerstoffproduzenten. Gerade im Sommer bieten ihre Baumkronen einen schattigen Platz vor der Hitze. Wie wichtig ein dichtes Blattwerk für das Klima und die Artenvielfalt am Boden ist, zeigt eine internationale Studie, über die der Tagesspiegel berichtet. Die Forscher hatten in 100 Wäldern in 56 Regionen Europas die Temperaturen im Unterholz gemessen. Dabei zeigte sich, dass die Temperatur am Boden stark steigt, wenn sich das Blätterdach lichtet. Gleichzeitig ändern sich dadurch auch die Lebensbedingungen für die dort lebenden Arten drastisch. Bisherige Klimaprognosen orientieren sich an Daten von Messstationen, die Temperaturen etwa zwei Meter über dem Boden auf freier Fläche messen. Landschaftsform, Vegetation durch Verschattung, Luftmischung und Verdunstungsraten würden jedoch sehr unterschiedliche Mikroklimate in Bodennähe erzeugen, schreiben die Forscher. Sie plädieren dafür, das Mikroklima in Wäldern bei Berechnungen zur Entwicklung der Biodiversität künftig einzubeziehen, und fordern Waldbewirtschafter auf, die Auswirkungen von Forsteingriffen auf die Klimabedingungen am Waldboden und deren Einfluss auf das gesamte Ökosystem zu berücksichtigen.
Materialforschung – Beton ist für die Bauwirtschaft ein wichtiger Rohstoff, aber eben auch ein Klimakiller. Jährlich werden durch die Herstellung Milliarden Tonnen CO2 verursacht. Weltweit suchen Forscher daher nach Wegen, das Bauen umweltfreundlicher zu machen. Eine Alternative könnte Bakterienbeton sein, über den Andrea Hoferichter in der Süddeutschen Zeitung berichtet. In dem von US-Forschern entwickelten Bio-Beton werden die Sandkörner mit einem Kleber aus Cyanobakterien und deren Stoffwechselprodukten zusammengehalten. Wie Pflanzen nutzen diese Bakterien Licht und Kohlendioxid, um sich zu vermehren. Die als Blaualgen bekannten Mikroorganismen können sogar mehrere Wochen im Beton überleben und bei Bedarf und entsprechender Temperatur sogar für Nachschub sorgen. Ein Mix aus Bakterien, Wasser, Nährstoffen, Gelatine und Salze, hält den Bio-Beton zusammen und macht ihn robust. Wird der flüssige Bakterienmix mit Sand verrührt, in Form gegossen, gekühlt und getrocknet, entsteht ein fester Stein, der sich als Straßenpflaster oder Fassadenmaterial eignet. Noch steht die Forschung dazu ganz am Anfang. Die mechanischen Eigenschaften des neuartigen Betons und die Lebensdauer der Blaualgen müssen noch verbessert werden.
Umwelt – Millionen Tonnen Plastikmüll landen jährlich in den Weltmeeren und gefährdet ganze Ökosysteme. Was einmal in den Gewässern landet, versinkt auf ewig in den Tiefen. Davon waren Forscher zumindest bisher überzeugt. Eine neue Studie zeigt jedoch, dass Mikroplastik aus dem Meer auch wieder an Land kommen kann. Wie Volker Mrasek in der Deutschlandfunk-Sendung Forschung aktuell berichtet, können die Partikel durch Gischt und Wind buchstäblich tröpfchenweise wieder ans Festland gelangen. Messkampagnen schottischer Forscher an der französischen Atlantikküste ergaben, dass die vom Meer in die Luft geschleuderten Wassertröpfchen nicht nur Wasser, sondern auch Mikroplastikpartikel transportieren. Die Forscher sind überzeugt, dass auf diesem Weg jährlich weltweit 130.000 Tonnen Mikroplastik allein in Bodennähe vom Meer an Land gelangen könnten. Somit wäre das Meer nicht mehr nur eine Senke, sondern eine Sekundärquelle für den Eintrag von Mikroplastik an Land.
Bioakustik – Mit einem schnarrenden Ruf markieren Wiesenknarren ihr Revier. Zu sehen ist der kleine braune Vogel eher selten, weil er sich meist im hohen Gras versteckt. Berliner Bioakustiker versuchen daher, die gefährdete Vogelart mit Mikrofonen aufzuspüren, wie Rebecca Hahn in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet. Wissenschaftler vom Museum für Naturkunde hängen dafür Rekorder in Bäume oder plazieren ihre Stative auf der Wiese, um den Klang und Bild dieses Vogels einzufangen. Einzelne Tierstimmen herauszuhören, erfordert bisher vor allem ein geschultes Gehör. Um das Klanggemisch von Tieren besser orten zu können, testen die Berliner Forscher im Unteren Odertal ein neuartiges Sensorsystem an den Wachtelkönigen. Manche Wissenschaftler versuchen hingegen, die Klangkomposition ganzer Ökosysteme zu entschlüsseln. Denn jedes Biotop hat seinen eigenen akustischen Fingerabdruck. Der US-Musiker Bernie Krause war einer der Ersten, der in den 80er Jahren Geräusche in der Natur einfing und feststellte, dass die Stimmen der Tierwelt einem „orchestrierten Arrangement“ gleichen. Krauses Theorie: In einem intakten Ökosystem sind alle Frequenzen besetzt, ohne dass es zu starken Überlappungen kommt. Die Biodiversität über akustische Methoden objektiv zu erfassen, ist zwar relativ neu. Indes bestätigen auch neueste Studien: In der Klanglandschaft zeigt sich, wie das Land genutzt wird. Eine häufig gemähte Wiese beeinflusst denach hörbar die Artenvielfalt.