Von Algenfasern und Artenverlust
Der kompakte Medienrückblick: Viele Wirbeltiere verschwunden +++ Öfter Dürren in Europa +++ Tampons aus Algenfasern +++ Fünf Jahre Krefelder Studie
Biodiversität – Der Klimawandel gilt als eine der Ursachen für den weltweiten Rückgang der Tier- und Pflanzenarten. Nun zeigt eine neue Studie der Umweltschutzorganisation WWF, wie es um die Wirbeltiere auf unserem Planeten steht. Wie Katja Gelinsky in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt, sind rund 70 Prozent der seit dem Jahr 1970 erfassten Populationen an Säugetieren, Vögeln, Fischen, Amphibien und Reptilien mittlerweile durch den Einfluss des Menschen verschwunden. Das geht aus dem jüngsten „Living Planet Report“ der WWF hervor. Dazu zählen neben den Gorillas in Kamerun auch die Feldlerchen in Deutschland. Doch es gibt auch gute Nachrichten. Seit 2015 hält sich der Artenrückgang stabil auf einem Niveau von 69%. Zwar reichten der Studie zufolge bisherige Bemühungen zur Rettung der Artenvielfalt nicht aus. Doch es gibt einzelne Erfolgsmeldungen, die zeigen, dass Anstrengungen sich lohnen und die biologische Artenvielfalt noch zu retten ist: Seeadler, Kegelrobben und Störche sind in Deutschland wieder öfter anzutreffen.
Klima – Europa hat in diesem Sommer massiv unter Hitze und Dürre gelitten und bei den Temperaturen Rekordwerte verzeichnet. Die Studie eines internationalen Forschungsteams bestätigt nun diesen negativen Rekord. Wie die Zeit berichtet, war der diesjährige Sommer einer der heißesten jemals gemessenen in Europa, mit insgesamt mehr als 24.000 verzeichneten Hitzetoten. Die Forschenden prognostizieren auch, dass West- und Mitteleuropa als Folge des Klimawandels alle 20 Jahre mit solchen extremen Dürren wie in diesem Sommer rechnen muss – auch, wenn sich die Erde nicht weiter erwärmen würde. Ohne die von Menschen gemachte Erderwärmung würde es in Europa nur alle 60 bis 80 Jahre eine solche Dürre geben. Im Fokus der Untersuchung stand die Trockenheit von Böden in den Monaten Juni, Juli und August dieses Jahres. Betrachtet wurde dabei der erste Meter unter der Erdoberfläche, der für die Wasserversorgung von Pflanzen besonders wichtig ist.
Konsum – In vielen Alltagsprodukten steckt erdölbasiertes Plastik – und nicht immer ist der Kunststoff auf den ersten Blick sichtbar – wie etwa in Tampons. Der Hygieneartikel besteht aus einem Hüllvlies aus Plastik und natürlich Baumwolle, für deren Anbau enorme Mengen Wasser verbraucht werden. Doch es geht auch nachhaltiger. Das Berliner Start-up Vyld will als erstes Unternehmen weltweit Tampons aus Algen herstellen, wie von Jacqueline Lang in der Süddeutschen Zeitung berichtet. Bei dem sogenannte Tangpon soll ein Extrakt aus der Braunalge zu Fasern verarbeitet werden. Die Algenfasern haben gleich mehrere Vorteile: Sie haben entzündungshemmende und absorbierende Eigenschaften und können das Einführen des Tampons erleichtern und das Austrocknen der Schleimhäute verhindern. Zudem wäre der algenbasierte Tampon innerhalb von sechs Wochen biologisch abbaubar. Auch der CO2-Fußabdruck wäre geringer im Vergleich zum herkömmlichen Produkt: Anders als Baumwolle wachsen Meeresalgen wesentlicher schneller, brauchen weder Wasser noch Dünger oder extra Land zum Anbau. Aktuell suchen die Gründerinnen des 2021 gegründeten Start-ups noch nach Investoren, um die Entwicklung der Algenfaser voranzutreiben.
Biodiversität – Ist das Insektensterben noch zu stoppen? Diese Frage beschäftigt Öffentlichkeit und Politik seit der Veröffentlichung der Krefelder Studie im Jahr 2017. Damals hatte ein Forschungsteam erstmals gezeigt, wie dramatisch die Zahl der Insekten in den vergangenen 30 Jahren zurückgegangen ist – nämlich um 75%. Was hat sich seitdem verändert? Dieser Frage geht Joachim Budde im Deutschlandfunk nach. Fest steht, die Ergebnisse der Langzeitstudie hatten Bevölkerung und Politik gleichermaßen aufgerüttelt – nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt. Von dieser Aufmerksamkeit profitierte schließlich auch das Volksbegehren „Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern ‚Rettet die Bienen‘“, das eine Änderung des Naturschutzgesetzes durchsetzen konnte. Ein Jahr nach der Krefelder Studie fanden die Erkenntnisse zum Insektensterben auch Eingang in den Koalitionsvertrag. 2021 nahm das „Nationale Monitoringzentrum zur Biodiversität“ in Leipzig seine Arbeit auf. Mitglieder des Entomologischen Vereins Krefeld setzen unterdessen ihre Studien zur Insektenvielfalt fort und gehen den Ursachen des Biodiversitätsverlustes nach. Ein Verdacht scheint sich zu bestätigen: In den Probenflaschen zur Insektenzählung wurden Rückstände von Pestiziden gefunden.