Schon heute die Weichen stellen für die Biotechnologie von morgen – das ist das Ziel des Strategieprozesses „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren – Biotechnologie 2020+“. 2010 hat das BMBF diese Initiative ins Leben gerufen, um gemeinsam mit den Hochschulen und den außeruniversitären Forschungsorganisationen die notwendigen Schritte auf dem Weg der Biotechnologie der Zukunft einzuleiten.
Synthetische Reaktionsräume für Enzyme einrichten
„Idealerweise enthält so ein synthetischer Reaktionsraum nur die für die Produktsynthese nötigen Komponenten“, sagt die Forscherin. „Wir wollen künstliche Membranreaktoren im Nanomaßstab herstellen, in die Enzyme verkapselt werden“, so Castiglione. Als Baumaterial für die Kapseln setzt die Münchnerin auf sogenannte Triblock-Copolymere. Sie lagern sich in wässrigen Lösungen spontan zu Strukturen zusammen, die natürlichen Biomembranen ähneln.
Bactocat: Mikroben mit Metallpartikel-Toleranz gesucht
Kleinstlebewesen mit diesen Eigenschaften spielen etwa bei der Umweltsanierung eine wichtige Rolle. Und auch in der Industrie sieht Köhler in Zukunft Bedarf für den Einsatz solch robuster Bakterien als Produktionsorganismen. „Metalle spielen im zellulären Bereich, wie auch in der konventionellen Chemie, eine wichtige Rolle als Katalysatoren“, so der Biotechniker. Um metalltolerante Mikroben zu finden, greifen die Wissenschaftler auf die sogenannte Mikrofluidsegment-Technik zurück.
ZeBiCa2: Kalkpartikel aus Kieselalgen kontrolliert formen
"Das Anwendungspotential ist groß", sagt Projektkoordinator Clemens Posten vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). "Die von der Alge produzierten Kalkblättchen oder Coccolithen lassen sich etwa als Bestandteil von biokompatiblen Hüllen zum Transport von Arzneimitteln im Körper nutzen.
Bioproduktion flexibler gestalten
„Die gezielte Umprogrammierung von Stoff-Flüssen im Stoffwechsel birgt ein beachtliches wirtschaftliches Potenzial“, so Bettenbrock. „Bisherige Prozesse sind mehr oder weniger statisch. Wir wollen die Zelle den Bedingungen möglichst gut anpassen“, erklärt die Mikrobiologin. „Dazu werden wir online, also während der Fermentation, gezielt in die Stoffwechselregulation der Produktionsorganismen eingreifen.
ECOX: Chemo- und Biokatalyse vereinen
„Die drei an dem Projekt beteiligten Forschungsgruppen stehen vor der großen Herausforderung, stabile und zugleich hochselektive Chemo- und Bio-Katalysatoren zu etablieren, die eine wirtschaftliche Herstellung der Massenchemikalien ermöglichen,“ so Projektkoordinator Dieter Bryniok vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart. In einem ersten Schritt sollen dazu in einem Membranreaktor mit Hilfe eines noch zu optimierenden Feststoffkatalysators das Methangas und Kohlendioxid zum Zwischenprodukt Formaldehyd oxidiert werden.
Mikroben unter Strom für die Stoffproduktion
„Wir wollen die Fähigkeit von Essigsäurebakterien und anderen acetogenen Mikroorganismen nutzen, organische Säuren und Alkohole ausschließlich aus Kohlenstoffdioxid aufzubauen“, sagt Dirk Weuster-Botz von der Technischen Universität München. In der Natur werden die dazu erforderlichen Elektronen von Wasserstoff bereitgestellt. Unlängst konnten Wissenschaftler aber zeigen, dass es bestimmte Essigsäurebakterien gibt, die direkt von einer Elektrode abgegebene Elektronen zu Reduktion von CO2 verwenden können.
Komparti: Enzymatische Produktionsschritte enger koppeln
Die Idee: Werden etwa Zwischenprodukte direkt von Enzym zu Enzym weitergegeben, beschleunigt dies die Reaktion und vermeidet zugleich die Bildung von Nebenprodukten, die den Prozess stören könnten. Exemplarisch untersuchen die Forscher dazu die Biosynthese der wirtschaftlich bedeutenden chemischen Grundchemikalie 1,3-Propandiol aus Glycerin. In Vorarbeiten haben sie bereits erstmals gezeigt, dass eine durch drei Enzyme katalysierte Mehrschritt-Reaktion die Wirtschaftlichkeit der 1,3-Propandiol-Produktion drastisch steigern könnte.
Enzyme für die Kohlendioxid-Verwertung
„Der Vorteil solcher enzymatischen Umwandlungen liegt generell in den moderaten Reaktionsbedingungen und einem definierten Produktspektrum“, erläutert Hartmut Grammel von der Hochschule Biberach.
OptoSys: Bioprozesse mit Licht steuern
"Wir wollen einerseits Optosensoren entwickeln, die – abhängig von einem Prozessparameter – Licht einer bestimmten Intensität oder Farbe aussenden und eine nicht-invasive, quantitative Analyse diverser prozessrelevanter Größen gestatten“, sagt Projektkoordinator Karl-Erich Jaeger von der Heinrich-Heine Universität. Zusätzlich sollen neue, lichtgesteuerte molekulare Schalter zur Regelung biologischer Prozesse etabliert werden. Auch bioverfahrenstechnisch ist das Projekt eine Herausforderung.