Bioproduktion flexibler gestalten

Bioproduktion flexibler gestalten

Biotechnologische Produktionsprozesse sind bislang oft wenig flexibel: Häufig werden Mikroben gentechnisch so optimiert, dass sie nur unter ganz bestimmten Bedingungen eine maximale Produktausbeute liefern. Mangelnde Flexibilität ist dann problematisch, wenn die Zellen unter anderen Bedingungen produzieren als wachsen, wenn giftige Produkte entstehen oder wenn das Produkt den Prozess hemmt. Im Rahmen des Tandemprojektes „Dynamische Prozessoptimierung in der Biotechnologie“ entwickeln Katja Bettenbrock vom Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer Systeme in Magdeburg und Andreas Kremling von der Technischen Universität München mit Hilfe von Computersimulationen gentechnisch veränderte Coli-Bakterien, deren Stoffwechsel sich während der Produktion umschalten lässt.

Bernsteinsäuremolekül
Der Produktionsprozess von Bernsteinsäure soll als Modell dienen, um künstliche Gen-Schalter zu testen.

 „Die gezielte Umprogrammierung von Stoff-Flüssen im Stoffwechsel birgt ein beachtliches wirtschaftliches Potenzial“, so Bettenbrock. „Bisherige Prozesse sind mehr oder weniger statisch. Wir wollen die Zelle den Bedingungen möglichst gut anpassen“, erklärt die Mikrobiologin. „Dazu werden wir online, also während der Fermentation, gezielt in die Stoffwechselregulation der Produktionsorganismen eingreifen. Wir werden dazu bestimmte Zielgene unter die Kontrolle von künstlichen Promotoren stellen, die wir von außen – zum Beispiel durch Licht – während der Fermentation an- und ausschalten können. Zusätzlich wollen wir die zelluläre Regulation gezielt umbauen.“ Für den Erfolg des über fünf Jahre geförderten Projektes entscheidend ist es laut der Mikrobiologin, „herauszufinden, wie die Regulationsstrukturen aussehen müssen und wie ihre gezielte Ansteuerung erfolgen muss“. Bisher gibt es eine solche online-Steuerung eines oder mehrerer Gene nicht. In einem ersten Schritt werden die Forscher Produktionsstämme und -prozesse untersuchen und die wichtigsten Regulationsmechanismen in einem optimierten mathematischen Modell darstellen, das in München entsteht. Es soll helfen, Zielgene zu definieren, an denen die Regulation des Stoffwechsels angreift.

Als Modellprozess hat das Forschertandem die Herstellung der Basischemikalie Bernsteinsäure im Bakterium E. coli gewählt. Zwar wird  Bernsteinsäure bereits industriell hergestellt, doch sehen Bettenbrock und Kremling noch „großen Optimierungsspielraum“. Bisher ist sind die Bedingungen, unter denen große Mengen an Succinat von E. coli produziert werden, nicht optimal für ein gutes Bakterienwachstum. „Wir wollen Zellen entwickeln, die unter guten Bedingungen rasch heranwachsen, die aber nachdem eine bestimmte Biomasse erreicht ist, auf Succinat-Produktion umgeschaltet werden können“, erklärt Bettenbrock. Später sollen die an dem Modellprozess gewonnenen Erkenntnisse auf andere biotechnologische Herstellungsverfahren übertragen werden. (tg)