Von Mikroben und Aufforstung
Der kompakte Medienrückblick: Mikroben verwandeln CO2 in Gestein +++ Aufforstung in „Wildwest-Mentalität“ +++ Hygieneprodukte aus Meeresalgen +++ Vielfalt des Camembert-Pilzes gefährdet
Umwelt – Forschende in den USA suchen seit Jahren nach innovativen Methoden, um dem Klimawandel entgegenzuwirken, insbesondere durch die Lagerung von Kohlendioxid (CO₂) unter der Erde. Ein Team der Sanford Underground Research Facility hat nun Mikroben entdeckt, die CO₂-Gas in Gestein umwandeln können, wie Julia Hanigk in der Frankfurter Rundschau schreibt. Die Herausforderung besteht darin, das Gas in den Gesteinsschichten zu halten, was hier durch spezifische geochemische Eigenschaften erreicht werden soll. Der traditionelle Prozess der CO2-Speicherung im Gestein dauert etwa sieben bis zehn Jahre. Mithilfe der Mikroben ist den Forschenden gelungen, diesen Vorgang auf zehn Tage zu reduzieren. Dafür wurden die Mikroben isoliert, die CO₂ in festes Gestein umwandeln. Den Forschenden zufolge könnte auf diese Weise mehr CO₂ in Speicherstätten eingeschlossen und damit ein wesentlicher Beitrag zur Reduzierung der Klimafolgen geleistet werden.
Forstwirtschaft – Nicht nur in Deutschland auch weltweit ist man bemüht, mit großflächigen Baumpflanzungen Klimawandel und Naturverlust entgegenzuwirken. Von Deutschland mitfinanzierte Klima-Aufforstungen könnten jedoch mehr schaden als nützen, wie ein Interview von Thomas Krumenacker mit der Tropenökologin Kate Parr in der Süddeutschen Zeitung zeigt. Eine Analyse von Projekten der AFR100-Initiative in Afrika brachte die Tücken großflächiger Baumpflanzaktionen in Afrika ans Tageslicht. Hier werden in großem Maßstab Bäume in Savannen und Graslandschaften gepflanzt, wo sie ökologisch eigentlich nicht hingehören. Dadurch werden der Forscherin zufolge der Wasserfluss beeinträchtigt und die Lebensräume vieler Arten und damit ganze Ökosysteme zerstört. Ursachen der „falschen Baumpflanzungen“ seien unter anderem ein mangelndes ökologisches Bewusstsein, finanzielle Anreize und eine „Wildwest-Mentalität“ bei der Aufforstung. Im Interview fordert die Forscherin eine sorgfältige Evaluierung und ökologisch angepasste Renaturierungen.
Biotechnologie – Algen sind aufgrund ihrer vielfältigen Inhaltsstoffe nicht nur für die Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie interessant. Sie können auch zum Färben von Textilien und als Rohstofflieferant für die Herstellung von Biopolymeren genutzt werden. Tanja Buntrock stellt im Tagesspiegel Plus das Berliner Start-up Vyld vor, das erstmals Meeresalgen für die Herstellung nachhaltiger Hygieneprodukte nutzt. Das Team um Gründerin Ines Schiller hat bereits mit dem "Tangpon", einen Tampon aus Meeresalgen entwickelt, der 2024 auf den Markt kommen soll. Im Gegensatz zu herkömmlichen Tampons oder wiederverwendbaren Produkten aus Bio-Baumwolle enthält der "Tangpon" kein Plastik. Vyld arbeitet mit Fischern an der französischen Atlantikküste zusammen, um Braunalgenblätter zu sammeln und zu verarbeiten. Das gewonnene farblose Pulver wird in Deutschland zu Algenfasern gepresst und zu Tampons verarbeitet. Erste Tests von Verbraucherinnen haben gezeigt, dass der "Tangpon" genauso gut oder besser als herkömmliche Tampons ist. Langfristig will Vyld ein „Algaeverse“ mit verschiedenen zirkulären Produkten aus Meeresalgen etablieren.
Ernährung – Die weiße, flaumige Außenhaut des Camemberts, die von einem Pilz stammt, könnte in Gefahr sein. Nach einem Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verliert der derzeit verwendete Pilzstamm, Penicillium camemberti, zunehmend seine Fähigkeit zur Reproduktion. Das ergab eine Studie des französischen Forschungszentrums CNRS. In einer Studie warnt das Team vor einem möglichen Ende des traditionellen Camemberts, da der Pilz nicht geschlechtlich vermehrt wird und daher keine neuen genetischen Eigenschaften hinzukommen. Für Camembert-Produzenten wird es damit immer schwieriger, ausreichende Mengen des Pilzstamms zu beschaffen. Biologin Tatiana Giraud sieht zwar keine kurzfristige Bedrohung für die Camembert-Industrie in den nächsten fünf bis zehn Jahren. Sie warnt jedoch vor der Gefahr einer zu großen Vereinheitlichung von Arten. Den Forschenden zufolge könnte der Camembert zwar mit anderen Pilzstämmen fermentiert werden. Dadurch würden sich aber Aussehen, Krustenbeschaffenheit oder Geschmack verändern. Die geringe Diversität der Mikroorganismen ist übrigens auch bei anderen Käsesorten ein Problem. Der Camembert sei aber besonders gefährdet, heißt es.